Die Tage der RBS am Marbacher Bahnhof scheinen gezählt. Die Busse des Unternehmens werden nur noch bis Sommer 2019 dort verkehren. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Der Landkreis muss Linien nach Vorgaben aus Brüssel ausschreiben. Die Regional Bus Stuttgart sieht sich als nicht wettbewerbsfähig an.

Marbach/Bottwartal - Täglich rollen die roten Busse der Regional Bus Stuttgart GmbH (RBS) vom Marbacher Bahnhof aus ins Hörnle, durch das Bottwartal bis nach Beilstein oder nach Wolfsölden. Doch die jahrzehntelange Ära der Bahn-Tochter neigt sich dem Ende zu. Das Unternehmen schließt die Niederlassung in Ludwigsburg zum 31.  Juli 2019, nachdem sie schon Ende 2018 die in Böblingen aufgelöst haben wird.

Die Ursache für diesen Rückzug ist eine Verordnung der Europäischen Union (EU). Sie schreibt vor, Buslinien in einem öffentlichen Vergabeverfahren anzubieten. So ist auch das Landratsamt Ludwigsburg gezwungen, bis Dezember 2019 das EU-Gesetz umzusetzen – sonst drohen Strafzahlungen. Bisher hat die Kreisbehörde die Buskonzessionen für bestimmte Strecken einfach verlängert, wenn die Qualität in den acht Jahren gestimmt hat. Die RBS bedient kreisweit bisher 65 Linien – darin inbegriffen zahlreiche Schulfahrten.

Andere Busunternehmen könnten das RBS-Linienbündel Marbach von Juni 2019 an übernehmen. „Der Landkreis will im Juni 2017 die Vorabbekanntmachung dafür veröffentlichen“, teilt Andreas Fritz, der Pressesprecher des Landratsamtes Ludwigsburg, mit. Im Sommer 2018 beginne das eigentliche Vergabeverfahren.

Die Verlierer dieser Entwicklung sind die etwa 300 Busfahrer der RBS, von denen derzeit 160 in Ludwigsburg/Backnang, 120  in Böblingen und 20 in Heilbronn und Aalen unterwegs sind. Diese Fahrer werden nicht übernommen, sollten die Linien plötzlich nicht mehr von der RBS, sondern von anderen Anbietern bedient werden. Und dazu wird es garantiert kommen, denn die RBS will für die Linienbündel keine eigenwirtschaftlichen Angebote machen. „Wir sind mit unserem Tarifvertrag nicht wettbewerbsfähig“, erklärt Günther Kisser, stellvertretender Niederlassungsleiter der RBS in Ludwigsburg. Sein Unternehmen bezahle Busfahrer aufgrund seiner Vorgeschichte als Bahn-Tochter noch zu einem „fairen“ Tarif und entlohne sie auch für Standzeiten bis zu einer Stunde. Derart lange Wartezeiten könnten im Regionalverkehr leicht passieren.

Der Knackpunkt für den RBS-Ausstieg sind die Bedingungen der neuen Ausschreibung. Die Landratsämter im Bereich des Verkehrsverbundes Stuttgart (VVS) wenden dabei den Tarif der Baden-Württembergischen Omnibusunternehmer (WBO) an. Dieser Tarif sieht vor, nur neun Minuten Standzeit zu entlohnen – das kann für einen Busfahrer laut Kisser bei einer Schicht von 14  Stunden darauf hinauslaufen, dass er nur acht Stunden bezahlt bekomme. Dazu gab es ein klares Nein der in der Eisenbahn-Verkehrs-Gewerkschaft (EVG) organisierten Busfahrer. Deren Haltung beschreibt der Gewerkschaftssekretär Günther Geißler: „Die Pausenregelung des WBO-Tarifs ist eine Katastrophe.“ Die Landratsämter hätten durchaus die Möglichkeit gehabt, den RBS-Busfahrern mit einer Personalübergabe-Klausel im Wettbewerb eine Brücke zu bauen. Geißler hofft, dass die RBS-Fahrer mit Altverträgen an Töchter der sterbenden Mutter ausgeliehen werden.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern werden die Busfahrer in Baden-Württemberg mit der WBO-Ordnung noch relativ gut entlohnt, sagt wiederum Günther Kisser. „In vielen Bundesländern gilt nur die Mindestlohngrenze.“ Für die Regional Bus Stuttgart bedeutete das Nein ihrer Busfahrer, andere Wege finden zu müssen. So bewirbt sich die RBS-Tochtergesellschaft Friedrich Müller Omnibusunternehmen (FMO) um die Buslinien im Landkreis Ludwigsburg. Diese Firma wendet den WBO-Tarif an.

Für die Städte und Gemeinden im Raum Marbach und im Bottwartal hat das neue Vergaberecht eine konkrete Auswirkung: Das Schulbustraining, das die RBS als kostenlose Zugabe bisher immer anbot, müsste wohl beim jeweiligen Unternehmen zusätzlich eingekauft oder angefordert werden. Es ist nicht Teil der Vergabeleistung, bestätigt das Landratsamt Ludwigsburg. Die Behörde verzichtete bewusst darauf, bei der Ausschreibung den Busunternehmen einen Personalübergang für die Busfahrer vorzuschreiben. Sie stützt sich auf das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG), wonach ein Auftraggeber nur einen allgemein gängigen, repräsentativen Tarifvertrag berücksichtigen müsse, erklärt der Pressesprecher Andreas Fritz. „Nach diesen Tarifverträgen werden schon heute große Teile der im ÖPNV des Landes Baden-Württemberg beschäftigten Personen entlohnt.“ Nachteile für die Kunden sieht das Landratsamt nicht. Die beauftragten Busunternehmen stünden in der Pflicht, Ersatzbusse zu stellen, sollten sich Engpässe ergeben. Bisher hatte die RBS kurzfristig mit ihrem Fuhrpark auf solche Situationen reagieren können.