Für den Motorsport opfert Pascal Springmann nahezu seine ganze Freizeit. Foto: Werner Kuhnle

Er nimmt das Motto „über Stock und Stein“ wörtlich: Pascal Springmann vom MSC Marbach bewältigt mit seinem MotoCross-Motorrad anspruchsvolle Rennstrecken.

Marbach - Kommt Pascal Springmann auf seinen bislang größten sportlichen Erfolg zu sprechen, kann er gar nicht anders, als seine Mundwinkel weit nach hinten zu ziehen und freudig zu grinsen. Würde er keinen langärmligen Pullover tragen – man könnte vielleicht Gänsehaut hervorblitzen sehen. Eineinhalb Wochen liegt sein Triumph bei der SuperEnduro-Weltmeisterschaft im sächsischen Riesa nun zurück. Ein Triumph, der für den Enduro-Fahrer kaum zu erwarten war, der ihm vor 6500 Zuschauern in ausverkaufter Halle aber umso mehr ein „Wahnsinnsgefühl“ bereitete. 41 Fahrer aus allerhand Ländern waren in der nationalen Klasse der WM angetreten – keiner war am Ende besser als Pascal Springmann vom Motor-Sport-Club (MSC) Marbach.

Die einzelnen Momente dieses Erfolgs hat der 27-Jährige noch genau vor Augen, als er wenige Tage später auf einen Kaffee in unserer Redaktion vorbeikommt. Zum einen ist da die Ausgangslage, als er sich im freien Training noch schwertut und Veränderungen am Fahrwerk vornehmen muss. Dann ist da die Vorqualifikation, in der sich Pascal Springmann als Drittschnellster direkt für die beiden Finalläufe qualifiziert. Und schließlich ist da das Finale, in dem er bei 14 Startern zweimal Zweiter wird und sich so mit 34 Punkten in der Gesamtwertung klar von seinen stärksten Verfolgern (28 und 24) absetzt.

Wissen muss man dabei, dass die Schnellsten des ersten Finallaufs im zweiten ganz hinten starten. „Ich konnte mich aber durcharbeiten, bis ich Zweiter war und mir klar wurde, dass mir das zum Gesamtsieg reichen würde. Es galt also, diese Position zu halten“, blickt der 27-Jährige zurück. Das war allerdings nicht so einfach, weshalb er von einer „mentalen Extremsituation“ spricht. Schließlich waren auf der anspruchsvollen Strecke noch Hindernisse zu überwinden. SuperEnduro – das heißt nicht nur schnell durch Matsch zu fahren, sondern Sandgruben, Steinfelder, Baumstämme und Lkw-Reifen zu überwinden. „Und das Steinfeld war in der letzten Runde voll mit Fahrern“, beschreibt Pascal Springmann, der dies meisterte, was ihm einen weiteren besonderen Moment bereitete: „Die Siegerehrung war überwältigend und sehr emotional. Es war auch das erste Mal, dass ich vor so einem großen Publikum gewonnen habe.“ Mitten unter den Zuschauern: mehrere Unterstützer vom heimischen MSC, die mitgereist waren.

Es läuft also rund bei Pascal Springmann, der vergangenes Jahr zudem Fünfter bei den Deutschen-Enduro-Meisterschaften in der größten Klasse E3 wurde. Dem Marbacher gelang damit ein echtes Kunststück – nicht nur, weil mancher seiner Mitstreiter diesen Sport hauptberuflich ausübt. Denn bereits 2010 hatte er Platz fünf bei Deutschen Meisterschaften erreicht. Damals aber beim Trial, also einer ganz anderen Disziplin dieser Sportart. „Schon damals war mein Ziel, mal in den Enduro-Bereich zu wechseln. Das habe ich nach diesem fünften Platz getan.“

Nach dem neuerlichen fünften Platz 2018, mit dem er ein lang gehegtes Ziel erreichte, lässt Springmann nun auch die E3-Klasse sein. Er widmet sich stattdessen dem internationalen Extrem-Enduro, bei dem er in Riesa gleich einen Traumstart hinlegte. „Bei den Hindernissen auf der Strecke ist meine Trial-Erfahrung natürlich eine Riesenhilfe“, weiß er. Die Rennen finden nun auch nicht mehr nur in Deutschland, sondern vor allem im Ausland statt, beispielsweise in Rumänien, Kroatien und Österreich. Bereits an diesem Wochenende tritt er beim Alestrem-Rennen in Südfrankreich an. „Beim Extrem-Enduro geht es meist ums Ankommen. Beim Erzbergrodeo in Österreich ist das Gelände so schwer, dass man kaum laufen könnte. Von 1500 Fahrern kommen vielleicht zehn an. Da möchte ich mal einer von sein. Das wäre der Enduro-Himmel“, sagt er schmunzelnd und nimmt einen letzten Schluck aus seiner Tasse. Unmöglich erscheint das nicht: Bei seinem letzten Versuch erreichte er Checkpoint 20 von 26.

