Der Steinbruch in der Nähe von Rielingshausen soll nach Osten hin erweitert werden. Foto: Werner Kuhnle

Das Unternehmen Klöpfer lädt Nabu-Vertreter ein, um über Rekultivierungen zu informieren. Der Nabu hält die Belastungen für Mensch und Natur bei einer Erweiterung für zu groß.

Die Differenzen um eine mögliche Erweiterung des Steinbruchs Klöpfer in Rielingshausen bleiben weiterhin unüberbrückbar, aber die Kontrahenten reden wenigstens miteinander. So lautet das Fazit einer Begegnung, die am Dienstagnachmittag auf dem Betriebsgelände stattgefunden hat. Dabei zeigten Klöpfer-Mitarbeiter den Vertretern des Marbacher Naturschutzbundes (Nabu), welche Erfolge sie bei der Rekultivierung bisheriger Flächen erzielt haben. Grundsätzliche Zweifel am geplanten Eingriff kamen jedoch auch deutlich zu Wort.

Hintergrund des Treffens sind Pläne des Winnender Unternehmens Klöpfer, die bisherige Fläche zu erweitern. „Rielingshausen ist der letzte Steinbruch vor den Toren Stuttgarts – alle anderen, wie etwa in Öffingen oder Neckarrems sind geschlossen worden“, betonte Ingo Sombrutzki, Öffentlichkeitsarbeiter der Firma, die sich beim Verband Region Stuttgart (VRS) um eine Erweiterung um rund zehn Hektar bemüht. Baustoffe für Gebäude, Glasfaserleitungen und Straßen im Großraum würden benötigt, Klöpfer handele im Interesse der Gesellschaft, betonte Sombrutzki. Dafür müsse das Unternehmen bis auf 350 Meter an die Rielingshäuser Wohnbebauung heranrücken. Die damit verbundene Belastung der Bevölkerung halte man für vertretbar.

Gegen diese Pläne leistet nicht nur eine Bürgerinitiative in dem 2800-Einwohner-Ort Widerstand, auch der Ortschaftsrat und der Marbacher Gemeinderat haben sich gegen die Erweiterung ausgesprochen. Staub, Lärm und Sprengungen machten den Bürgern schon jetzt zu schaffen. Auch drohe ein weiterer Wertverlust der Häuser – für viele ihre Hauptaltersversorgung, argumentiert die Bürgerinitiative. Zuletzt hatte Klöpfer einen Punktsieg errungen: Das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart gestand dem VRS im März zu, zu prüfen, ob 0,7  Hektar des Landschaftsschutzgebietes für die Rohstoffgewinnung verwendet werden dürfen (wir berichteten).

Im Hinblick auf das Landschaftsschutzgebiet informierte Klöpfer in einer firmeneigenen Publikation über Erfolge bei der Rekultivierung des Steinbruchs in Weiler zum Stein und für den älteren Teil des Marbacher Geländes. Es warb damit indirekt für seine Erweiterungspläne. So gibt es in Marbach eine Streuobstwiese, Eidechsen finden Unterschlupf in Steinhaufen, Fledermäuse in Nistkästen, und sogar ein Uhu hat sich im Steinbruch angesiedelt. Dabei halfen ehrenamtliche Nabu-Mitarbeiter – was den Naturschützern in Leserbriefen den Vorwurf einbrachte, sie würden sich nicht genügend für die Menschen in Rielingshausen einsetzen.

Beim Rundgang im Steinbruch rückte jedoch Klaus Ruge, Vorsitzender des Marbacher Nabu-Ortsverbandes, diesen Eindruck zurecht: „Das Schutzgut Mensch wiegt auch für den Nabu schwer – er darf nicht wirtschaftlichen Interessen geopfert werden.“ Der Bevölkerung in Rielingshausen sollte nicht noch mehr Erholungsraum weggesprengt werden, und es dürften nicht noch mehr Störungen entstehen. Klaus Ruge befürchtet zudem, dass der Schluchtwald im Eichtal aufgrund hydrologischer Schäden so nicht weiter bestehen könne. Dort seien Rotmilan, Feuersalamander und vermutlich auch der Mittelspecht ansässig – Arten, die von der Bundesrepublik besonders geschützt seien. Ruge erinnerte im Gespräch mit dieser Zeitung daran, dass die Stadt und Klöpfer vor 20 Jahren zusicherten, nach der Genehmigung für aktuell 14,2  Hektar das Betriebsgelände nicht wieder zu erweitern.

