Das gemeinsame Kochen ist wegen Corona derzeit nicht möglich. Aber sonst läuft es gut in den Marbacher Heimen. Foto: Archiv (avanti)

Die Stadt Marbach wird aller Voraussicht nach weder in diesem noch im nächsten Jahr eine neue Unterkunft bauen müssen.

Marbach - Wie schwer es ist, Prognosen über die Entwicklung der Flüchtlingszahlen abzugeben, zeigt sich aktuell in Marbach. Vor wenigen Monaten hatte man in der Schillerstadt noch ziemlich fest damit gerechnet, über den Bau eines zusätzlichen Asylheims nachdenken zu müssen. Inzwischen kann man derartige Überlegungen zur Seite schieben. „Wenn alle Bedingungen gleich bleiben, werden wir 2021 und 2022 durchkommen, ohne weitere Unterkünfte bereitstellen zu müssen“, fasste der Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling am Donnerstag im Verwaltungsausschuss die aktuelle Lage zusammen.

Folglich kann die Kommune auch jenen 20 Frauen, Kindern und Männer noch ein Dach über dem Kopf bieten, die ihr im laufenden Jahr zugewiesen werden. 2020 hatte man 31 Geflüchtete in der Schillerstadt aufgenommen. Aktuell leben in Marbach genau 176 Asylsuchende, berichtete Cornelia Keiper, die sich mit Jalil Daikhi um die Integration kümmert. Die meisten Flüchtlinge stammen aus Syrien, viele kommen auch aus Afghanistan.

Besonders hoch sei der Anteil der Kinder unter den Geflohenen, hob Keiper hervor. Die Mädchen und Jungs waren es auch, die unter der Corona-Krise mit am meisten zu leiden hatten und haben. So konnten die ganz Kleinen nicht in der Notbetreuung der Kindergärten angemeldet werden. „Das bedeutet, dass die Kinder in den Unterkünften blieben und der Spracherwerb völlig weggefallen ist“, sagte die Integrationsbeauftragte. Nicht einfach ist es für die Kids aus aller Herren Länder auch, sich durchs Homeschooling zu kämpfen. Das fängt manchmal schon bei der Internetverbindung an, an der es in dem Heim in Rielingshausen hakt. „Da sind wir immer noch dabei, den Zugang zu verbessern“, sagte Keiper. Zudem seien nicht alle mit Laptops ausgestattet gewesen, ergänzte Daikhi. Er habe dann geholfen und eine Art Vermittlerrolle eingenommen. Heißt: die Hausaufgaben elektronisch entgegengenommen, den Schülern weitergereicht, das Ergebnis eingescannt und schließlich zurückgeschickt. Von den Schulen sei aber inzwischen in Sachen Laptops nachgerüstet worden, fügte Keiper hinzu. Zudem gebe es eine Weisung vom Bundesamt für Arbeit, wonach jedem Schüler ein mobiles Endgerät zugesagt sei. Darüber hinaus engagierten sich auch ehrenamtliche Helfer und griffen den Kindern unter die Arme.

Positiv hob Jalil Daikhi zudem hervor, dass es keinen Corona-Ausbruch in den Sammelunterkünften gegeben habe. Lediglich ein Geflüchteter habe sich mit dem Virus infiziert, der aber privat in einer Wohnung untergekommen sei – wie 2020 immerhin insgesamt 57 Personen. Daikhi betonte zudem, dass es in den Heimen friedlich zugehe und man schon bei der Belegung darauf achte, mögliche Konfliktherde im Keim zu ersticken – indem beispielsweise Anhänger von Glaubensgruppen, die sich erfahrungsgemäß nicht so gut vertragen, nicht Tür an Tür untergebracht werden. Fälle von häuslicher Gewalt seien ebenfalls nicht bekannt, sagte Keiper auf Nachfrage von Hendrik Lüdke von Puls. Sie machte allerdings keinen Hehl daraus, dass ab und an Waschmaschinen unsachgemäß bedient werden und die Geräte dann defekt sind. Ein Umstand, auf den Rüdiger Breh von den Freien Wählern hingewiesen hatte. „Da schütteln wir auch immer wieder den Kopf“, sagte Keiper. Es werde stets erläutert, was in die Trommel darf und was dort nichts verloren hat – zum Beispiel Schuhe. Unschön ist auch, dass sich seit 2019 immer wieder Bettwanzen in den Heimen tummeln. Zunächst habe man die Tierchen für teures Geld vom Kammerjäger beseitigen lassen, sagte Keiper. Inzwischen habe man ein Gerät angeschafft, mit dem der Hausmeister den winzigen Quälgeistern den Garaus machen kann.