Die Kopfweiden sind im Fokus der Pflegeaktion gestanden. Foto: Michael Raubold Photographie

BUND, SAV und Stadt haben zu einer Pflegeaktion in die „Stadtäcker“ eingeladen.

Marbach - Der Tag ist noch jung. Das Gras im Eichgraben ist feucht von der Nacht und einzelne Schneeflocken landen sanft auf dem Feldweg. Doch dann rollen Autos an und finden einen Parkplatz am Feldrand. Türen und Kofferraumdeckel schlagen, Gelächter und herzliches „Hallo“ klingt über die Felder. Mehr als 20 Leute sind gekommen, um am diesem Samstag an der Pflegeaktion der Stadt Marbach, des BUND und des Schwäbischen Albvereins (SAV) in den „Stadtäckern“ teilzunehmen.

„So viele sind wir wirklich selten“, freut sich Jürgen Mielebacher vom SAV über die zahlreichen Gesichter. Roland Kübler vom Stadtbauamt ist ebenfalls beeindruckt, auch von den vielen neuen Helfern, die in den Eichgraben gekommen sind: „Ich hoffe nur das Vesper reicht später.“ Die Aktionen im Gebiet zwischen der Schillerstadt und Affalterbach gibt es bereits viele Jahre. Nach der Renaturierung des Bachverlaufs im Jahr 1986 folgten dann 1997 die ersten Einsätze, damals noch mit mehr Vereinen. Seit 2009 liegen die Maßnahmen in den Händen von SAV, NABU, BUND und Stadt – und der freiwilligen Helfer. Der Zweck ist aber immer gleich geblieben, weiß Roland Kübler: „Die Vielfalt der Flora soll aufrechterhalten werden.“

Und dazu gehört es eben etwa auch, Bäume zurückzuschneiden, die Hecken und Kräutern das Licht nehmen, oder Brombeer-Gestrüpp ordentlich zu stutzen. Und so zieht der Helfertrupp sogleich mit Astscheren, Sägen und einer Warnung von Kübler los: „Bitte achtet darauf, der Bach führt Wasser!“ Das erntet Gelächter, denn nasse Füße kennen die Helfer aus dem Sulzbachtal gut. Denn auch in Rielingshausen finden regelmäßig Aktionen statt. „Ich war etwa schon bis zum Schienbein im Sumpf versunken“, erinnert sich da Renate Mielebacher lebhaft zurück. Zimperlich darf man als Helfer auch nicht sein. Kaum einer kehrt später sauber und ohne Kratzer von Wildrosen und kleinen Ästchen zu seinem Auto zurück. „Wir sind bei jedem Wetter draußen, egal ob Schnee oder Regen.“

Eine Erfahrung, die der zwölfjährige Lasse auch schon gemacht hat. Er ist der Jüngste im „harten Kern“ der Helferschar und seit er neun Jahre alt ist mit von der Partie – freiwillig. „Mir macht das einfach Spaß. So komme ich mal weg vom Lernen und dem Stress für die Schule“, sagt er ehe er ins Gebüsch zu einer Kopfweide stapft.

Die markanten Bäume stehen heute im Fokus der Arbeiten. „Wir schneiden die Triebe zurück, da die Bäume sonst zu groß werden und brechen könnten“, erklärt Kübler. Auf diese Weise kommt es aber auch zu der speziellen „Igelkopf“-Form, die die Weide so unverwechselbar macht. Die gestutzten Äste werden wiederum sofort von anderen Helfern an den Wegrand getragen. Dort lädt sie der Bauhof später für die Hackschnitzelanlage auf der Marbacher Schillerhöhe auf.

„So profitieren dann noch die Marbacher Schüler von unserer Arbeit“, meint Renate Mielenbacher, bündelt einige Äste und marschiert über die Wiese weiter. Doch auch der Tierwelt nutzt der Erhalt der Kopfweide mit ihren Höhlen und Löchern im Stamm, wie Joachim Lösing vom BUND weiß. „Hier könnte etwa eine Fledermaus nisten“, meint er und zeigt auf ein kaum sichtbares Loch. Allerdings mache er sich auch etwas Sorgen um die Weiden am Bach: „Durch den Spätfrost im vergangenen Jahr haben einige Exemplare nur wenige Triebe ausgebildet.“ Auch die schattigen Plätze haben den Weiden mitunter geschadet: „Sie sind sehr lichtbedürftig.“

Daher sollen bei der Pflegeaktion auch ein paar Bäume fallen, um wieder mehr Licht zu den Hecken, Kräutern und Co. in Bodennähe durchzulassen. Und da heult auch schon die Motorsäge auf. „Achtung!“, ruft Jürgen Mielebacher, ehe er einen Baum absägt. Die wartenden Helfer zerlegen diesen in Stücke. Und auch als ein weiteres Exemplar statt auf die Wiese in die Hecken fällt, sind sofort zahlreiche Hände parat, um die Pflanze herauszuziehen.

Doch nicht jeder ist so kooperativ. Prompt verhakt sich die Motorsäge gleich mehrere Male in einem Stamm. Aber mit vereinten Kräften ist auch das zu schaffen. Nach diesem Akt ertönt plötzlich lautstark vom Feldweg aus eine Autohupe. „Das ist das Signal, dass es jetzt Vesper gibt“, verrät Renate Mielebacher. Und so setzt sich die ganze Schar in Bewegung und wärmt sich an Glühwein, Tee und Kaffee auf und stärkt sich mit Leberkäse für die restlichen Arbeitsstunden. „Meistens sind wir schon bis zum Nachmittag unterwegs“, so Roland Kübler. Nach so vielen Stunden harter Arbeit haben sich die Helfer redlich einen ruhigen Rest-Samstag verdient.