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Albrecht Gühring leitet seit 25 Jahren das Archiv der Schillerstadt – und so manche Führung durch den Ort.

Marbach - Nach 25 Jahren „fühlt man sich selbst fast wie ein Stück Geschichte“, sagt der Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring und lacht. Ein Vierteljahrhundert ist der gebürtige Stuttgarter, der auf einem Aussiedlerhof zwischen Stammheim und Möglingen lebt, jetzt für das Archiv der Schillerstadt zuständig – und leitet es mit viel Herzblut. „Ich habe meinen Traumberuf an einer Traumstelle“, sagt er über seinen Arbeitsplatz.

Gühring ist der erste hauptamtliche Archivar, der in der Schillerstadt eingestellt wurde. Ende der 1980er Jahre war es dem damaligen Marbacher Bürgermeister Heinz Georg Keppler ein großes Anliegen, die Stelle eines Stadtarchivars zu schaffen. Albrecht Gühring bewarb sich – damals war er 25 Jahre alt – und bekam den Zuschlag.

Den Grundstein für das, was später Beruf und Berufung werden sollte, legte Albrecht Gühring, als er 16 Jahre alt war. „Den Namen Gühring gibt es in Stammheim so häufig“, habe ein Freund damals zu ihm gesagt. Und so begann Albrecht Gühring mit der Familienforschung, wälzte Kirchenbücher auf dem Pfarramt, klapperte die Gührings in Stammheim ab und landete schließlich im Stuttgarter Stadtarchiv.

Dort bekam er es mit dem württembergischen Inventur- und Teilungswesen zu tun und las listenweise historische Vermögensaufstellungen „bis zum letzten Taschentuch“, wie er es beschreibt. „Ein super sozialer Einblick.“ Gühring fand es spannend, in diesen Primärquellen zu forschen, und fragte den Direktor des Stadtarchivs, wie er daraus wohl seinen Beruf machen könne. Der verwies ihn ans Landesarchiv. Und dort begann Albrecht Gühring dann seine Ausbildung im gehobenen Archivdienst. „Wohlwissend, dass das daheim nicht gut ankommt – als Einzelkind auf einem Bauernhof.“

Nach seiner Ausbildung arbeitete Gühring ein halbes Jahr im Militärarchiv. Dort hat er in einer Dachkammer in der Stuttgarter Gutenbergstraße „vor mich hin verzeichnet“. Das sei „nicht allzu erbaulich“ gewesen. Der leidenschaftliche Hobbymusiker dachte schon über ein Musikwissenschafts-Studium nach, als er dann die Heraldikstelle im Hauptstaatsarchiv übernehmen konnte. „Das hat meiner Neigung als Familienforscher sehr entsprochen“, berichtet er.

Anfang Januar 1990 trat Albrecht Gühring schließlich seine Stelle in Marbach an – in einem kleinen Zimmerchen im Rathaus. Später zog er mit seinem Büro ins Nachbargebäude in der Marktstraße 25. Das Magazin befand sich damals schon auf der Schillerhöhe und so pendelte der Diplom-Archivar hin und her. Auch die Verhältnisse im Magazin waren „nicht so toll“. Die Benutzer musste er wahlweise durch die Garage oder die öffentliche Herrentoilette ins Archiv führen.

2006 zog das Stadtarchiv komplett auf die Schillerhöhe – um nur kurz darauf teilweise wieder auszuziehen, da die Stadthalle saniert wurde. Die allerletzten Kartons hat Gühring erst 2014 ausgepackt. Heute beherbergt das Magazin an die 2000 laufende Meter Archivalien.

Die Arbeit geht dem 50-Jährigen jedenfalls nicht aus. Zumal er in seiner Freizeit alles andere als untätig ist. Er publiziert – unter anderem Heimatbücher über Zuffenhausen und Stammheim –, er musiziert, ist Stadt- und Reiseführer, wirkt in Vereinen mit . . . Bei all dem will er aber auch mal ein bisschen kürzer treten, denn „die Familie sollte an erster Stelle stehen“, betont Albrecht Gühring.