Thomas Rabus Foto: Oliver von Schaewen

Thomas Rabus ist evangelische Pfarrer und ist neu in Marbach als Therapeut in der Lebensberatung der Diakonischen Bezirksstelle in der Schillerstraße.

Marbach - Zu Thomas Rabus sind schon viele gekommen, die Rat suchen. Der evangelische Pfarrer hat 21 Jahre lang als Klinikseelsorger im Winnender Zentrum für Psychiatrie gearbeitet. Jetzt schlägt der 63-Jährige in Marbach ein neues Kapitel auf – als Therapeut in der Lebensberatung der Diakonischen Bezirksstelle in der Schillerstraße. „Ich möchte Menschen helfen, die in ihrem Leben irgendwo verhakt sind“, sagt der Diplom-Sozialpädagoge, der es „ganz normal“ findet, „dass man in seinem Leben Krisen durchlebt und sich dann fachlich geschulte Hilfe sucht“.

Krisen können aus heiterem Himmel kommen. Der Verlust des Arbeitsplatzes, schmerzhafte Trennungen, Todesfälle oder einfach das Gefühl, in der alltäglichen Routine zu versinken und die Lebenskraft zu verlieren– immer fühlt sich der Gesprächspartner in Frage gestellt. Oft muss er sich auf neue Situationen einstellen und Entscheidungen treffen. Aber die kann Rabus den Menschen nicht abnehmen. „Wir betreiben keine Besserwisserei – ich verstehe mich eher als Hebamme, der dem anderen hilft, zu erkennen, was in ihm leben möchte.“ Im Unterschied zu einem guten Freund kann sich der psychologisch geschulte Therapeut besser abgrenzen. „In Paarberatungen laufen Freunde immer Gefahr, Partei zu ergreifen – dann wird es verheerend“, sagt Rabus, der sowohl für Paare als auch für Einzelne da ist.

Oft sind es Frauen, die bei der Diakonischen Bezirksstelle Rat suchen, weiß Erich Hörler. Der Leiter der Stelle denkt, dass viele Männer „einem eher mechanistischen Weltbild“ anhängen. Diese Männer scheuten eine psychologische Beratung, weil sie glaubten, einen Schalter umlegen zu können. Wenn das nicht funktioniere, werde der nächste Schalter ausprobiert. „Dabei übersehen sie, dass das Leben sehr viel mehr Möglichkeiten bietet.“

Statt auf fertige Lösungen setzen Hörler und Rabus auf die heilende Kraft des Gespräches. „Wichtig ist mir, dass die Gefühle in Bewegung kommen – dass auch Traurigkeit gespürt werden kann“, erklärt Rabus. Als Fallbeispiel nennt er eine Frau, die alleine Kinder und Eltern versorgen muss. „Die Frau geht dabei schier drauf und hat dennoch ein schlechtes Gewissen, ihre Eltern in ein Pflegeheim zu geben.“ Einer solchen Person helfe es, wenn ihre widersprüchlichen Stimmen miteinander ins Gespräch kommen. Wut und Zuneigung bekämen so ihren Platz. Wichtig sei auch, den Blick nicht nur auf Probleme zu lenken, sondern auch darauf, welche Fähigkeiten ein Hilfesuchender habe.

Einen steigenden Gesprächsbedarf bei der Diakonischen Bezirksstelle beobachtet Erich Hörler. Vier bis zwölf Wochen müsse man warten, bis man einen Termin bekomme. Die Erstberatung sei kostenfrei, danach erhebe man ein Honorar, das zwei Prozent des Netto-Einkommens, geteilt durch die Zahl der Familienangehörigen, ergebe. „Aber an den Finanzen darf eine Beratung nicht scheitern“, sagt er, mit Blick auf Empfänger des Arbeitslosengeldes II.