Am Steinbruchtunnel hat sich den Einsatzkräften am 1. März ein schreckliches Bild geboten. Foto: Archiv (KS-Images.de)

Arbeitgeber lassen Feuerwehrleute ohne Probleme zu Einsätzen eilen.

Marbach - Die Meldungen überschlagen sich: In den vergangenen Tagen und Wochen hat es viele schwere Unfälle gegeben, Brände, Verletzte und sogar Tote. Und immer sind die Feuerwehrleute der verschiedenen Kommunen vor Ort und machen ihre Arbeit – manchmal nachts, manchmal viele Stunden lang. Das geht an die Substanz.

„In den letzten Tagen ist es uns tatsächlich nicht langweilig geworden“, sagt der Marbacher Kommandant Alexander Schroth. Alleine am Montag vergangener Woche war die Feuerwehr aus der Schillerstadt bei fünf Einsätzen. Alle fünf Alarmmeldungen sind zu Zeiten eingegangen, zu denen die Kameraden normalerweise an ihren Arbeitsplätzen sind. Und doch berichtet Kommandant Schroth, dass die Arbeitgeber in der Regel viel Verständnis haben und ihre Feuerwehrleute auch während der Dienstzeiten zu den Einsätzen eilen lassen. So sieht es das Feuerwehrgesetz auch vor. Und nicht nur das: Wer einen mehrstündigen Einsatz hatte, sollte auch eine Ruhepause bekommen, bevor er seiner üblichen Arbeit nachgeht. „Es gibt verschiedene Regelungen, wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer das handhaben“, erklärt Alexander Schroth. Für Fehlstunden muss der Chef üblicherweise keinen Lohn bezahlen – die Wehrleute bekommen dafür von den Gemeinden einen Lohnausgleich.

Intern ist es die Aufgabe des Kommandanten, für seine Mannschaft zu sorgen. „Bei langen Einsätzen arbeiten wir auch mit Ablösungen für die Kameraden“, erklärt Alexander Schroth. Und wenn die Helfer mehr als vier Stunden im Einsatz sind, bekommen sie eine Verpflegung, damit sie bei Kräften bleiben. Allerdings ist neben der körperlichen Anstrengung auch die psychische Belastung nicht zu unterschätzen, beispielsweise, wenn die Feuerwehr zu einem schweren Verkehrsunfall gerufen wird. So wie beispielsweise zu dem Zusammenstoß mehrerer Fahrzeuge am Steinbruchtunnel am 1. März, bei dem eine Frau getötet wurde. „Wir achten darauf, dass junge, unerfahrene Kollegen bei solchen Einsätzen nicht an vorderster Front sind“, sagt Schroth. Denn derart schwere Einsätze können für die Feuerwehrleute „lebensprägend sein“, so der Kommandant weiter. Manchmal treten Probleme schon zwei Tage nach einem dramatischen Einsatz auf, manchmal auch erst fünf Jahre später, „wenn das Maß voll ist“. Damit es gar nicht so weit kommt, kann sich ein Kommandant an das Einsatznachsorgeteam des Landkreises wenden und um psychologische Betreuung für den Kameraden bitten. In seinen sechs Jahren als Kommandant hat Schroth dieses Angebot aber noch nie in Anspruch nehmen müssen.

In einsatzstarken Zeiten wie den vergangenen Wochen muss die Feuerwehr auch für den Fall gewappnet sein, dass zwei Notrufe gleichzeitig eingehen. In so einer Situation gilt: Menschenrettung vor allem. Wenn Menschenleben in Gefahr sind, muss ein weniger gefährlicher Einsatz warten. Im Zweifelsfall wird von der Leitstelle gleich die Feuerwehr einer oder mehrerer Nachbargemeinden alarmiert.

Auch die Feuerwehr Oberstenfeld hat seit Beginn des Jahres so viele Einsätze bewältigen müssen wie selten. „17 Mal sind wir schon ausgerückt“, sagt Kommandant Jürgen Beck auf Nachfrage. Aber seine 75 Floriansjünger kommen immer noch gerne zum Einsatz, berichtet er. Ähnlich wie die Oberstenfelder Feuerwehr haben die Kollegen aus Beilstein nicht so oft mit schweren Verkehrsunfällen zu tun, die sich häufig tagsüber und auf der Autobahn ereignen. „Wir haben das Glück, dass unsere Einsätze zu zwei Dritteln außerhalb der normalen Arbeitszeit stattfinden, weil wir keine Gewerbe und keine Industrie haben“, sagt Kommandant Bernd Kircher.

Sehr verständnisvolle Arbeitgeber haben die Feuerwehrleute in Murr, sagt Kommandant Marcus Leibbrandt. Ihm selbst ist es auch sehr wichtig, dass seine Leute bei Kräften und bei Laune bleiben – auch bei langen und schwierigen Einsätzen. „Manchmal hilft schon eine heiße Tasse Kaffee“, sagt er. Eine psychologische Betreuung hat auch er noch nie zu Hilfe rufen müssen. Vor einigen Jahren allerdings, als bei einem Brand eine Frau erstickt war, hatte er das Gespräch mit den betroffenen Feuerwehrleuten gesucht, um herauszufinden, ob sie Hilfe brauchen.

Mit einem sehr aufwändigen Einsatz hatte es die Feuerwehr Pleidelsheim jüngst zu tun, als ein Lastwagen auf der Autobahn verunglückt war. „Da waren wir von 10 Uhr bis 19.30 Uhr vor Ort“, sagt Kommandant Timo Günther. Sechs seiner Leute sind bei der Gemeinde angestellt – da gibt es demnach keine Probleme mit den fehlenden Arbeitszeiten.

Nach Ansicht des Affalterbacher Kommandanten Sascha Hänig sollten sowohl die Feuerwehrleute als auch die Arbeitgeber nur soweit wie nötig belastet werden. Er findet, dass Feuerwehren immer wieder Arbeiten erledigen, für die sie nicht zuständig sind. „Zum Beispiel bei Fahrbahnverschmutzungen.“ Da könnte und müsste die Aufgabe seiner Ansicht nach viel häufiger an den Bauhof vor Ort abgegeben werden. Natürlich nur, so stellt Hänig klar, wenn keine Gefahr für Leib, Leben oder Umwelt besteht. Und dasselbe gelte für Sturmschäden. „Der Einsatzleiter vor Ort muss darauf achten, dass nicht Kräfte gebunden werden bei Dingen, für die wir nicht zuständig sind.“ Die Feuerwehr sollte sich um das Wesentliche kümmern, sagt er entschieden. Denn dann könnte vermieden werden, dass sowohl Arbeitgeber als auch die einzelnen Feuerwehrleute unnötig belastet werden.