Der Kindergarten im Gässle wird erweitert. Foto: Werner Kuhnle

Die Stadt Marbach kann nicht so schnell wie nötig auf den hohen Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen reagieren. Ihre geplanten Erweiterungen kommen zu spät.

Marbach - Dass die Situation in Sachen Betreuungsplätze in Marbach angespannt ist, war klar. Dass sie sich aber nochmals erheblich zugespitzt hat, wurde erst am Donnerstag im Verwaltungsausschuss so richtig deutlich, in dem der Bedarfsplan der Kindertageseinrichtungen präsentiert wurde. Dabei wies der Erste Beigeordnete Gerhard Heim darauf hin, dass der Anbau im Rielingshäuser Kindergarten im Gässle ebenso später fertig wird als geplant wie das neue Kinderhaus in der Kernerstraße in der Kernstadt. Deshalb müssen hier wie da provisorische Lösungen her, bis die zusätzlichen, regulären Plätze zur Verfügung stehen. Für Marbach wird diskutiert, entweder auf eine kurzzeitige Überbelegung der bestehenden Einrichtungen zu setzen oder die Eltern dazu zu bewegen, ihre Mädchen und Jungs nicht zum Stichtag in die Einrichtungen zu bringen. Für Rielingshausen soll ein Container angeschafft werden. Als Standort ist die Backnanger Straße oberhalb der Parkplätze bei der Gemeindehalle angedacht.

Vom Tisch ist damit zugleich der Ansatz, die Kinder im Stadtteil vorübergehend in der Grundschule zu betreuen. Wenn es nur um die Verzögerung bei der Gässle-Erweiterung gehen würde, „hätte ich die Lösung in der Grundschule favorisiert“, sagte der Erste Beigeordnete Gerhard Heim im Vorfeld der Sitzung. Allerdings stehe gleich im Anschluss die Sanierung des evangelischen Kindergartens auf dem Programm. Und dafür hatte die Stadt ohnehin eine Lösung mit Fertigmodulen angestrebt, weil sich die Generalüberholung sowieso nicht im laufenden Betrieb abwickeln lässt und die Kids deshalb anderweitig untergebracht werden müssen. Beim Standort für den nun ad hoc benötigten Container präferierte die Kommune eigentlich den Keltergrund, wo ein neues Wohngebiet entstehen soll. „Er sollte aber besser oberhalb vom Parkplatz der Gemeindehalle aufgestellt werden“, betonte Gerhard Heim in der Sitzung. Man habe sich hier Grundstücke gesichert, Versorgungs- und Entsorgungsleitungen seien vorhanden. Zudem könnten die Kinder dann auch die Gemeindehalle in Beschlag nehmen und sich auf dem Abenteuerspielplatz austoben. Vielleicht könnten die Module, die während der Sanierungsphase des evangelischen Kindergartens benötigt werden, aber schon im Keltergrund platziert werden, weil man auf dem Areal dann mit der Erschließung bereits weiter sei.

Aktuell steht aber der Anbau an den Kindergarten im Gässle auf der Tagesordnung, der die Betreuungs-Situation im Ort entspannen soll. Geplant war, dass der Erweiterungstrakt Ende 2019 oder Anfang 2020 in Betrieb genommen werden kann. „Aber die Maßnahme verzögert sich. Das hängt mit der Überlastung der Planer und der ausführenden Handwerker zusammen“, sagte Gerhard Heim. Die zusätzlichen 25 Plätze für über Dreijährige werden frühestens Mitte 2020 bereitstehen. Das wäre vielleicht nicht weiter schlimm, wenn nicht schon Ende Oktober 2019 sämtliche Kapazitäten im Bestand ausgeschöpft wären. „Hier ist die Situation noch prekärer als im Stadtgebiet“, sagte Heim. Mindestens neun Monate müssten in Rielingshausen mit Fertigmodulen überbrückt werden.

In Marbach sind es hingegen rund zwei Monate, in denen improvisiert werden muss. Gegen März oder April 2020 wird es keine freien Plätze mehr geben, im Juni soll die Schlüsselübergabe für das neue Kinderhaus mit je zwei Gruppen für unter und über Dreijährige erfolgen. Heim empfiehlt, die Phase bis dahin durch eine Überbelegung der anderen Einrichtungen zu überstehen, wie er auf Nachfrage sagte. Das sei rechtlich erlaubt und bei einem Überhang von ein bis zwei Kindern pro Haus kurzzeitig zu verkraften. Eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen in der Angelegenheit wird aber erst der Gesamtgemeinderat in seiner nächsten Sitzung treffen.

Im Verwaltungsausschuss zeichnete sich noch kein klares Stimmungsbild ab, wo die Reise in Marbach hingehen soll. Jürgen Schmiedel von der SPD plädierte dafür, mit den Eltern das Gespräch zu suchen, damit sie ihre Zöglinge etwas später den Erzieherinnen anvertrauen. „Das wäre am besten, sonst hätten wir schon Schwierigkeiten“, meinte Schmiedel. Wobei er nicht genau einschätzen könne, was übervolle Gruppen in pädagogischer Hinsicht für die tägliche Arbeit bedeuten. Ein Provisorium, wie in Rielingshausen geplant, scheide wegen der kurzen Zeit für Marbach im Grunde aus.

Heike Breitenbücher von der CDU sprach sich hingegen für eine Überbelegung für wenige Monate aus. „Alles andere wäre wahrscheinlich weder wirtschaftlich noch sinnvoll“, meinte sie. Hendrik Lüdke von Puls bezeichnete es indes als „schlechtesten Weg, die Gruppengröße zu erhöhen“. Da die Zahlen aber erst kurzfristig per Tischvorlage kamen, sei es schwer, nun eine sachgerechte Bewertung abzugeben.

Dass in Rielingshausen auf Fertigmodule gesetzt werden soll, war indes unstrittig. Dr. Michael Herzog von den Freien Wählern wollte nur wissen, wie schnell ein solcher Container platziert werden könnte. „Das Ding muss im Oktober stehen“, sagte der Bürgermeister Jan Trost. Wenn der Gemeinderat im Juni einen entsprechenden Beschluss fasse, sei dieser Zeitplan realistisch, bestätigte Gerhard Heim, der zuvor ausgeführt hatte, dass der gravierende Engpass sich momentan nur auf die Kindergärten beziehe. Stand jetzt müssten die Angebote für die unter Dreijährigen reichen. Sollte sich die Situation ändern, müsse man aber auch hier reagieren. Außerdem muss sich die Verwaltung Gedanken machen, wie sie die zunehmende Nachfrage nach Ganztagesplätzen künftig befriedigen möchte.