Ein Unbekannter hat im Januar 2017 einen Kiosk überfallen. Foto: dpa

24-Jähriger ist nicht für Überfall auf Kiosk verantwortlich

Der Fall scheint eindeutig: In Oberstenfeld wird Mitte Januar 2017 ein Kioskbesitzer überfallen, der Täter stürmt mit 500 Euro Bargeld davon und hinterlässt einen Sachschaden von rund 200 Euro. Ein Zeuge verfolgt ihn und sieht ihn noch in einem Hauseingang verschwinden. Die Polizei ermittelt den Täter und bringt ihn vor Gericht.

Vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Marbach jedoch fiel die Anklage wegen Diebstahls auf frischer Tat schnell in sich zusammen. Auf der Anklagebank saß ein 24-jähriger Mann, der zwar den Kioskbesitzer gut kennt und bei ihm seine Zigaretten kaufte, aber keinesfalls für den Überfall verantwortlich ist. Zum entscheidenden Indiz in der Sache wurde ein Paar Turnschuhe, dessen Abdruck sich auf dem Fluchtweg im Schnee fand und das die Polizei in jenem Haus entdeckte, in dem der Täter verschwunden war. Drei junge Männer einer Großfamilie kamen in Betracht, ins Visier der Kriminalpolizei geriet gleich einer von ihnen: Drogenkonsument und vorbestraft, darüber hinaus fanden sich seine Spuren an den Schuhen. Dennoch landete nicht er auf der Anklagebank.

In der Beweisaufnahme vor Gericht stellte sich nun heraus, dass bei einer Anprobe der Schuhe durch die Ermittler die Schnürsenkel der Schuhe kaum geöffnet und die Füße selbst nur ungenau mit einem Zollstock vermessen wurden. Dabei betrug der Unterschied der Fußgröße zwischen dem Angeklagten und dem Verdächtigten, seinem Cousin, lediglich einen Zentimeter. Weil dem Cousin die Turnschuhe angeblich nicht passten, richtete sich der Verdacht auf den gelernten Zerspanungsmechaniker.

„Wer schon einmal mit einem Kind Schuhe gekauft hat, weiß genau, wie leicht es ist, zu sagen, ich komme in den Schuh nicht rein“, sagte die Vorsitzende Richterin des Schöffengerichts, Ursula Ziegler-Göller, bei der Urteilsbegründung. Eine Vermessung der Füße mit den in jedem Schuhgeschäft vorhandenen Geräten wäre in diesem Fall das einzig Richtige gewesen. Mit großer Erleichterung nahm der frischvermählte junge Mann, der inzwischen nicht mehr in Oberstenfeld wohnt, den Freispruch des Gerichts entgegen.