Kandidat Hartwig Maier (rechts) gratuliert dem Wahlsieger Jan Trost. Foto: W. Kuhnle

Jan Trost hat mit 61,16 Prozent der Stimmen die Wahl zum Bürgermeister von Marbach am Sonntag im ersten Durchgang gewonnen. Mitbewerber Hartwig Maier kam auf 31,32 Prozent. Die niedrige Beteiligung hat viele Wahlbeobachter enttäuscht.

Marbach - Um 18.35 Uhr greift sich Bürgermeister Herbert Pötzsch das Mikrofon: „Der Trend ist ganz eindeutig. Eigentlich gehört es sich ja nicht, vor der Endauszählung schon zu gratulieren. Ich hab’s trotzdem schon gemacht“, sagt der amtierende Rathauschef lachend. Zu diesem Zeitpunkt sind elf von 16 Wahlbezirken ausgezählt, und es steht fest, dass Jan Trost das Rennen gemacht hat und neuer Bürgermeister der Schillerstadt wird. Und das deutlich: 61,16 Prozent der abgegebenen Stimmen sind auf den Fachbereichsleiter der Stadt Sachsenheim entfallen. Der Jurist Hartwig Maier folgt mit 31,32 Prozent, die selbstständige Architektin Claudia Canz erhält 5,96 Prozent. Die übrigen drei Bewerber landen jeweils deutlich unter einem Prozent.

Abgestimmt haben in den 14 Wahllokalen und zwei Briefwahlbezirken lediglich 47,73 Prozent der Wahlberechtigten. Dies hat sich schon im Verlauf des Tages abgezeichnet. Um 12 Uhr lag die Wahlbeteiligung bei 15,41 Prozent, bis um 16 Uhr war sie auf 37,70 Prozent gestiegen.

17.30 Uhr: Vor dem Rathaus ist ein großer Auflauf. Allerdings hängt der nicht mit der Bürgermeisterwahl zusammen, sondern die Winter-Stadtführung endet an dieser Stelle, die Teilnehmer wärmen sich bei einer Tasse Glühwein auf. Im Gebäude ist es noch recht leer, im Sitzungssaal im dritten Stock sogar zappenduster, die dekorierten Stehtische lassen sich im Dunkeln nur erahnen. Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling und ein paar Bürger stehen im Eingangsbereich des Rathauses, Ulrich Raisch ist auch schon da – als erster der Kandidaten.

17.43 Uhr: Ein paar späte Wähler finden sich noch ein. Zwei geraten in Hektik, weil sie in anderen Lokalen wählen müssen und laufen schnell los. Herbert Pötzsch und seine Frau kommen, kurz darauf Dr. Michael Herzog (FW) als erster Stadtrat. Nach und nach trudeln weitere Mitglieder des Gremiums ein, langsam bewegt sich der Tross nach oben in den Bürgersaal. Den betritt um 18.07 Uhr Jan Trost mit seiner Frau, sechs Minuten später kommt Hartwig Maier mit Frau und Baby.

18.23 Uhr: Die ersten Ergebnisse werden an die Wand geworfen. Im Seniorenstift Schillerhöhe hat Jan Trost rund 56 Prozent geholt, Hartwig Maier 36,2 Prozent. Ein Raunen geht durch den Saal, als der Kindergarten Rielingshausen als nächstes erscheint: 70,7 Prozent Trost, 24,6 Maier. Nach fünf von 16 Wahlbezirken entspricht das Ergebnis von 63,2 zu 30,8 Prozent schon fast dem Endresultat.

Als das feststeht, strahlt Trost: „Ich bin überwältigt, dass es geklappt hat“, sagt er und bedankt sich „bei allen, die mich unterstützt haben, vor allem auch bei meiner Frau“. Die letzten Wochen hätten sich gelohnt, nun werde er sich „voll reinhängen und alles für die Zukunft der Stadt tun“. Auch wenn er mit dieser Deutlichkeit nicht gerechnet habe. „Ich hatte die Hoffnung nie aufgegeben, dass ich es im ersten Wahlgang schaffe“, sagt der neue Rathauschef, der sein Amt am 1. April antreten wird.

Hartwig Maier ist sichtlich enttäuscht. „Sehr schade“ finde er das Ergebnis, sagt er. Und – nach den vielen positiven Rückmeldungen der vergangenen Tage – auch ein Stück weit überraschend. Er sei angetreten, um zu gewinnen und habe dafür viel Zeit und Kraft eingesetzt. Marbach wünsche er alles Gute für die Zukunft. „Mein Wahlkampf ist zu spät in Schwung gekommen“, sagt er selbstkritisch, er hätte ihn professioneller organisieren können. Eine erneute Kandidatur will er nicht ausschließen. „Aber sicher nicht in kürzester Zeit, ich habe keine andere Gemeinde im Blick.“ Claudia Canz lächelt trotz des für sie unglücklichen Ausgangs. Natürlich sei sie nicht zufrieden und habe mehr erwartet. Sie tue sich aber schwer damit zu sagen, woran es gelegen habe könnte. „Vermutlich war die Bürgerschaft zu konservativ“, nennt sie als mögliche Begründung. Entscheidend sei wohl die Verwaltungserfahrung von Trost gewesen. Sehr schön fand sie, dass ein fairer Wahlkampf geführt worden sei. Ihre Hoffnung: „Vielleicht nimmt Trost ein paar ,meiner Punkte auf.“ Ulrich Raisch nennt das Resultat „erwartungsgemäß“. Er sei nicht enttäuscht und werde sich wieder bewerben. Sein nächstes Ziel sei Schwieberdingen.

Herbert Pötzsch räumt ein, mit einem Ergebnis „in der Deutlichkeit nicht gerechnet“ zu haben. Allerdings sei der Ausgang „nicht einschätzbar“ gewesen. Die geringe Wahlbeteiligung nennt er enttäuschend. „Ich verstehe das nicht.“ Dass die Wahl der Bürger auf Trost fiel, will Pötzsch „nicht bewerten“, vermutet aber, dass die große Verwaltungserfahrung „offensichtlich den Ausschlag gegeben“ habe. Aber auch für Maier findet Pötzsch anerkennende Worte: „Er hat einen sehr engagierten Wahlkampf geführt und in den letzten zwei Wochen enorm zugelegt.“