Vertreter der Rielingshäuser Bürgerinitiative waren zwar von Klöpfer nicht eingeladen worden, doch die beiden Nabu-Vorstandsmitglieder Klaus Ruge und Carola Preuß brachten das Nabu- undBI-Mitglied Stefan Pelz mit. Er erinnerte daran, dass Klöpfer zu Beginn mit der Forderung eines gesetzlich sogar möglichen Null-Meter-Abstands in den Prozess eingestiegen sei, um jetzt „scheibchenweise“ zurückzuweichen. Die Belastungen durch Staub, Erschütterungen und den Lärm würden in Rielingshausen schon jetzt als hoch empfunden. Pelz monierte, dass der geplante Abstand zum Baugebiet nicht 350 Meter betrage, auch wenn das Landschaftsschutzgebiet einbezogen werde. Die Nähe des neuen Abbaugebiets zum Schluchtwald betrage an einer Stelle nur 50 Meter. So bleibe ein Kamm in der Landschaft stehen: auf der einen Seite ein etwa 100 Meter tiefer Abbau, auf der anderen gehe es 50 oder 60 Meter hinunter zum Eichbach. Abgesehen davon, dass der Streifen dann mit Staub bedeckt werde, stelle sich die Frage nach der Hydrologie.

Diese Aspekte würden in einem Gutachten innerhalb des Verfahrens noch untersucht, versicherte Benjamin Hoffmann, Geologe und Technischer Leiter der Schotterwerke von Klöpfer. Bei den Sprengungen habe man 2019 in 92 Prozent aller Fälle unter 20 Prozent des zulässigen Grenzwerts gelegen, zu 62 Prozent unter 10 Prozent. „Viele Sprengungen sind sogar am Ortsrand kaum wahrnehmbar“, sagte Klöpfer-Sprecher Ingo Sombrutzki. In einem Video der Bürgerinitiative hatte die ehemalige Leiterin der Quellen-Grundschule, Stefanie Haupt, hingegen berichtet, dass Schüler und Lehrer die Sprengungen deutlich wahrnehmen.

Auf die Frage, ob für Klöpfer ein Kompromiss möglich sei, der darin bestehen könnte, weiter als die 350 Meter vom Ort abzurücken, antworteten Benjamin Hoffmann und Ingo Sombrutzki mit einem klaren Nein. „Der trichter- und terrassenförmige Einstieg in den Abbau braucht genügend Raum“, erklärte Sombrutzki. Man strebe auch nicht eine Maximalproduktion an, sondern orientiere sich im Abbau am jeweiligen aktuellen Bedarf. Klöpfer könne nicht noch Jahrzehnte auf dem alten Gelände abbauen. Derzeit produziert das Schotterwerk rund 600 000 Tonnen im Jahr. Die Erweiterungsfläche soll laut Klöpfer für etwa 15 Jahre genutzt werden.

Noch ist keine Entscheidung darüber gefallen, ob es zum Einstieg in ein Planungsverfahren für eine Erweiterung des Klöpfer-Steinbruchs bei Rielingshausen kommt. Doch Thomas Kiwitt, Technischer Direktor des Verband Region Stuttgart (VRS), will sich dafür stark machen. „Erst wenn alle verfügbare Daten vorliegen, erlangen wir Objektivität“, sagt der Chefplaner der Region. Die Entscheidung über den Einstieg in ein solches Verfahren obliege dem Planungsausschuss des VRS.

Zuletzt hatte dort eine Mehrheit den Weg dafür freigegeben, vom Regierungspräsidium Stuttgart prüfen zu lassen, ob das nahe Landschaftsschutzgebiet für die Rohstoffgewinnung genutzt werden kann. „Natürlich wäre der Einstieg in ein Planungsverfahren aus Sicht der Bürgerinitiative ein Schritt in Richtung Steinbrucherweiterung – wir brauchen aber eine neutrale Instanz, damit alle gesetzlich relevanten Bestände und Positionen transparent auf den Tisch kommen.“ Nur so könne man solche Konflikte in der dicht besiedelten Region lösen. Das Planungsverfahren sei noch kein Genehmigungsverfahren – es gehe erst einmal darum, ob der Vorratsraum für die Rohstoffgewinnung zulässig wäre. Dass Klöpfer zum Beispiel den Gutachter für die Hydrologie auswählt und finanziert, hält Kiwitt für angemessen. „Das sollte nicht die öffentliche Hand bezahlen – ein Architekt wird auch vom Hausbauer finanziert und hinterher wird seine Arbeit geprüft.“