Foto: Phillip Weingand

Einblicke in die Arbeit mit Flüchtlingen haben ein Dokumentarfilm und lokale Akteure bei einem Podiumsgespräch im FSG gegeben.

Marbach - E

s gibt einiges zu schmunzeln und zu lachen beim Film „Land in Sicht“. Das Werk leitete am Sonntagabend ein von der Stadt organisiertes Podiumsgespräch im Musiksaal des Friedrich Schiller-Gymnasiums ein. Mit den drei Protagonisten haben die Filmemacherinnen Judith Keil und Antje Kruska einen Glücksgriff getan. Brian aus Kamerun, Farid aus Teheran und Abdul aus dem Jemen sind ziemlich sympathische Typen, dabei grundverschieden was Charakter und Biografie betrifft. Alle drei hat es auf der Suche nach einem sicheren Lebensort in das brandenburgische Städtchen Bad Belzig verschlagen.

Es gibt viel ungestellte Situationskomik, viel Menschliches-Allzumenschliches bei ihren eigenen und den Anstrengungen anderer, beim friedlichen Aufeinanderprallen verschiedener Kulturen und Lebensträume. Als eines der größten Probleme im Status des Asylbewerbers stellt sich der Ausschluss von der Arbeitswelt, die nur schwer zu durchbrechende Verdammnis zur Untätigkeit, heraus.

Das bestätigten die anschließenden Gespräche. Er wollte kein Geld geschenkt bekommen, sondern dafür arbeiten, erklärte Titus Effombi. Vor drei Jahren kam er aus Kamerun nach Deutschland (wir berichteten). Sein Wunsch, Deutsch zu lernen, gab das Landratsamt Ludwigsburg an den hiesigen Arbeitskreis Asyl weiter. Dessen Mitglied Rolf Benneweg nahm sich des jungen Mannes an. „Die Ämter können sich nicht intensiv um Einzelne kümmern“, sagt Benneweg. Er half beim Ausfüllen von Formularen. Die seien schon für Deutsche kaum verständlich und für Asylbewerber „nicht zu schaffen“. Benneweg konnte Titus Effombi eine inzwischen unbefristete Arbeitsstelle vermitteln. Ein großer Traum sei damit in Erfüllung gegangen, freut sich der Vater einer kleinen, in Kamerun lebenden Tochter. Zudem konnte er jetzt die Sammelunterkunft mit einer Mietwohnung tauschen.

„Man muss mit den Menschen etwas tun, jede Aktion ist gut“, weiß aus langjähriger Erfahrung Werner Hertler. Die Unsicherheit über ihren Status und das untätige Warten mache die Flüchtlinge mürbe. Der ehemalige Diakon lobte die Aktion an der Schule, wo regelmäßig mit Flüchtlingen gekocht wird. Die Spenden für die Zwischenverpflegung des Abends kommen diesem Projekt zugute.

Über Schritte im rechtlichen Prozedere berichteten Petra Steuer, Sozialarbeiterin beim Landratsamt, und Silvia Maier-Lidle von der Ökumenischen Fachstelle Asyl der Diakonie Ludwigsburg. Baden-Württemberg hat 13 Prozent derjenigen aufzunehmen, die in Deutschland Asyl suchen. Davon wiederum entfallen auf den Landkreis Ludwigsburg 5,2 Prozent. Derzeit kommen von den Erstaufnahmestellen Karlsruhe und Meßstetten rund 290 Personen monatlich. Die Zuweisung an die Kommunen richtet sich nach der Einwohnerzahl.

Im Moment leben in Marbach 50  Flüchtlinge. Bürgermeister Jan Trost geht von weiteren 38 in diesem und 57 im nächsten Jahr aus. Die Stadt plane einen Neubau. Trost machte aber ausdrücklich darauf aufmerksam, dass auch private Mietwohnungen möglich und erwünscht seien. Er erwähnte eine Untersuchung von Puls-Stadtrat Hendrik Lüdke, wonach es im Stadtgebiet derzeit 300 leer stehende Wohnungen gibt. Für die Flüchtlingskinder gebe es genügend Kapazitäten in den Kindergärten.

Der Initiator und Moderator des Abends, der Grünen-Stadtrat Sebastian Engelmann, lobte das ehrenamtliche Engagement in Marbach und ermutigte, weiterzumachen. Im Januar schlossen sich der Arbeitskreis und die Asylfreunde zum neuen Asylkreis Marbach zusammen. Dessen Mitglied Brigitte Jäger sprach vom „bürgerschaftlichen“ Engagement, das „aus der Mitte der Gesellschaft“ kommen solle.