Nachhaltig und richtig schick: Taschen aus Kaffeetüten. Foto: Werner Kuhnle

Statt Müll wegzuwerfen, kann man aus vielem etwas Neues machen. Das sogenannte „Upcycling“ ist ein echter Trend geworden.

Marbach-Rielingshausen - Für die meisten Leute ist es Müll. Für andere, wie den Rielingshäuser Heinz Fütterling, ist es ein wertvoller Rohstoff. Für seine Frau Lore aber ist es ein unverzichtbarer Grundstock für ihre Kreativität. Die Rede ist von Kaffeetüten. Außen Kunststoff in verschiedenen Grundfarben, matt oder glänzend und mit dem entsprechenden Namen bedruckt, innen aus silbrig glänzendem Aluminium. Insgesamt ein festes, stabiles Material und alleine deshalb schon zu schade zum Wegwerfen. Ganz zu schweigen von der Rohstoffverschwendung und den wachsenden Müllbergen.

Für Lore Fütterling steht allerdings nicht das umweltfreundliche Upcycling im Vordergrund, wenn sie aus den leeren Kaffee- oder auch Kakaotüten schicke Taschen macht. „Ich muss jeden Tag zwei Stunden nähen, sonst bin ich nicht glücklich“, schmunzelt sie. Und dabei spielt auch der Aspekt, etwas zu kreieren und am Ende ein Produkt in der Hand zu halten, eine wichtige Rolle. Dennoch ist die Wiederverwertung und sogar Aufwertung natürlich ein willkommener Nebeneffekt.

Vor etwa zehn Jahren hat sie die erste Tasche dieser Art genäht. Wie viele inzwischen dazugekommen sind, kann sie gar nicht sagen. Denn sie verkauft ihre Werke – „jedes Teil ein Unikat“, wie sie betont – auf Hobbykünstlermärkten in der ganzen Region. Und die Taschen sind gefragt. Ein paar davon sind schon als Geschenk in Großbritannien oder den USA gelandet, weiß Lore Fütterling – ein ebenso unschädlicher wie legaler „Mülltourismus“, der zudem noch Freude macht.

Die Vorteile der Taschen: Man kann sie auswaschen, und sie bleiben auch stehen, wenn man sie auf den Boden oder auf einen Tisch stellt. Und sie sind langlebig: „Die halten mehrere Jahre“, sagt die Rielingshäuserin. Zudem halten sie ein Gewicht von sechs bis acht Kilogramm aus.

Etwa zweieinhalb Stunden braucht die kreative Frau, bis aus neun bis zehn leeren Kaffeetüten eine stabile Tasche geworden ist. „Manchmal bereite ich stunden- oder tagelang Päckchen mit Tüten für jeweils eine Tasche vor, damit ich dann gleich mit dem Nähen loslegen kann“, erzählt sie. Zunächst einmal wischt sie die Tüten mit einem Papiertuch sauber aus.

Dann müssen sie sortiert werden. „Nicht alle Tüten sind gleich“, erklärt sie und zeigt auf den unteren verschweißten Teil. „Der ist manchmal schief und an einer Seite bis zu einem halben Zentimeter höher als auf der anderen.“ Das muss sie dann ausgleichen. Dasselbe trifft für den Aufdruck zu, der sich nicht immer auf derselben Höhe befindet. „Und es soll ja am Ende ein ganzes Bild geben.“ Komplizierter als gedacht ist auch der eigentliche Nähvorgang. „Die Tüten werden nicht automatisch transportiert, da muss man schieben“, verrät sie einen ihrer Kniffe. Aufpassen muss man auch beim sogenannten Aromaknopf der Tüten, da man daran nichts befestigen kann.

Jeweils drei Tüten bilden die Vorder- und Rückseite der Tasche, zwei weitere die Seitenteile und ein oder zwei den Boden, der auch noch mit Pappe verstärkt wird. Manche Taschen werden oben noch mit Schrägband versäubert, andere werden mit einem Magnetverschluss ausgestattet, und alle bekommen ein Stück Rollladengurt als Tragegriff. „Die billigen Gurte lösen sich oft auf“, erklärt Heinz Fütterling, der auch für die regelmäßige Wartung und gegebenenfalls Reparatur der 60 Jahre alten Nähmaschine zuständig ist. „Die neuen Maschinen“, ist Lore Fütterling überzeugt, „halten das nicht aus“.

Wenn alle diese Schwierigkeiten und noch ein paar kleinere überwunden sind, hat sie am Ende eine schicke Tasche in Händen, auf die auch schon einzelne Kaffeehersteller aufmerksam geworden sind. Und das Material geht ihr nicht aus: „Halb Marbach sammelt für mich“, schmunzelt Lore Fütterling. Für den Sammeleifer von Freunden und Bekannten ist die Rielingshäuserin dankbar.

Zumal die inzwischen wissen, dass sie die Kaffeebohnen auf einmal umfüllen müssen und die Tüte nicht nach und nach leeren dürfen. „Wenn man die länger benutzt, knickt man sie oben immer weiter um, und die Knicke bekommen Sie nie mehr raus“, weiß Lore Fütterling. Dankbar sein könnten aber auch die eifrigen Kaffeetütensammler. Denn die haben dann wahrscheinlich das gute Gefühl, dass dank ihnen ein paar Tüten weniger nach nur einmaliger Benutzung auf dem Müll gelandet sind.