Die Raupen des Buchsbaumzünslers leisten ganze Arbeit. Viele Hecken sind schon zerstört. Foto: dpa

Das Unternehmen rät den Kunden, nicht selbst Pflanzenschutzmittel herzustellen, da dies verboten sei.

Marbach - Der Buchsbaumzünsler hat bereits vielen Hecken den Garaus gemacht. Hilfsbereit hatte sich deshalb der Marbacher Gerhard Bauer an diese Zeitung gewandt, um sein eigenes Mittel vorzustellen: eine Mischung aus Algenkalk, Kalisalz und Molkepulver. Alle drei Zutaten gelten für sich gesehen nicht als chemische Keule. Bauer erzielte mit seiner Mischung gute Ergebnisse und fand deshalb Nachahmer. Sie wollten die Bestandteile bei der Landwirtschaftlichen Absatzgenossenschaft (Labag) in Marbach kaufen – doch bekamen sie die Stoffe dort nicht, weil das Unternehmen nur gesetzlich zugelassene Pflanzenschutzmittel verkauft.

Die Labag gehe damit auf Nummer sicher, erklärt Jürgen Häußermann, Geschäftsführer der Genossenschaft. „Wir haben keine Ahnung, ob diese Mischung auch für andere Insekten gefährlich ist oder nicht“, sagt er. Die Labag habe bisher zwei Mittel verkauft, die garantiert ungefährlich für Bienen seien. „Wir müssen da sehr vorsichtig sein“, gibt Häußermann zu bedenken, so stoppe ein biologisches Mittel den Fraß der Raupen, die dann im Laufe der Zeit abfallen würden.

Dass alle drei von Bauer verwendeten Mittel für sich gesehen zugelassen seien und deshalb „keine große chemische Keule“ darstellten, habe er durchaus erkannt, sagt Häußermann, aber es gelte eben ein Mischungsverbot. Mit Gerhard Bauer habe er ein Treffen vereinbart, um über das Mittel zu reden. „Es ist ja auch nicht so einfach für die Kunden, das richtige Mischungsverhältnis zu finden – Algenkalk etwa muss in die Spritze eingeführt werden und löst sich nur schwer auf.“ Sollte ein Unternehmen seine Methode gewerblich nutzen, müsste es erst ein langwieriges und sehr teures Zulassungsverfahren durchlaufen. „Das geht in die Millionen.“

Verboten sei es aber auch, nur die Bestandteile der Bauer’schen Mischung für den Pflanzenschutz zu benutzen, berichtet Markus Klohr, Pressesprecher des Landratsamtes Ludwigsburg. „Algenkalk ist nur als Düngemittel erlaubt – man darf es nicht auf Pflanzen auftragen.“ Die Abteilung Pflanzenschutz des Landratsamtes empfehle den Bazillus turgeniensis, den es in zugelassenen Produkten im Handel gebe. „Kalisalz löst den Chitinpanzer von Insekten auf, die dann vertrocknen, und darf deshalb nur privat in kleinen Mengen, nicht aber gewerblich verwendet werden“, so Klohr. Und Molke sei als Pflanzenschutzmittel nur gegen Mehltau zugelassen, „und das auch nur bei Gurkengewächsen“.

Überrascht zeigt sich Gerhard Bauer von diesen gesetzlichen Vorgaben zu den Einzelstoffen. „Ich habe davon nichts gewusst“, sagt er, betont aber, dass er seine Tipps nicht an gewerbliche Gärtner oder Landwirte weitergeben wollte, sondern sich nur an Privathaushalte und Kleingärtner gerichtet habe. „Jeder kann ja privat machen, was er will“, sagt er und beteuert, dass er seine Idee quasi nur „als Hausmittel“ habe weitergeben wollen. Selbst Geld damit zu verdienen, sei nicht seine Absicht gewesen.

Weil Bauer mit seiner verbotenen Mischung durch den Zeitungsbericht viele Menschen erreicht habe, müsse er auf die Rechtsvorschriften hinweisen, betont indes Friedrich Merz, Referent für Pflanzenschutz am Regierungspräsidium Stuttgart. Eine EU-Verordnung verbiete die eigene Herstellung von Pflanzenschutzmitteln. „Jeder darf aber eine Gruppe von geeigneten Grundstoffen anwenden.“ Zwar richte sich die Verordnung auch an Privatleute, sei aber vor allem gegen das großflächige Ausbringen etwa auf Feldern oder in Gärtnereien gerichtet. Großflächig – das beginnt für Friedrich Merz jedoch schon beim Garagenvorplatz, auf dem viele Hausbesitzer hochprozentige Essigsäurelösungen verspritzen, um Unkraut zu bekämpfen. „Meistens gibt es keinen Richter, weil es keinen Kläger gibt“, so Merz. Bußgelder, die zwischen 100 und 50 000 Euro liegen können, seien bisher kaum verhängt worden.

Und der Buchsbaumzünsler? Die Zeit hat inzwischen für den Schädling aus China gearbeitet. Weil ihm nur schwer beizukommen ist, hat der Grünplaner der Stadt Marbach, Roland Kübler, immer mehr Buchsbäume durch andere Büsche ersetzt. Zuletzt seien auf dem Friedhof Röhrengräber angelegt und an ihnen neue Büsche gepflanzt worden. Nur auf der Schillerhöhe und auf dem Burgplatz gebe es die Büsche noch. „Wir wenden nirgendwo Pestizide an, nur auf der Schillerhöhe müssen wir wegen des Buchsbaumzünslers konsequent vorgehen“, sagt der Grünplaner. Und auch auf dem Burgplatz, auf dem ein drei bis vier Meter hoher Buchsbaum unter Denkmalschutz steht, komme die Stadt ohne Pflanzenschutzmittel nicht aus. „Wir wissen ja nicht, was der Zünsler sonst noch alles an Pflanzen frisst, wenn er noch Hunger hat.“