Ingo Klopfer hat den Abend moderiert und selbst auch einen Text vorgelesen. Foto: avanti

Die Autoren von Get-Shorties haben die Besucher in der Bücherei bestens unterhalten.

Erdmannhausen - Erstaunliche 18 Jahre bauen die Get-Shorties-Autoren nun schon ihre schnuckelige Lesebühne in allen erdenklichen Lokalitäten im Großraum Stuttgart auf. Abgenutzt hat sich das Konzept deshalb noch lange nicht. Das wurde einmal mehr am Freitagabend in der Erdmannhäuser Bücherei deutlich, wo rund 40 Besucher von der bewährten Mischung aus amüsanten Geschichten und Live-Musik begeistert waren. Dass das Modell über die Jahre keinen Schimmel angesetzt hat, hängt auch damit zusammen, dass Get-Shorties-Triebfeder Ingo Klopfer in den einzelnen Spielorten stets mit unterschiedlichen Schreibern, frischen Texten und anderen Künstlern im Gepäck aufkreuzt.

Auf besonderen Wunsch von Bücherei-Leiterin Susanne Leistner wurden in Erdmannhausen die Übergänge zwischen den Lese-Passagen von der Winzerhäuser Rockröhre Sally Grayson gestaltet. Dies entpuppte sich als eine äußerst kluge Wahl. Die zierliche Frau mit der großen, schon bei der TV-Show „Voice of Germany“ erprobten Stimme drückte mit ihren Akustik-Songs mal tüchtig aufs Gaspedal, mal schlug sie melancholische, nachdenkliche Töne an – und kam damit bei den Zuhörern bestens an. Letztlich passte dieser Mix aber auch perfekt zu den Humoresken, die die vier Autoren an diesem Abend mitgebracht hatten. Denn in den spritzigen Kurzgeschichten von Volker Schwarz, Carolin Hafen, Rainer Bauck und Ingo Klopfer geht es in einer Themenwelt aus Beziehungskisten, grotesken Begegnungen und knallharten Selbstreflexionen zwar einerseits ebenfalls immer richtig zur Sache. Zwischen den Zeilen schimmern aber andererseits auch Botschaften mit Tiefgang durch.

Ein gutes Beispiel dafür war der Text „Wie der Vater, so der Sohn“ von Klopfer. Der Autor zündet in dieser Erzählung über einen Ausflug in ein Freizeitbad ein veritables, nicht immer jugendfreies Gagfeuerwerk. Zugleich gelingt es ihm, die heutige Rundumversorgung der Kinder kritisch unter die Lupe zu nehmen. Und bisweilen erwischt sich der Ich-Erzähler auch dabei, wie er seinen Sohn mit denselben Sprüchen, die er von seinen Eltern noch kennt, in die Spur bringen möchte.

Bei Rainer Baucks „Schaum vor dem Mund“ wechseln sich ebenfalls witzige Szenen mit Momenten ab, die einem den Spiegel vorhalten. In einer Kneipe philosophiert eine Männerrunde über alte, linke Ideale aus den wilden Zeiten und was davon übrig geblieben ist. Ausgangspunkt ist dabei die Frage, die man ja durchaus mal stellen darf in solchen Kreisen: Wie verträgt sich das unvermittelte Anstimmen eines massentauglichen Whitney-Houston-Songs mit dem früheren Revoluzzergeist?

Carolin Hafen seziert in ihren Storys dagegen Beziehungsgeschichten. Dabei legt sie mit brutaler Unverblümtheit offen, welche Kleinkriege in vielen genau genommen gar nicht so trauten Zweisamkeiten ausgefochten werden. Traurig-komisch ist beispielsweise ihre Erzählung von einer Frau, die das Schnarchen des Partners nicht mehr erträgt und mit allen erdenklichen Mitteln versucht, die hausgemachte Ruhestörung in den Griff zu bekommen. Am Ende schafft sie das mit einer Gemeinheit: Sie zieht ihrem besten Stück die Decke weg, bis der Liebste sich frierend wieder einen Zipfel schnappt und sich zur Seite dreht.

Echte Schenkelklopfer sind die Stücke von Volker Schwarz. Ein Clou ist vor allem seine Erzählung von einem Mann, der sich furchtlos zwei Hunden entgegenstellt, die einer Katze an den Kragen wollen. Doch das erweist sich im Nachhinein als riesiger Fehler. Die auf einem Pferd herannahende Dame der Bellos verdreht nämlich die Sachlage und sieht in ihm den Bösewicht, zeigt ihn sogar bei der Polizei an. Zudem machen gleichzeitig Gerüchte um das Ereignis die Runde, die immer absurdere Züge annehmen. Irgendwann heißt es, der Held habe bei der Auseinandersetzung Hand und Auge verloren, obwohl er nur ein paar Kratzer abbekommen hat. Eine Story, die so schräg wie unterhaltsam ist – und damit auch typisch Get-Shorties.