Selbst bei drückenden Temperaturen halten sich auf der Schillerhöhe dienstags viele kostenlos fit bei „Marbach moves“. Foto: Michael Raubold Photographie

Zum wöchentlichen Übungs-Angebot „Marbach moves“ strömen oft über 100 Leute.

Marbach - 723 Kilometer haben Werner und Gerda Plischkaner heute schon unter die Räder genommen, als sie auf der Schillerhöhe eintreffen. Ihr Auto haben sie gerade in acht Stunden aus Ganzlin in Mecklenburg-Vorpommern bis an den Neckar gejagt. Im Radio ist heute vom heißesten Tag des Jahres die Rede, das Thermometer bewegt sich zuverlässig oberhalb der 30-Grad-Marke in der Sonne. Die Plischkaners haben sich auf den weiten Weg gemacht, um ihre Tochter Annelie zu besuchen, die in Marbach lebt. „Die müssen mobil werden“, sagt die Tochter, während Mutter Gerda meint: „Mal gucken, ob wir das durchhalten.“

Mittlerweile ist Trainerin Christine König eingetroffen, entrollt die Fahne, auf der das Motto „Marbach moves“ prangt. Seit Anfang Juni und noch bis Mitte Oktober bringt sie alle Fitnessbegeisterten immer dienstags ab 18 Uhr zu Füßen des steinernen Schillers kostenlos auf Trab. Die Aktion des Marbacher Stadtmarketingvereins ist seit dem ersten Termin überaus gut besucht. Bis zu 100 Leute begrüße sie regelmäßig zum Trainieren, erzählt Christine König. Wegen der seit Tagen übers Land fegenden Hitzewelle sind es heute nur halb so viele. Auch die gerade begonnenen Sommerferien spielen natürlich eine Rolle.

„Es ist eine schöne, offene Truppe“, lobt Andrea Veyhle, eine Journalistin , die jede Woche aus Steinheim herüber geradelt kommt, um sich hier fitzuhalten. Sie beschreibt die Atmosphäre so: „Wer nicht mehr kann, wird nicht blöd angeschaut.“ Angesichts tropischer Temperaturen heute zum Wellarium abzubiegen, wäre für sie nicht infrage gekommen. Ideal sei die Schillerhöhe dank der schattenspendenden Bäume für die Trainingseinheiten. Markus Veyhle, der mit ihr gekommen ist, sagt dagegen: „Ich hatte schon gehofft, wir gehen ein Eis essen oder in den Biergarten“, meint das aber im Scherz – mindestens halb.

Die Trainingsstationen sind ähnlich aufgebaut wie ein Zirkeltraining mit verschiedenen, über die Wiese verteilten Übungsstationen. Allerdings kommt hier alles ohne zackige Kommandos oder einen strengen Tonfall aus. Das zieht Trainierende aller Altersgruppen und mit ganz unterschiedlicher sportlicher Kondition an. „Jetzt laufen wir alle zehn Minuten, aber nicht übertreiben“, gibt König gerade als Devise aus, fügt aber hinzu: „Sucht den Schatten!“

Das leichte Lüftchen, das auf der Schillerhöhe allen um die Nase weht, kühlt nicht wirklich ab, sondern ähnelt eher dem Luftstrom einem warmen Föns. Ein Mann im weißen Tanktop zieht sich die Schuhe aus und sagt: „Mal probieren, aber das stupfelt jetzt wahrscheinlich.“

Fortan läuft er barfuß auf dem ausgeblichenen, an vielen Stellen gelben Rasen. Danach folgt das Aufwärmprogramm, bei dem alle in Reih und Glied den Bewegungen Königs folgen, die sich auf den Stufen zur Schiller-Statue etwas erhöht über der Menge postiert hat, ihre Arme gerade windmühlenartig schwingt. Dann klatscht sie in die Hände, ruft: „So, noch genau 40 Minuten, bis die Stunde vorbei ist!“

Angelika Kienzle ist mit ihren beiden vierjährigen Enkeln Max und Paul dabei, die jede Körperhaltung der Oma nachahmen, mit ihr etwa in die Hocke gehen oder die Füße in der Luft bewegen. Eine gute Mischung an Übungen werde hier geboten, meint Kienzle, die selbst regelmäßig Pilates übt. Toll sei es, dass sich die Trainerin hier bei „Marbach moves“ sogar die Zeit nehme, Körperpositionen zu korrigieren. Max und Paul haben inzwischen rote Bäckchen bekommen, Angelika Kienzle sagt zu ihnen: „Ihr geht jetzt heim und ruht euch aus. Dann kommt die Oma nach.“ Nach Hause bringt die beiden ihr Opa Rudi Kienzle mit seinem Fahrrad.

Neben den beiden Vierjährigen als Jüngsten markieren Ursula Skupin und Edeltraut Ernst das andere Ende des Altersspektrums: Die beiden Marbacherinnen gehören den Jahrgängen 1942 und 1946 an. „Wir sind geübte Sportlerinnen, wir wissen, was wir uns zumuten können“, versichert Ernst. Yoga, Gymnastik und Tanz nennt Ursula Skupin als weitere Freizeitbeschäftigungen. Jetzt in den Sommerferien pausierten die Gruppen aber. Ganz anders als „Marbach moves“: Christine König stemmt alle 20 Wochen von Juni bis Oktober ohne Pause. „Mir liegt das am Herzen“, sagt sie mit Nachdruck. Daher wolle sie sich nicht vertreten lassen. Das gilt genauso für viele Dauerteilnehmer – Bullenhitze oder andere Widrigkeiten können sie dabei allesamt nicht schrecken.