Noch eine kurze Besprechung in der Wache, bevor es zum Einsatz rausgeht. Foto: Michael Raubold Photographie

Auch die Schillerstadt und das Bottwartal sind aus Polizeisicht keine heile Welt.

Marbach - Vier Köpfe, acht Ohren und ebenso viele Augen – das scheint man in der Wache des Polizeireviers Marbach auch zu brauchen. Ständig klingelt das Telefon, nebenbei ertönen krächzende Funksprüche aus dem Übertragungsgerät, die drei Computerbildschirme müssen im Auge behalten werden, und dann gibt es auch noch die Menschen, die direkt zur Wache kommen. Ganz zu schweigen von den Kolleginnen und Kollegen, die auch immer wieder hereinschauen, um Informationen auszutauschen. Der Dienstgruppenleiter Patrick Haas meistert das alles mit erstaunlicher Gelassenheit. „Das ist Alltag“, lächelt er. „Man muss eben eins nach dem andern abarbeiten.“

Als das Telefon wieder klingelt, ist eine Frau am Apparat, die einen seltsamen Anruf meldet. Patrick Haas tippt ihre Daten in die PC-Tastatur und rät ihr, ruhig und dennoch wachsam zu bleiben. „Ich hab’ Ihr Anliegen jetzt aufgenommen. Melden Sie sich nochmal, wenn wieder was ist.“ „Lieber einmal zuviel anrufen als einmal zuwenig“, erklärt er dann. Denn nur so kann man Betrüger entlarven.

Noch während er spricht, ertönt ein Hupen, und Haas wendet sich einem der Bildschirme zu, auf dem eben ein Einsatz vom Lagezentrum hereinkommt. Das sitzt in Ludwigsburg und meldet sich, wenn jemand die Nummer 110 wählt. Die dortigen Beamten schätzen kurz die Lage ein und leiten den Fall dann per Computer an das nächstgelegene Revier weiter. Bei dem jetzigen Einsatz geht es um Streitigkeiten in Murr. Haas nimmt Kontakt mit dem Steinheimer Posten auf. „Fahrt mal hin und klärt, was da los ist. Es ist offenbar eine Scheidungsgeschichte mit Streit um die Kinder, die gerade aus dem Kindergarten abgeholt werden“, informiert er die Kollegen vorab.

Wieder ein Anruf. Diesmal meldet jemand einen Auffahrunfall in Freiberg. „Verletzt ist niemand?“, hakt Patrick Haas nach und sagt dann: „Sie tauschen bitte schon mal die Personalien aus und die Versicherungsangaben, und bei großem Verkehrschaos fahren Sie bitte zur Seite. Die Streife kommt in etwa zehn Minuten.“ Nebenbei hat er auf der Karte am PC genau eingegrenzt, wo sich der Unfall ereignet hat. Das kann er dann der Kollegin zeigen, die inzwischen die Wache betreten hat und sich zusammen mit einem weiteren Beamten auf den Weg macht.

Freiberg gehört zu den insgesamt elf Gemeinden, für die das Polizeirevier in Marbach zuständig ist, wie der Revierleiter Peter Kolwe erklärt. Dort befindet sich auch, ebenso wie in Großbottwar und Steinheim, ein Polizeiposten, der im Tagdienst besetzt ist und durch einen Streifendienst rund um die Uhr ergänzt wird.

Auf dem Gang des Marbacher Reviers taucht mittlerweile schon zum zweiten Mal ein älterer, verwirrt wirkender Mann auf, der von besorgten Bürgern vorbeigebracht wurde, weil er in eine Hecke gestürzt war. Bei ihm zu Hause hat man telefonisch niemanden erreicht. „Ein Kollege fährt jetzt zu der Adresse und guckt, ob er in der Nachbarschaft jemanden findet“, erläutert Haas.

Nicht überall auf dem Polizeirevier geht es so lebhaft zu wie in der Wache. „Das hier ist die Notrufannahme, die Schleuse“, erklärt der junge Beamte. Gearbeitet wird im rollierenden Fünf-Schicht-Betrieb rund um die Uhr und an allen Wochentagen. In den Büros des Bezirksdienstes, der von Thomas Landesvatter geleitet wird, steht die Ermittlungsarbeit im Vordergrund, auch Anzeigen werden dort aufgenommen oder Vernehmungen durchgeführt. Aus der offenen Tür von Tobias Schreijäg dringt ein merkwürdiger, bittersüßer Geruch – Marihuana. „Bei mir riecht’s immer interessant“, grinst er – kein Wunder, er ist Rauschgift-Sachbearbeiter. Auf seinem Tisch landet unter anderem das, was der Streifendienst bei Personenkontrollen gefunden hat, wenn die Menge nicht so groß ist, dass es ein Fall für die Kripo ist. Denn auch Marbach und Umgebung, macht der Jugendsachbearbeiter Andreas Lachnitt deutlich, ist keine heile Welt. „Rauschgift, Ladendiebstähle, Missbrauch – hier haben wir alles“, erklärt er. Viel Arbeit gebe es für die Jugendsachbearbeiter vor allem an Halloween, am 1. Mai oder bei Abschlussfeiern. Doch auch, wenn jemand aus dem Bezirk auf dem Cannstatter Wasen über die Stränge schlage, lande das im Marbacher Revier: „Da gilt das Wohnortprinzip.“