Die SPD hält die nächtliche Beschränkung auf 30 Kilometer pro Stunde für unwirksam, weil sich vermutlich ohnehin kaum jemand daran halte. Foto: Werner Kuhnle

Die Marbacher SPD ist mit Tempo 30 nach 22 Uhr auf Hauptachsen nicht zufrieden, sie drängt auf Tempo 40.

Marbach - Wer sich in Marbach auf den Hauptverkehrsachsen bewegt, sollte immer auch wissen, was die Stunde geschlagen hat. Denn ab 22 Uhr muss man auf vielen Passagen schon bei Tempo 30 den Fuß vom Gaspedal nehmen, während hier tagsüber die Tachonadel auf 50 rutschen darf. Ein Hin und Her, das der SPD sauer aufstößt. Die Sozialdemokraten haben deshalb beantragt, durchgängig wie in Rielingshausen die Geschwindigkeit auf 40 zu begrenzen – abgesehen von den kurzen Abschnitten, auf denen ohnehin rund um die Uhr ein Limit von 30 Kilometern pro Stunde gilt. Das Thema wurde in der jüngsten Gemeinderatssitzung dann auch im Rahmen der Haushaltsberatungen diskutiert, aber letztlich ergebnislos vertagt. Deutlich wurde dennoch schon: Die Genossen und die Verwaltung fahren einen sehr unterschiedlichen Kurs in der Sache.

Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling empfahl, nichts zu übereilen, sondern die Fortschreibung des Lärmaktionsplans (LAP) abzuwarten. Spätestens Anfang übernächsten Jahres werde man das Verfahren einläuten, bis 2021 müsse ein Knopf dran sein. Über die Fortschreibung könne man versuchen, das ursprüngliche Ziel des Gemeinderats zu verwirklichen: durchgängig Tempo 30 auf wesentlichen Bereichen der Ortsdurchfahrt zu erreichen. Ein Wunsch, den das Kreishaus im ersten Durchlauf verwehrt hatte. Seiberling denkt aber, dass die Chancen nun besser stehen. Man könne die Abwägung mit einem Gerichtsurteil in der Hinterhand vornehmen, das Uhldingen-Mühlhofen am Bodensee erstritten hat. „Nach diesem Urteil ist der Landkreis an unser Ermessen gebunden“, sagte er. Die Tragweite der Entscheidung hob auch der Landesverkehrsminister hervor. „Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg weitet deutlich die Handlungsspielräume von Städten und Gemeinden für den Lärmschutz aus. Durch das Urteil wird die Lärmaktionsplanung der Gemeinden gestärkt, sodass die Zahl von etwa 250 000 Straßenlärmbetroffenen in Baden-Württemberg noch effektiver als bisher gemindert werden kann“, erklärte Winfried Hermann im Herbst.

Der Chef des Marbacher Ordnungsamts riet zudem davon ab, jetzt den Vorschlag der SPD in Angriff zu nehmen. Furchtbar viel gewonnen wäre dadurch nicht, betonte Seiberling. Der Geltungsbereich von Tempo 40 würde sich auch nicht auf alle Bereiche der Hauptrouten anwenden lassen und damit nur geringfügig größer ausfallen als der, in dem die nächtliche 30er-Regelung greift. „Und wir hätten einen wunderbaren Flickenteppich mit drei Geschwindigkeiten: 30, 40 und 50“, sagte er. „Wir können auch nur auf der Grundlage des Lärmaktionsplans Forderungen stellen. Wir brauchen eine Voraussetzung dafür“, stellte er ferner fest.

Im Rahmen des LAPs waren einst auch die aktuell geltenden Regelungen festgezurrt worden. Alternativ hätte die Stadt das von der SPD jetzt geforderte Limit von 40 umsetzen können. Der Fraktionschef der Genossen, Ernst Morlock, erinnerte daran, dass die Sozialdemokraten schon bei den Beratungen zum derzeit gültigen Lärmaktionsplan für ein generelles Maximum von 40 km/h plädiert hatten. Und davon wollte Morlock auch nicht abrücken. „Mit der durchgängigen Beschränkung auf 40 hätten wir einen deutlich geringeren Flickenteppich als im Augenblick“, betonte er. An die Vorgaben, nachts nur 30 zu fahren, hielten sich wohl ohnehin die wenigsten. „Das ist völlig wirkungslos“, sagte er. Man verbaue sich auch nichts für die Zukunft, wenn man jetzt auf 40 setze. Das schließe nicht aus, in einem zweiten Schritt im anstehenden LAP-Verfahren aus der 40er- eine 30er-Zone zu machen.

Andreas Seiberling bat dennoch darum, voll auf die Fortschreibung des LAPs zu setzen. Wichtig sei, nach dem Vorbild der Kommune am Bodensee einen detaillierten Abwägungsprozess einzuleiten. „Die Gemeinde hat dann ihr Interesse für Tempo 30 durchgesetzt. Darauf sollten wir hinarbeiten, statt für vielleicht eineinhalb Jahre eine weitere Geschwindigkeit einzuführen“, erklärte er. Der Ordnungsamtsleiter gab auch zu bedenken, dass die Zahl der E-Bikes steige und man mit diesem Radtyp bei einem Geschwindigkeitslimit von 30 sicherer im Verkehr mitschwimmen könne.

Wessen Argumente im Gremium mehr Anklang fanden, wird sich in einer der nächsten Sitzungen zeigen. Der Beschluss wurde vertagt. Hendrik Lüdke von Puls war es irgendwann zu bunt geworden. Er beantragte, diesen wichtigen Punkt ein andermal mit der gebührenden Zeit zu beraten. Es handele sich um kein haushaltsrelevantes Thema. Das sahen auch die anderen Räte so und stimmten der Verschiebung zu.