Niko Koutroubis erzählt im Biergarten am Bootshaus von seinen Jahren im Fußballgeschäft. Foto: avanti

Niko Koutroubis ist vor 18 Jahren zufällig zu seinem ersten Trainer-Job gekommen. Danach hat er zwei Frauen-Teams in die 1. Bundesliga geführt. Nun ist er mit dem FC Marbach abgestiegen. Es ist sein erster Abstieg überhaupt.

Niko Koutroubis ist vor 18 Jahren zufällig zu seinem ersten Trainer-Job gekommen. Danach hat der heute 49-Jährige zwei Frauen-Teams in die 1. Bundesliga geführt. Nun ist er mit dem FC Marbach abgestiegen. Es ist sein erster Abstieg überhaupt.

Marbach - Niko Koutroubis sitzt bereits an einem Tisch, als ich an einem sonnigen Mittwochnachmittag in den Biergarten am Marbacher Bootshaus komme. Eine Tasse Kaffee hat er vor sich stehen. Sie ist schon fast leer. Wirklich wundern tut mich dies nicht. Der 49-Jährige ist jemand, der stets einer der ersten an einem Treffpunkt ist. Einer, der alles, was er macht, zu einhundert Prozent angeht und sich ganz auf das vor ihm Liegende konzentriert. Das wird auch in seinem Lebenslauf und bei dem, was er über seine vergangenen 20 Jahre erzählt, noch einmal deutlich. Bei bestem Sommerwetter gibt er einen Einblick in sein Leben – und in diesem hat er vor allem fußballtechnisch schon einiges erlebt.

Was viele vielleicht wissen, andere jedoch nicht: Niko Koutroubis liebt den Frauen-Fußball. Und das nicht nur als unbeteiligter Zuschauer wie etwa bei der aktuellen Frauen-Weltmeisterschaft in Frankreich. Seit nun fast schon zwei Jahrzehnten ist er fest in dieser Welt verankert. Engagements bei den Bundesligisten VfL Sindelfingen, TSV Crailsheim und SC Sand unterstreichen das. Dabei ist der gebürtige Böblinger eigentlich nur durch Zufall in diese Welt gerutscht. „Eine Freundin von mir hat Fußball beim Oberligisten TSV Ludwigsburg gespielt und der Mannschaft hat der Trainer gefehlt. Ich bin dann eingesprungen und letztlich hängen geblieben“, erzählt Niko Koutroubis schmunzelnd. Zwei Jahre lang war er schließlich in Ludwigsburg, ehe er beim damaligen Zweitligisten VfL Sindelfingen als Cheftrainer anheuerte. Gleich in seinem ersten Jahr dort stieg er mit dem Team in die 1. Bundesliga auf – wechselte dennoch. Und zwar zum TSV Crailsheim, mit dem er ebenfalls den Aufstieg ins Oberhaus feiern konnte. Doch wiederum verließ er den Verein im Anschluss an den großen Erfolg. Aus einem Grund.

„Ich bin ein sehr schwieriger Trainer. Das weiß ich. Das Umfeld muss für mich passen, und ich hatte damals mit den Vereins-Verantwortlichen etwas Disput. Daraufhin bin ich gegangen. Ich will mir eben nicht reinreden lassen, vielmehr brauche ich das Vertrauen der Leute, um mich herum, so dass ich in Ruhe meine Philosophie umsetzen kann“, erklärt Niko Koutroubis, dem es vor allem die Arbeit mit jungen Spielern angetan hat. „Ich entwickle sehr gerne etwas“, sagt er. Das hat er auch eindrücklich bei seinem zweiten Intermezzo beim VfL Sindelfingen getan. Von 2008 bis 2014 war er dort wieder Trainer. Diesmal stieg er mit den Aktiven nicht nur erneut von der 2. in die 1. Bundesliga auf, sondern schaffte es mit der U17 des Vereins sogar ins Endspiel um die Deutsche Meisterschaft und stieg mit ihr in die Bundesliga auf, in der das Team heute noch spielt. „Das war eine Sensation damals. Das gab es noch nie. Das war mit Sindelfingen, nicht mit Bayern oder Wolfsburg“, erinnert sich der Mann mit griechischen Eltern gerne an diese Zeit zurück und sofort erscheint ein Lächeln auf seinem Gesicht.

In dieser erfolgsverwöhnten Zeit arbeitete Niko Koutroubis auch mit Spielerinnen, die sich inzwischen in und außerhalb Deutschlands einen Namen gemacht haben. Mit Kim Kulig, einer der bekanntesten deutschen Spielerinnen, etwa oder mit Leonie Maier, einer aktuellen A-Nationalmannschaftsspielerin. Ann-Katrin Berger läuft heute für den englischen Meister FC Chelsea auf, Nicole Rolser steht beim FC Bayern München unter Vertrag und Maximiliane Rall gehört bei der TSG Hoffenheim zu den festen Säulen. „So etwas macht schon ein bisschen stolz.“ Warum er die Arbeit mit den Mädchen und Frauen so sehr mag? „Es ist die Leidenschaft, die die Mädels an den Tag legen. Die Mädels haben gar keine anderen Hobbys und bei ihnen steht nicht das Geld im Vordergrund. Das ist im Männerfußball anders. Das ist eine andere Welt“, sagt er. Die darstellerische Seite des Fußballgeschäfts liegt ihm so gar nicht. Niko Koutroubis will ehrlichen Sport. Er möchte sehen, wie jemand für das, was er tut, lebt. Wie er alles für seine Ziele gibt. Ein Angebot, bei dem er eventuell sogar etwas Großes hätte aufbauen können, schlug er trotzdem aus.

