Auf den Straßen sind bislang nur wenige Busse unterwegs, die von einer Batterie angetrieben werden. Die Ladeinfrastruktur muss für E-Fahrzeuge erst einmal vorhanden sein. Foto: RNV/NN/Fotolia

Verschiedene Kommunen bringen vereinzelt bereits E-Busse auf die Straßen. Im Bottwartal ist die Zeit dafür noch nicht reif, die Strecke zwischen Marbach und Beilstein ist momentan noch zu lang.

Marbach - In Waiblingen erleben Pendler im Hinblick auf den ÖPNV gerade so etwas wie eine Zeitenwende. In der Großen Kreisstadt werden Passagiere seit Anfang Januar auf den beiden City-Linien von E-Bussen chauffiert. Dabei handelt es sich um ein Pionierprojekt für die ganze Region Stuttgart. Kommunen wie Ludwigsburg werden diesem Beispiel bald folgen und ebenfalls nach und nach elektrische Modelle auf die Straße bringen. Und Marbach? Dort muss man sich in Geduld üben. Das für die Schillerstadt entscheidende Linienbündel 6 sei erst unlängst vergeben worden, sagt der Bürgermeister Jan Trost. „Und da war hier für die E-Antriebe noch nicht der richtige Zeitpunkt“, konstatiert er. „Bei der nächsten Ausschreibung wird das aber sicher wieder ein Thema“, vermutet er.

Dafür werden mutmaßlich alleine schon die Fraktionen im Gemeinderat sorgen. Bei der jüngsten Diskussion zu dieser Sache im Mai war nämlich die vorherrschende Meinung im Ausschuss für Umwelt und Technik, dann auf E-Technik umzusteigen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Doch das ist aktuell eben nicht der Fall, betont Jan Trost. Die Strecke zwischen Marbach und Beilstein sei schlicht zu lang, um dort Busse verkehren zu lassen, die von der Kraft einer Batterie leben.

Das ist auch für Jochen Biesinger der Casus knacksus. „Auf einer lang laufenden Linie kommt man mit einer Batterieladung nicht rum. Die Reichweite liegt bei diesen Modellen bei circa 150 Kilometern pro Tag“, erklärt der Marbacher Stadtrat, der beim VVS als Verkehrsplaner arbeitet und somit tief in der Materie drinsteckt. Wollte also ein Betreiber die Strecke bedienen, bräuchte er zwischendurch die Möglichkeit, Strom nachzutanken. Doch die dafür benötigte Ladeinfrastruktur sei nicht vorhanden, stellt Jochen Biesinger fest. Darüber hinaus sei es im Grunde unabdingbar, den Betriebshof in der Nähe der Strecke anzusiedeln, um die Fahrzeuge dort vollladen zu können. „Es geht darum, lange An- und Abfahrtswege zum Einsatzort zu vermeiden, weil dafür auch schon Energie verbrannt wird. Das reduziert wiederum die Reichweite“, erläutert der ÖPNV-Fachmann.

Insofern müsse man darauf hoffen, dass in der Forschung Fortschritte erzielt werden und die E-Busse in einigen Jahren größere Distanzen als momentan bewältigen können. Genug Zeit bis dahin ist auf alle Fälle. Die nächste Vergabe für das Linienbündel Marbach erfolge am 21. Dezember 2027, weiß Biesinger. Die Kriterien dafür müssten 27 Monate zuvor festgezurrt werden, sodass man Mitte 2025 zu entscheiden habe, ob eine elektrische Busflotte gewünscht werde oder nicht.

Wobei Jochen Biesinger auch Zweifel umtreiben, ob die E-Technologie der alleinige Heilsbringer sein wird und kann. „Damit tue ich mich schwer. Ich glaube, wir müssen hier breiter denken“, betont er. Der Mann vom VVS hält zum Beispiel einiges von Diesel-Bussen, die die E6-Abgasnorm erfüllen. „Das in Verbindung mit der Hybrid-Technik ist eine saubere Sache“, betont er. „Wasserstoff ist auch ein großes Thema, allerdings erst in den nächsten Jahren“, ergänzt Horst Windeisen, Geschäftsführer von Omnibus Verkehr Ruoff (OVR), das die E-Busse in Waiblingen an den Start gebracht hat. Die Frage sei, wann die großen Hersteller entsprechende Modelle auf dieser Basis auf den Markt bringen. Die Daimler-Tochter Evobus spreche davon, dass solche Typen nicht vor 2022 ausgeliefert würden.

Wobei auch die E-Busse in gewisser Weise noch ein Experimentierfeld darstellen. „Das ist ein Versuch. Wir stehen vor einem Wandel bei den Antriebstechnologien. Und wir haben gesagt: Wenn es finanziell darstellbar ist, dann wollen wir uns dem Thema annehmen und Erfahrungen damit sammeln. Wir haben aktuell noch die eine oder andere Kinderkrankheit. Aber die Schwierigkeiten werden wir in den Griff bekommen“, erklärt Horst Windeisen. Bei den E-Bussen in Waiblingen habe man seit der Jungfernfahrt zum einen Probleme bei der Software beobachtet. „Das steuern wir nach“, erläutert der OVR-Chef. Zum anderen habe die Ladetechnologie noch ihre Tücken. „Beispielsweise ist nach einer Ladung von 66 Prozent die Ladung mehrmals abgebrochen – warum auch immer“, sagt der Geschäftsführer. Doch im Grunde sei kein Bustyp sofort bei seiner ersten Tour völlig ausgereift.

Ob elektrische Fahrzeuge auch auf dem Marbacher Linienbündel eingesetzt werden könnten, darüber mag sich Windeisen kein Urteil erlauben. Er könne nicht über Strecken urteilen, die andere Unternehmen bedienen und wolle diesen auch keine Empfehlungen geben. „Ich selbst würde mir das auch verbieten wollen“, stellt Windeisen fest. Für die City-Linien in Waiblingen sei es aber gewünscht und angeregt worden, emissionsfreie Modelle auf die Reise zu schicken – damit unter anderem in der Fußgängerzone oder beim Marktgeschehen keiner mehr von den Abgasen gestört wird.