Philipp Maier-Schwarzkopf Foto: privat

Das Thema Erben ist so eine Sache. Notar Philipp Maier-Schwarzkopf spricht über die Tücken.

Die Testamentseröffnung hat oft schon für lange Gesichter gesorgt. Notar Philipp Maier-Schwarzkopf erklärt im Interview die Fallstricke des Erbrechts, und wie man es besser machen kann.

MZ: Übers Vererben will sich niemand so recht Gedanken machen. Aus Ihrer Sicht ist das aber sicher notwendig?
Philipp Maier-Schwarzkopf, Notar: Man kann bei der Erbfolgeregelung sehr viel falsch machen. Aber man kommt nicht drum herum, dass man sterben muss. Spätestens wenn’s ums Vererben geht, ist das etwas, das jeden eines Tages zwingend trifft. Viele Leute machen sich stundenlang Gedanken über ihren Handyvertrag, aber wenn es darum geht, ihr Lebenswerk, das was sie in 80 Jahren aufgebaut haben, weiter zu vererben, dann schreiben sie das manchmal auf einen Schmierzettel. Das kann wirklich fatale Auswirkungen haben.

Wir haben die Situation, dass der Erblasser verstorben ist. Fatale Auswirkungen können dann welche sein?
Ein häufiges Problem sind tatsächlich maschinengeschriebene Testamente, das heißt, mit der Schreibmaschine oder dem Computer geschrieben. Solche Testamente sind schlicht und ergreifend formnichtig, also komplett unwirksam. Das ist für die Leute eine unangenehme Überraschung, wenn sie das mitbekommen. Ein Testament ohne Notar muss vom Erblasser handschriftlich geschrieben und unterschrieben sein. Wenn man verheiratet ist, kann der Ehepartner das Testament schreiben und der zweite unterschreibt es dann.

Wir kommen später noch einmal auf das Testament zurück. Man sollte aber vielleicht schon vorher daran denken, das Erbe aufzuteilen. Zum Beispiel wenn Ehegatten gemeinsames Eigentum haben. Was hat das für Folgen, wenn ein Ehepartner verstirbt, und das Erbe nicht genau geregelt ist? Muss dann der überlebende Ehepartner aus dem gemeinsamen Haus ausziehen?
Wenn kein Testament besteht, und das ist leider häufiger der Fall, dann ist der Ehepartner nicht automatisch Alleinerbe. Es gilt die gesetzliche Erbfolge, das sind der Ehepartner und die Kinder. Wenn keine Kinder vorhanden sind, erben die Eltern des Verstorbenen mit, ersatzweise die Geschwister, Nichten und Neffen. Das hat oft schon für lange Gesichter gesorgt. Wenn die Kinder miterben, gehört ihnen zum Beispiel auch ein Teil der Immobilie. Das hat Probleme zur Folge, wenn man verkaufen will, vor allem wenn die Kinder minderjährig sind. Gut ist, wenn die Ehegatten ein so genanntes Berliner Testament machen, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und der Überlebende dann die Kinder als Erben einsetzt. Den Kindern steht aber trotzdem ein Pflichtteil zu, sie haben dann aber nicht einen Teil des Hauses oder des Sofas geerbt. Das ist ein reiner Geldanspruch. Die Kinder können verlangen, dass sie eine bestimmte Summe ausbezahlt bekommen, und zwar in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteilanspruchs.

Mitunter gibt es bei der Testamentseröffnung auch Überraschungen . . .
Ich selber hatte den Fall zum Glück noch nicht, aber es ist schon vorgekommen, dass im Testament jemand steht, mit dem man überhaupt nicht gerechnet hatte oder dass plötzlich noch ein nichteheliches Kind auftaucht.

Wie oft werden Testamente angefochten?
Nicht so häufig. Da geht es meistens um die Geschäftsfähigkeit, weil behauptet wird, dass der Erblasser im fortgeschrittenen Alter nicht mehr in der Lage war, das zu überblicken. Oder dass er von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist.

Es ist gut, wenn es ein Testament gibt, aber das ist nicht unbedingt die beste Möglichkeit, seinen Nachlass zu regeln?
Es gibt verschiedene Verfügungen von Todes wegen. Das ist das privatschriftliche Einzeltestament. Es gibt das schon erwähnte Ehegattentestament, das von beiden unterschrieben ist. Es gibt das notarielle Einzeltestament und dann noch den notariellen Erbvertrag. Den können auch nicht verwandte oder nicht verheiratete Personen miteinander schließen. Die Beteiligten können sich gegenseitig verpflichten, an dieser Erbeinsetzung dann auch festzuhalten.

Einen Erbvertrag können auch Eltern zu Lebzeiten mit ihren Kindern aufsetzen, um Streitigkeiten unter den Kindern zu vermeiden?
Das passiert sehr selten. Man könnte aber theoretisch regeln, dass die Kinder beispielsweise eine Pflegeverpflichtung übernehmen und dafür bindend zum Erben eingesetzt werden. Ansonsten kann man sein Erbe zu Lebzeiten durch eine Schenkung oder einen Übertragungsvertrag regeln. Da übergebe ich meistens meine Immobilie an ein Kind, behalte mir aber ein Wohnrecht vor, bei einem sogenannten Nießbrauch kann ich das Haus sogar vermieten, ich kann mir monatliche Zahlungen vorbehalten, oder die Pflegeverpflichtung. Das machen Eltern oft auch dann, wenn sie den Besitz nicht mehr selbst verwalten wollen. So eine Übertragung hat erbschaftssteuerliche Vorteile. Der Steuerfreibetrag – 500 000 Euro für Ehegatten, 400 000 Euro pro Kind – regeneriert sich nach zehn Jahren.

Kann der überlebende Elternteil eine mit dem Ehepartner zusammen geschriebene Verfügung noch einmal neu regeln?
Es gibt feste und flexible Verfügungen. Die Bindung kann ein sehr großes Problem werden. Das privatschriftliche Testament ist oft unbeabsichtigt bindend. Schwierig wird es, wenn ein Kind sich verschuldet. Oder wenn der Überlebende neu heiratet. Man kann zum Beispiel offen lassen, wie viel genau die Kinder erben sollen, die so genannte Quote darf also noch verändert werden. Beim Notar wird das genau geregelt.

Unter dem Begriff Vermächtnis stellen sich die meisten etwas anderes vor als es tatsächlich ist, oder?
Das ist für viele eine Überraschung, dass Vererben und Vermachen nicht das Gleiche ist. Grundsätzlich geht in der Sekunde des Todes das Vermögen automatisch kraft Gesetzes auf den oder die Erben über. Dazu muss man nichts weiter tun, das passiert einfach. Das Vermächtnis bleibt erstmal beim Erben. Der klassische Fall ist, das Rote Kreuz bekommt 500 Euro, dies geschieht aber nicht automatisch, der Erbe muss dies veranlassen. Bei einem Grundstück gehen der Vermächtnisnehmer und der Erbe zum Notar und übertragen die Immobilie in einem Vermächtniserfüllungsvertrag. Das Gespräch führte Frank Wittmer