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Zur Vorführung des Films kommt sogar der Macher Alexander Schiebel.

- Ludwigsburg
Das war der Knaller – trotz Oktobersonne zog es rund 120 Menschen am Sonntagvormittag, 21. Oktober, in das Kino Luna, als dort der Dokumentarfilm „Das Wunder von Mals“ auf dem Spielplan stand. Und das, obwohl es darin um eine schwere Kost ging: Den Einsatz von Giften, Pestiziden und Glyphosat in der Landwirtschaft und den Gemeinden. Filmemacher Alexander Schiebel, folgte unserer Einladung und diskutierte noch eine knappe Stunde nach dem Film mit Interessierten. Schiebel wurde vor wenigen Tagen mit dem Sallus-Medienpreis 2018 ausgezeichnet.

„Ganz Südtirol wird von Monokulturen überrollt und in Pestizidwolken gehüllt! Ganz Südtirol? Nein!“, ist auf einem Plakat zu lesen. Der Film beginnt dort, wo sich die Monokultur der konventionellen Apfelbauern bereits durchgesetzt hat. Südlich von Schlanders, am Fuße der Berge des Nationalparks Stilfserjoch, thront inmitten der Apfelplantagen eine gelb gestrichene Villa mit Zinnen und Türmchen wie eine Festung. Eine Festung ist das „Kräuterschlösschen“, so der Name des Betriebes, in dem seit 1990 Biokräuter angebaut werden, wahrhaftig geworden. Gegen die Pestizidnebel der Nachbarn schützt sich die Familie mit fünf Meter hohen Hecken und 150 000 Euro teuren Folientunnel, um rückstandsfreie Ware in den Verkauf zu bringen, erläutert Inhaber Urban Gluderer. Das Verursacherprinzip scheint als Rechtsgrundlage ausgehebelt, solange das Versprühen der Pestizide nicht verboten ist.

Dass es in ihrer Gemeinde nicht so weit kommt, dafür streiten die Bürger in Mals. Im oberen Etschtal des Vinschgaus wehrt sich die circa 5000 Einwohner zählende Gemeinde gegen den Pestizideinsatz, der den Ökobauern das Wirtschaften unmöglich macht, da auch ihre Äcker, Plantagen und Wiesen kontaminiert werden. Die Malser wollen zeigen, dass nachhaltiges Wirtschaften ohne Pestizideinsatz möglich ist. Der Film „Das Wunder von Mals“ dokumentiert den Widerstand und den Kampf dafür, die Gemeinde von Pestizideinsätzen zu verschonen. In einem Bürgerentscheid sprechen sich 75 Prozent der Malser bei einer Wahlbeteiligung von 70 Prozent für eine pestizidfreie Landwirtschaft aus, doch damit ist noch nichts gewonnen – einige Mitglieder des Gemeinderates verweigern die Umsetzung und auch die Behörden in Südtirol wollen den Malser Weg nicht anerkennen und lokale Pestizidverbote unmöglich machen, indem sie den Gemeinden die Zuständigkeit entziehen. Es beginnt ein Gang durch politische und juristische Instanzen, es kommt zur Anfeindung und Bedrohung der Aktivisten bis hin zur Zerstörung einer ökologisch bewirtschafteten Apfelplantage durch Glyphosat, das auf die Bäume gesprüht wurde.

Schiebel zeigt in seinem Film, wie aus weitgehend unpolitischen Bürgern, für die es anfangs ein revolutionärer Akt ist, einen Leserbrief zu schreiben, entschlossene Streiter für das Recht auf eine pestizidfreie Gemeinde werden. Die Akteure planen mit Humor und Kreativität Aktion um Aktion, um auf sich und ihre Situation aufmerksam zu machen. Sie bekommen Unterstützung, etwa vom Münchner Umweltinstitut, Journalisten und Wissenschaftler aus der ganzen Welt kommen nach Mals. Ein Happy End gibt es dennoch nicht – oder doch?

Im anschließenden Gespräch wurde von unserem Verein nochmals darauf hingewiesen, dass auch hier im Südwesten überdurchschnittlich viel Pestizide und Glyphosat auf die Felder, Weinberge und Obstanlagen, aber auch in den Gemeinden und Städten zur „Unkrautbekämpfung“ ausgebracht werden. Nicht erst seit dem Nabu-Pestizidbericht 2018 ist dies bekannt. Es wurde dazu aufgerufen, die konventionellen Landwirte, Winzer und Obstbauern anzusprechen und gemeinsam mit ihnen nach Alternativen zu den Gifteinsätzen zu suchen. Doch das bedarf eines mutigen und ehrlichen Interesses der Verbraucher an der Erzeugung ihrer Lebensmittel.

Am Schluss kommt Schiebel nochmals auf die Analogie zum gallischen Dorf zurück. Die Malser seien inzwischen – ganz unabhängig vom Stand der juristischen Auseinandersetzung – unbesiegbar geworden und ein wesentlicher Bestandteil des Zaubertrankes, der ihnen dabei hilft, sei Humor, verrät er dem Publikum. Wer nun neugierig geworden ist, liest online unter www.wundervonmals.com mehr über das „Wunder von Mals“.