In Murr soll künftig das Laden von E-Autos auf vermieteten Stellplätzen möglich sein – vorausgesetzt, die Netzleistung gibt das her. Foto: Ralf Poller/Avanti

Brände in Tiefgaragen sind für die Feuerwehr schwierig, wenn dort ein E-Auto brennt, vergrößert dies das Problem. Denn das Fahrzeug muss nach draußen geschafft werden.

Murr - Um es vorwegzunehmen: Zahlen darüber, ob E-Autos in einer Tiefgarage häufiger brennen und höheren Schaden anrichten als Verbrenner, gibt es keine. Denn angesichts der vergleichsweise geringen Zahl an Stromern in Deutschland – gut 516 000 waren es im vergangenen Oktober, was 0,64 Prozent aller zugelassenen Fahrzeuge entspricht – ist selbst laut Verband der Sachversicherer (VdS) „eine abschließende Beurteilung der Risiken und wirksamer Maßnahmen derzeit kaum möglich“. Deshalb hält sich die Branche mit Überlegungen zu möglicherweise höheren Prämien in der Haftpflicht- oder Gebäudeversicherung zurück. Zudem: „Wie soll man denn kontrollieren, ob in einer Tiefgarage ein Elektrofahrzeug steht oder nicht?“, fragt Alexander Zlab vom Versicherungsbüro Lücke und Zlab in Marbach. Der Europäische Gerichtshof hat 2019 geurteilt, dass im Brandfall die Kfz-Haftpflichtversicherung einspringen muss.

Batterien können nur gekühlt, nicht gelöscht werden

Für die Feuerwehr ist das Laden und Abstellen von E-Fahrzeugen in Tiefgaragen heikel. Von den Plänen der Gemeindeverwaltung Murr, in der Tiefgarage unter dem Rathaus mehrere Wallboxen installieren zu lassen, ist der örtliche Feuerwehrkommandant Marcus Leibbrand deshalb nicht begeistert: „Aus Sicht der Feuerwehr ist das nicht wünschenswert, solange die Technik noch in den Kinderschuhen steckt, was sie offenbar tut.“ Bekannt ist, dass sich die Batterien der E-Fahrzeuge Löschversuchen mit Wasser entziehen und nur gekühlt werden können. Wird es zu heiß, kann die Statik des Gebäudes gefährdet sein. Bislang sind solche Fälle sehr selten.

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Doch es ist absehbar, dass ihre Zahl mit derjenigen der Elektroautos steigen wird – zumal auch nicht unbedingt ersichtlich ist, welches der Fahrzeuge möglicherweise einen Defekt hat, der auch bei guter Infrastruktur beim Laden zu einem Brand führen kann. Der Kreisfeuerwehrvorsitzende Klaus Haug empfiehlt deshalb, E-Ladestationen an der Einfahrt in die Garage zu installieren: „Dann können Hitze und Rauch abziehen und die Feuerwehr kann das Fahrzeug leichter rausziehen.“ Das führe aber oft zu Mehrkosten beim Bau, weil längere Leitungen erforderlich seien, und die würden Bauherren gern vermeiden.

Verbote kontraproduktiv für Mobilitätswende

Murrs Bürgermeister Torsten Bartzsch räumt ein, dass „die Frage der Sicherheit etwas ist, das man beachten muss.“ Doch er betont, man müsse auch die Realität sehen: „Der Bund hat die Rechte der Eigentümer von E-Autos gestärkt.“ Solche Fahrzeuge in Tiefgaragen zu verbieten, wie es beispielsweise Leonberg wegen des nicht ausreichenden Brandschutzes auf einem kommunalen Parkdeck kürzlich getan hat, findet er „kontraproduktiv“ im Hinblick auf die beabsichtigte Mobilitätswende und schwer zu überwachen. Um eine gewisse Sicherheit zu gewährleisten, lasse die Gemeinde die Wallboxen auf eigene Rechnung einbauen: „Dann wissen wir, was und von wem das installiert wird.“ Zudem werde es ja keine öffentliche Wallbox für jedermann geben, sondern nur für die Mieter der Stellplätze. Bevor es soweit ist, müsse der Elektriker aber noch die Netzleistung klären. Sollte diese nicht ausreichen, müsse man darüber nachdenken, ob man auch zu einer möglicherweise kostspieligen Aufrüstung bereit sei.

Warnung vor normalen Steckdosen

Die Netzleistung kann in der Tat ein Knackpunkt sein, sagt der Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg, Andreas Bek: „Das fängt oft schon beim Hausverteiler an und damit, dass der Energieversorger da nicht immer genügend Strom liefern kann.“ 80 Prozent der Gebäude, so Bek weiter, hätten schon ohne E-Ladestationen ein Problem, weil es in jedem Haushalt viel mehr elektrische Geräte gebe als früher. Otmar H. Wernicke, Geschäftsführer des Eigentümerverbands Haus und Grund Baden-Württemberg, sieht den Einbau von Wallboxen mit gemischten Gefühlen. Diese seien aber immer noch besser als die Ladung an einer normalen Steckdose, was offensichtlich manche Besitzer der Stromer machten. Denn die Steckdose sei damit überlastet „und schmort schon mal durch“. Eine Einschätzung, die Bek bestätigt. Vielfach scheitere die Sicherheit schon an der Beratung durch die Autohäuser. Denn ein Plug-in-Hybrid brauche zum Laden eine ganz andere Infrastruktur als ein Sportflitzer mit Schnellladung.

Politik sieht keinen Handlungsbedarf

Die Politik hält sich raus. Auf die Frage, ob sich das Bundesjustizministerium beim Recht auf eine E-Ladestation eigentlich auch Gedanken über die Möglichkeit eines Brandes in einer Tiefgarage gemacht habe, teilte ein Sprecher mit, das sei Bauordnungsrecht und damit Sache der Länder. Doch auch das für Baden-Württemberg zuständige Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen sieht keinen Handlungsbedarf. Das Schutzniveau bei Garagen sei ausreichend, Brände ohne Beteiligung von E-Fahrzeugen seien beherrschbar gewesen. Dies sei auch für E-Fahrzeuge zu erwarten, erklärte ein Sprecher. Es gebe deshalb keine Überlegungen, die Garagenverordnung zu ändern.

E-Autos und Brände

Statistik
Pro Jahr brennen in Deutschland rund 15 000 Fahrzeuge ab. Die Ursachen können von Verkehrsunfällen über schadhafte Kabel bis zu überhitzten Bremsen reichen. Der Anteil elektrisch betriebener Fahrzeuge lag 2021 bei deutlich unter einem Prozent, was etwa ihrem Gesamtanteil an den zugelassenen Fahrzeugen entspricht. Andere Statistiken sprechen sogar von einem geringeren Brandrisiko der Stromer.

Ladesäulen
Auch Ladesäulen bergen ein gewisses Gefahrenpotenzial. Ursachen können Vandalismus, ein Kabelbrand oder ein anderer technischer Defekt sein.