In Gruppen von bis zu 14 Schüler nehmen sich die Teilnehmer ein Thema vor.Die Jugendlichen gehen motiviert an die Arbeit. Foto: Werner Kuhnle

Rund 130 Schüler haben beim Stadtjugendforum Wünsche an und Ideen für die Stadt ausgearbeitet. Am Ende des Tages präsentierten sie ihre Ergebnisse vor Gemeinderäten.

Marbach - Wie kann die Stadt Marbach die Fußgängerzone für Jugendliche attraktiver gestalten? Wie könnte ein „Pick-up-trash-day“ aussehen, an dem jeder einen Tag lang Müll sammelt? Das und 18 weitere jugendrelevante Themen haben rund 130 Klassensprecher beim zweiten Stadtjugendforum am Donnerstag in der Stadthalle diskutiert. Die Stadt Marbach hatte dazu, wie bereits bei der Premiere im Jahr 2017, mehr als 250 Klassensprecher ab der Stufe 5 aller vier weiterführenden Schulen eingeladen. Die Koordination lag bei Georg Stenkamp und Claudia Freude vom Jugendhaus planet-x.

Die Kinder und Jugendlichen des Friedrich-Schiller-Gymnasiums, der Anne-Frank-Realschule und der Tobias-Mayer-Gemeinschaftsschule vertraten an dem Tag mehr als 3300 Schüler. Von der Uhlandschule nahmen in diesem Jahr keine Schüler teil, da die Leitung der Uhlandschule sich das Modell noch einmal näher anschauen wolle, wie Georg Stenkamp, der Leiter des Marbacher Jugendhauses, erklärt.

Bürgermeister Jan Trost, der Schirmherr der Veranstaltung, betont zu Beginn die Bedeutung des Stadtjugendforums: „Für uns ist das Forum so wichtig, weil wir erfahren, wie wir die Stadt für euch Schüler liebenswerter machen können.“

Heiko Bäßler, Fachreferent für die Jugendstiftung Baden-Württemberg, und Marie-Theres Kimmich, Studentin an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, führen durch den Tag. Fast alle Schüler sind am Morgen noch auf kein Thema festgelegt, wie die Moderatoren bei einer Blitzumfrage feststellen. Nur zehn Mädchen und Jungen sind wegen einer bestimmten Fragestellung gekommen. Zur Orientierung geht es deshalb nach der Begrüßung erst einmal in das „Worldcafé“: In Workshops und an Thementischen können die Teilnehmer über verschiedene Themen diskutieren, die ihnen wichtig sind – unter anderem Campus & Schulen, Umwelt, Sicherheit, E-Scooter, Einkaufen, Sport und Gesundheit. Der Stadtschülerrat hatte diese in den vergangenen Wochen von den einzelnen Schulen zusammengetragen.

An vielen Tischen beginnen bereits kurz nach dem Startschuss heiße Diskussionen. So erörtern die Teenager am Stand „Freizeit“ die Möglichkeiten eines Kinos. Chiara ist sich sicher: „Marbach braucht ein Kino. Am genialsten wäre ein Autokino. Wir haben doch so viele Felder, da wäre Platz!“ „Das wird teuer“, gibt die 18-jährige Lisa, die Betreuerin des Tisches, zu bedenken.

Nach dem Mittagessen haben die Schüler dann die Möglichkeit, an einem Themenbereich, den sie sich am Vormittag angeschaut hatten, gezielt zu arbeiten, bevor sich um 14.15 Uhr rund zehn Mitglieder des Gemeinderats, rund zehn Mitarbeiter des Rathauses und zwei Schulvertreter einfinden, um sich die Präsentationen anzuhören.

Eine Gruppe von Fünft- und Sechstklässlern hat sich mit dem Zustand der Marbacher Fußgängerzone beschäftigt. Die elfjährige Annette wünscht sich mehr Sitzgelegenheiten und Tische, um dort gemütlich ihr Mittagessen einzunehmen. „Außerdem wäre ein Unverpackt-Laden super!“, fügt sie hinzu. Der gleichaltrige Luis gibt zu bedenken, dass das Angebot barrierefrei gestaltet sein sollte. Die ebenfalls elfjährige Lilli meint: „Wir brauchen in der Innenstadt mehr Essensangebote für die Mittagspause!“ An diesem Punkt hakt der Leiter des Stadtbauamts, Dieter Wanner, nach: „Wieso geht ihr denn überhaupt in die Innenstadt? Es gibt doch die Mensa!“ Das Essen dort schmeckt der Gruppe nicht. Eine andere Gruppe hat sich mit dem Thema „Gewaltfrei in 672“ beschäftigt. Nicht einig sind sie sich, ob nun mehr oder weniger Polizei der Schlüssel zu einem besseren Zusammenleben ist. Für Ute Rößner, die für die SPD im Gemeinderat sitzt, ist hingegen klar: „Sicherheit gibt es nur mit der Polizei.“ Der Rielingshäuser Ortsvorsteher Jens Knittel will von den Jugendlichen wissen: „Wie kann eurer Meinung nach die Gewalt abnehmen?“ Ein 15-Jähriger, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, rät: „Jugendliche, die aggressiv sind, sollten Boxen gehen. Marbach braucht einen Verein dafür.“

Was auffällt: Nachhaltigkeit und Umweltschutz ist in fast allen Gruppen ein Thema. So schlagen die Schüler essbare Mitnahmeboxen für die Mensa und einen durch Solarenergie beleuchteten Radweg am Neckar vor. Während der Vorstellung der Projekte können sich die erwachsenen Gäste in die Liste der einzelnen Projekte eintragen, wenn sie die Schüler bei der Umsetzung unterstützen wollen.

Bürgermeister Jan Trost zeigt sich am Ende des Tages beeindruckt von der Bandbreite der vielen Vorschläge: „Für unsere Verwaltung sind auf jeden Fall Ideen dabei.“ Der Aufwand für das Stadtjugendforum ist laut Georg Stenkamp „gigantisch“: „Wir haben mit den Vorbereitungen bereits im Januar gestartet.“ Mehr als 40 Helfer waren am Donnerstag im Einsatz: Rathausmitarbeiter, Auszubildende der Stadt, Mitglieder des Stadtschülerrats, Jugendhausmitarbeiter und -praktikanten. Wer in die vielen zufriedenen Gesichter der Schüler blickt, ahnt allerdings: Der Aufwand hat sich gelohnt.

Das Stadtjugendforum wird von der Jugendstiftung Baden-Württemberg gefördert. Es ist neben Jugendtopf und Stadtschülerrat der dritte Baustein des Marbacher Modells der Jugendbeteiligung. Bisherige Erfolge sind freies WLAN auf dem Schulcampus, ein Graffitibusstopp und ein Trinkwasserspender am FSG.