Auch beim Extrem-Enduro gibt es eine Weltmeisterschaft, die aus zeitlichen und finanziellen Gründen für Springmann aber nicht stemmbar ist. Er wird deshalb zu ausgewählten Rennen mit seinem Kleinbus fahren, das Motorrad an Bord, die Freundin auf dem Beifahrersitz. Auch jetzt nach Frankreich ist sie mitgekommen. „Bei diesem zeitlichen Aufwand wäre eine Beziehung sonst auch schwierig“, weiß Pascal Springmann, lacht und blickt auf zu seiner Freundin Sina Wienziers, die zum Gespräch mitgekommen ist – und bei der er auf Zustimmung trifft, als könne es darüber gar keine zwei Meinungen geben. Kein Wunder, denn auch sie ist vom Enduro-Virus infiziert, fährt für den MSC Marbach und hat ein eigenes Motorrad. Die gemeinsame Urlaubsplanung, wenn überhaupt machbar, richtet sich entsprechend nach dem Rennkalender. So verbringt das Paar die jetzige Woche auch in Frankreich, bevor dort am Wochenende das Rennen ansteht.

Führt man sich nun vor Augen, dass es außer in Rudersberg und Künzelsau kaum Trainingsstrecken in der Region gibt, lässt sich erahnen, wie wenig freie Wochenenden es wirklich gibt. Denn nur an diesen kann auch trainiert werden. Im Winter meistens in Schweinfurt, immerhin 180 Kilometer entfernt. Oder es geht gar an den Gardasee.

Da stellt sich natürlich die Frage, ob überhaupt Zeit für weitere Hobbys ist. Ja ist es, versichern beide – und müssen lachen. Der Grund: „Unsere Freunde meinten schon, es ist für uns erst spannend genug, wenn irgendein Haftungsverzicht unterschrieben werden muss“, sagt Sina Wienziers. Sprich: Wakeboard, Snowboard, Downhill – am Nervenkitzel darf’s nicht fehlen.

Doch woher kommt bei Pascal Springmann der Hang zur Geschwindigkeit? „Auch mein Vater ist beim MSC Marbach Enduro gefahren, es wurde mir also in die Wiege gelegt. Mit vier Jahren habe ich auf einer kleinen MotoCross-Maschine angefangen.“ Als Trial-Fahrer hatte er dann den Steinbruch in Rielingshausen quasi vor der Haustüre. Später schaffte er es in die deutsche Junioren-Nationalmannschaft, nahm als Teil des vierköpfigen deutschen Teams an den Six-Days in Argentinien teil, wurde dabei Vierter der Mannschafts-WM. „Ein Riesenerfolg“, erinnert er sich. Behilflich war ihm dabei, dass er von der Pike auf die Funktionsweise der Motorräder gelernt hat. Denn als beim Rennen durch Sand der Luftfilter verstopft war, konnte er ihn kurzfristig mit dem Finger freimachen.

Später studierte der gelernte Industriemechaniker Fahrzeugtechnik und arbeitet heute bei Porsche in Weissach. Mit Fahrzeugen hat er also täglich zu tun – und nach Feierabend geht’s in die elterliche Garage nach Marbach, um – manchmal gemeinsam mit Vater Willi – an seiner Enduro zu schrauben. „Eigentlich ist die Garage für zwei Autos vorgesehen, sie entspricht aber nur noch einer Werkstatt“, so Pascal Springmann. Nur für größere Reparaturen kommt seine Maschine in die Partnerwerkstatt. Zuhause in Rielingshausen ist er dann selten vor 21 Uhr.

Den Aufwand nimmt er aber gerne in Kauf: „Beim Fahren ist man einfach wie im Rausch, man befindet sich im Tunnel und vergisst alles drumherum. Das macht süchtig“, beschreibt der 27-Jährige seine Faszination für den Motorsport. Mit einem üblichen Motorrad über die Landstraße cruisen? Nichts für Pascal Springmann: „Ich hab’s probiert, auch mit längeren Touren. Aber das ist mir zu langweilig.“