Ob die Fütterung der Wildvögel sinnvoll ist, wird immer wieder kontrovers diskutiert. Foto: dpa

Die Entwicklung hiesiger Vogelbestände liegt im Bundestrend.

Marbach/Bottwartal - Regelmäßig und mehrmals in der Woche streift Willi Leible durch die Natur. Er beobachtet Vögel in ihrem natürlichen Lebensraum – Streuobstwiesen, Waldränder und Waldgebiete. Erst vor Kurzem hatte der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) die Stunde der Wintervögel ausgerufen: Interessierte Bürger sollten dabei innerhalb einer Stunde Vögel zählen und beim Nabu melden. Damit soll erfasst werden, wie sich die Vögelbestände verändern und entwickeln.

Die gute Nachricht: Obwohl vielerorts von rückgängigen Beständen die Rede ist, hat Leible in diesem Winter noch keine negativen Beobachtungen gemacht: „Draußen in der Natur gibt es keine großen Änderungen“, berichtet er auf Nachfrage unserer Zeitung. Er hat sogar einen Gast beobachtet, den es nicht so oft zu sehen gibt: eine Rotdrossel. Dieser braune Vogel mit rostroten Flanken lebt in Skandinavien sowie in nordosteuropäischen und sibirischen Nadelwäldern. Er überwintert in unserer Region.

Dass sich die Vogelvielfalt in unserer Region in diesem Winter nicht negativ verändert hat, führt Willi Leible auch auf eine Besonderheit des Bottwartals zurück: „Die Streuobstwiesen sind besonders wertvoll für sehr viele Arten“, sagt der Naturschützer. Und auch der relativ hohe Waldanteil des Bottwartals im waldarmen Landkreis Ludwigsburg bietet den Vögeln wertvollen Lebensraum. Wichtig ist für die Vielfalt aber auch der siedlungsnahe Garten. „Für die Aufzucht der Kleinvögel werden Insekten gebraucht“, sagt Leible. Und wenn immer mehr Gartenbesitzer ihre Grünflächen in „Steinwüsten“ verwandeln, dann habe das auch Konsequenzen für die Vögel, die nicht mehr genügend Insekten finden.

Die meisten, die während der Stunde der Wintervögel mitzählten, haben Futterplätze im eigenen Garten beobachtet. Was die Wintervögel betrifft, sagt Willi Leible, liegt der Landkreis Ludwigsburg zu großen Teilen im Trend des ganzen Landes. Die häufigsten Vogelarten an den Futterhäuschen und Meisenknödeln sind Haus- und Feldsperlinge, Kohl- und Blaumeisen, Buch- und Grünfinke, Stare und Elstern.

Am Futterplatz in seinem privaten Garten hat Willi Leible in diesem Winter auch keine bösen Überraschungen erleben müssen – wenn auch der Buntspecht sich noch nicht hat blicken lassen. Eine Abweichung ist im Landkreis zum bundesweiten Trend allerdings zu verzeichnen: Im ganzen Land haben die Amselbestände abgenommen, wofür wahrscheinlich der Usutu-Virus verantwortlich ist. Aber während bundesweit etwa 2,6 Amseln pro Zählstelle registriert wurden, sind es im Landkreis Ludwigsburg gerade mal halb so viele. Hier hat der Amselbestand um 58 Prozent abgenommen. Warum es den Amseln in unseren Gefilden derzeit nicht so gut geht oder nicht so gut gefällt, kann Leible nicht sagen. Es könnte allerdings auch sein, dass sich die Amseln an den vielen liegengebliebenen Äpfeln der übermäßigen Ernte vom vergangenen Jahr gütlich tun und es deshalb nicht nötig haben, die Futterplätze aufzusuchen.

Die Vogelwelt, so berichtet Leible, verändert sich weiterhin wegen der milden Winter. Denn mittlerweile bleiben einige Exemplare der Zugvögel in heimischen Gefilden, die in der Vergangenheit den Winter im Süden verbracht haben. Das Verschwinden unterschiedlicher Arten, so Leible, habe in den 90er-Jahren begonnen, zum Beispiel der Halsbandschnäpper. „Davon gibt es seit etwa fünf Jahren aber wieder Exemplare in Großbottwar und Oberstenfeld.“ Komplett verschwunden seien dagegen das Rebhuhn und verschiedene Würgerarten. Auch Baumpieper habe er bei seinen vogelkundlichen Führungen früher immer zeigen können. Jetzt sind sie weg. „Vielleicht gibt es noch einen in Prevorst oben“, sagt der Naturschützer.

Ob die Fütterung der Wildvögel sinnvoll ist, wird immer wieder kontrovers diskutiert. Für Willi Leible erfüllt das Füttern mit Vogelhäuschen und Meisenknödeln aber einen sehr wichtigen Zweck: Es schafft Verbindung – zwischen Mensch und Natur. „Nur was man kennt, kann man auch schützen“, sagt er. Allerdings müsse das Futter trocken und sauber angeboten werden. Sonst würden die Vögel krank.