Jürgen Häußermann Foto: Frank Wittmer


Die Genossenschaft will ihren Kunden noch mehr bieten. Fusionen sind auch deshalb für die Zukunft ein Gedankenspiel.

Marbach -

Labag-Geschäftsführer Jürgen Häußermann hatte es kürzlich bei der Generalversammlung angedeutet: Der Schulterschluss mit anderen Bezugs- und Absatzgenossenschaften (BAGs) wird gesucht. Im Moment bemüht sich der 56-jährige Agraringenieur, der seit 28 Jahren Geschäftsführer der Marbacher Labag ist, als Sprecher von derzeit noch zehn BAGs um eine engere Zusammenarbeit. „Es geht vor allem darum, dass man miteinander spricht, wo Kooperationen sinnvoll sind, und dass man sich keine Konkurrenz macht.“ Hintergrund ist die schwierige Situation in der Landwirtschaft.

„Im Moment ist es kaum möglich, kostendeckend zu produzieren“, bedauert er. Sprudel kostet bald mehr als Milch, obwohl die Produktionskosten hier höher sind. Immer mehr Betriebe geben auf. „Der Strukturwandel zwingt uns dazu, über den Tellerrand rauszugucken“, betont der Geschäftsführe. Er gehe zwar davon aus, dass die Labag den 100. Geburtstag in einigen Jahren als eigenständige Genossenschaft feiern wird, aber als „Zukunftsmusik“ will der Geschäftsführer Fusionen nicht ausschließen. Man sei in Marbach von der Größe her eher eine der mittleren Genossenschaften. „Wir wollen nicht als einzige übrig bleiben.“

Rein kaufmännisch betrachtet wäre das Potenzial groß: „Wir haben 56 Standorte zur Getreideerfassung, das bedeutet Kosten.“ Auch bei der Verwaltung könnte man durch Zusammenlegung Effekte erzielen. Sehr am Herzen liegt Häußermann die bessere Vermarktung. „Alle BAGs zusammen erzielen 500 000 Tonnen Getreide. Wenn wir da Fachpersonal einstellen würden, das den Markt beobachtet und zum richtigen Zeitpunkt verkauft, könnten wir unsere Gewinne beträchtlich steigern.“ Ähnlich sei es bei insgesamt 28 Tankstellen. „Wenn wir bei den großen Konzernen wegen 300 oder 400 Millionen Euro Einkaufswert anfragen, werden wir ganz anders beachtet.“ Ohnehin ist Häußermann froh, dass die Labag mittlerweile mehr Umsatz mit nicht-landwirtschaftlichen Produkten wie Brennstoffen und den Märkten erzielt.

Die Investitionen der vergangenen Jahre und die gute Eigenkapitalquote lassen den Geschäftsführer gelassen in die Zukunft schauen, auch wenn derzeit die Situation für die Landwirte alles andere als rosig ist. Ein wichtiger Faktor sind die beiden Raiffeisenmärkte in Marbach und Großbottwar. Hier stehen die nächsten Monate Umstrukturierungen an. „Wir wollen unseren Kunden frische Produkte aus der Region bieten.“ Denn: Regional sei das neue Bio, hatte Vorstand Rainer Müller auf der Generalversammlung betont und bedauert, dass die Kunden der Labag bislang keine Produkte von Bauern aus der Region kaufen könnten. Äpfel, Mehl, Kartoffeln, Möhren und vieles mehr wird es voraussichtlich schon um Weihnachten in dem umgestalteten Markt in Marbach im Angebot geben. „Das ist bei insgesamt 24 Millionen Euro Umsatz für uns zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber für unsere Kunden eine gute Ergänzung des Angebots.“