„Ich hatte ein Angebot, nach China zu gehen und dort die U20-Nationalmannschaft zu trainieren. Sie haben jemanden gesucht, der dort alles entwickeln kann und da ich im deutschen Frauenfußball recht bekannt bin, kamen sie auf mich“, berichtet der 49-Jährige. Aus zweierlei Gründen sagte er jedoch ab. „Zum einen, weil ich nicht so gut Englisch kann“, gibt Koutroubis unumwunden und lächelnd zu. Zum anderen wegen seiner Familie. Vor drei Jahren ist Niko Koutroubis Papa geworden. Die kleine Louisa wird dieser Tage sogar noch ein Geschwisterchen erhalten. Und was das Thema Familie angeht, zeigt sich der Mann mit den griechischen Wurzeln ganz modern. „Meine Frau hat eine gute Stelle als Marketingleiterin, weshalb ich mich um die Kinder kümmere. Es ist Zeit, dass ich einmal zurückstecke“, sagt er. In den Jahren zuvor stärkte ihm nämlich seine Frau stets den Rücken, ließ ihn seinen Weg gehen. Dieser hat übrigens – wie soll es auch anders sein – als Fußballer begonnen. „In der Jugend habe ich in Böblingen angefangen, mit 17 Jahren bin ich dann aber nach Griechenland, um mein Glück als Profi zu versuchen“, erzählt der ehemalige offensive Mittelfeldspieler. Bis in die 3. griechische Liga ging es, „ganz hat es aber nicht geklappt, weshalb ich dann wieder zurück nach Deutschland bin“.

Dort weitergespielt hat Niko Koutroubis jedoch nicht. „Wofür? Ich konnte es ja nicht nach oben schaffen“, sagt er und es wird deutlich: Der Mann, der seit nunmehr zwölf Jahren in Murr lebt, ist ehrgeizig, aber auch realistisch und zugleich kompromisslos. Halbe Sachen gibt es bei ihm nicht. Kein Wunder also, dass der Marbacher Trainer sein Amt auch nach dem Abstieg in die Kreisliga A weiter ausüben will. „Andere Jobs interessieren mich nicht. Ich habe für zwei Jahre unterschrieben. Also werde ich auch bleiben“, sagt er klipp und klar, gibt aber zugleich auch einen kleinen Einblick in sein Seelenleben nach dem Bezirksliga-Abstieg der Schillerstädter. Dass ihn dieser enorm getroffen hat, wird dabei schnell deutlich.

„Der Abstieg war ein Schock für mich. Das, was jetzt passiert ist, müssen wir wieder reparieren. Marbach war seit mehr als 40 Jahren nicht in der Kreisliga und gehört da auch nicht hin. Ich habe ein schlechtes Gewissen und fühle mich auch mitverantwortlich dafür. Ich habe die Lage am Anfang vielleicht etwas zu sehr unterschätzt und gedacht, wir kriegen das mit Fitness und Taktik hin“, wird er selbstkritisch. Dabei ist es gerade seine gelassene und entspannte Art, die Niko Koutroubis bislang so weit gebracht hat. Anstatt wie andere beispielsweise unruhig zu werden, wenn ein Job endet, scheint er keinerlei Bedenken zu haben, dass schon alles gut läuft. Eine Ausbildung hat der 49-Jährige nie gemacht. Seine Jobs hatten bislang stets etwas mit Fußball zu tun. „Danach bin ich eben einfach verrückt“, sagt er und fügt an: „Ich lasse einfach alles auf mich zukommen. Als Trainer kannst du eh nicht planen. Bislang ging es auch immer weiter – und das sehr gut. Mein bester Freund war zum Beispiel zehn Jahre lang griechischer Co-Trainer. Er will mich immer wieder irgendwo dazu holen, doch jetzt hat meine Familie Vorrang“, sagt er. Und damit auch der FC Marbach – also ein Verein in direkter Nähe zu seinem Zuhause in Murr. Da er in der Saison 2007/2008 schon einmal bei den Schillerstädtern an der Seitenlinie stand, war der Kontakt in den vergangenen Jahren stets da. Nun war ein erneutes Engagement passend. Dieses hatte sich Niko Koutroubis jedoch etwas anders vorgestellt, wie er ganz ehrlich sagt. Sein Blick geht in die leere Tasse.

„Als ich im Februar 2018 den Vertrag unterschrieben habe, war da eine Mannschaft, mit der ich mir sicher war, dass wir in die Landesliga oder sogar die Verbandsliga aufsteigen können. Leider sah der Kader dann ganz anders aus zu Saisonbeginn. Für das Team, das da war, war ich ehrlich gesagt der falsche Trainer.“ Nichtsdestotrotz gab er alles, wollte mit dem Team etwas erreichen. Der Erfolg blieb jedoch aus. Nun muss ein Neuaufbau her. Dass dieser im direkten Wiederaufstieg mündet, daran will der 49-Jährige alles setzen. Vom Bootshaus aus macht er sich deshalb auf ins Training. Da dieses erst zwei Stunden später startet, ist er der erste vor Ort. Doch es passt zu ihm.