Julia Spors, stellvertretende Redaktionsleiterin, sammelt die Fragen der Leser. Foto:  

Beim zweiten Leserforum der MZ zur Bürgermeisterwahl in Marbach haben die Kandidaten auch kritische Fragen zu ihrer Person und ihrem Wahlkampf beantworten müssen.

Marbach - Zu Beginn des Leser Forums gab es Fragen an die Kandidaten – zu ihrer Person und zu ihrem Wahlkampf. Eingeflossen sind auch, wie schon beim ersten Leser Forum, Fragen von Bürgern. Angesprochen auf den offenen Unterstützerbrief, der von drei SPD-Stadträten am Samstag auf dem Markt neben Trosts Stand ohne Genehmigung verteilt worden war, erklärte Jan Trost,
dass er nur gewusst habe, dass es zur Verteilung an die Haushalte komme. „Als ich die drei Herren auf dem Markt gesehen habe, war ich doch überrascht. Im Wahlkampffieber habe ich nicht daran gedacht, ob da eine Genehmigung vorliegt oder nicht. Man freut sich einfach, wenn Unterstützung da ist.“ Warum er auf seinem Facebook-Account mehrfach Fragen zur Corona-Konformität an seinem Stand, an dem es dadurch eng zugegangen sei, gelöscht habe? Es habe sich um ein Fake-Profil gehandelt, das erst Tage zuvor erstellt worden sei, so die Erklärung des Rathauschefs. „Das ist eine Unsitte auf Facebook. Auf diese Profile reagiere ich grundsätzlich nicht.“ Zudem habe man auf dem Markt stets versucht, den Abstand zu wahren. „Wenn jemand stehen geblieben ist, ist es vielleicht etwas enger geworden, wie in einer Schlange.“ Aber es sei eine einmalige Aktion gewesen.

Warum er erst zum zweiten Wahlgang – entgegen seiner Ankündigung, dies gar nicht zu tun – plakatiert hat und auf Instagram aktiv geworden ist, begründete der Amtsinhaber damit, dass es ihm wichtig war, noch einmal Akzente zu setzen, um mit mehr Menschen ins Gespräch zu kommen. Seine Wähler hätten ihn zudem darauf aufmerksam gemacht, dass er im Stadtbild ohne Plakate nicht sichtbar sei. Unterschätzt oder nicht ernst genommen habe er im Bewerberfeld also niemanden. „Im Wahlkampf bin ich auch sehr früh sehr weit gewesen. Meine Broschüre ging in Druck, als noch gar nicht klar war, ob es einen Gegenkandidaten geben wird.“

Timo Jung,
selbst SPD-Mitglied, beteuerte auf die Frage, wie er mit der öffentlichen Unterstützung der drei SPD-Stadträte für Jan Trost umgehe, dass dies ein normaler Vorgang sei. „Das ist ihr gutes Recht, wir leben in einer Demokratie.“ Jung betonte erneut, nicht als „Parteimeister“- sondern als Bürgermeister angetreten zu sein. Daher sei ihm nicht wichtig, welche Partei ihn unterstützt und welche nicht. Es gehe um ein Angebot an die Bürgerschaft, das er gemacht habe. „Und die letzten Wochen und gerade Tage haben gezeigt, dass es jetzt jemanden braucht, der Brücken baut.“ Zerschlagenes Porzellan müsse gekittet werden. „Diese Fähigkeit bringe ich mit, weil ich den offenen Dialog suche und gerade auch mit denen spreche, die mich nicht unterstützen.“

Auf die Frage, warum er nicht dazu stehe, dass er von der Agentur Klip beraten werde, stellte er klar, dass er nicht beraten wird. Die Agentur habe ihn lediglich designtechnisch unterstützt. Dass er bei der Webseite professionelle Unterstützung brauche, liege auf der Hand. Den gesamten Wahlkampf und dessen Strategie habe er mit seinen Freunden erarbeitet. „Und das bewusst. Ich will nicht, dass irgendeine Agentur irgendein Programm oder eine Persönlichkeit über mich stülpt, das nicht zu mir passt.“

Zur Verwunderung von Senioren in Marbach, die von ihm gezielt Wahlwerbung erhalten haben und sich fragen, ob das mit dem Datenschutz vereinbar sei, machte Timo Jung deutlich, dass es Kandidaten im Wahlkampf möglich sei, gruppenbezogene Adressen zu erfragen. Etwa für Erstwähler. „Und ich habe mich ganz bewusst entschieden, auf diesem Weg diejenigen anzusprechen, die ich in der Pandemie nicht so gut erreicht habe, wie ich das gewollt hatte. Nämlich die Älteren in der Bevölkerung, um mit ihnen in einen direkten Dialog zu treten.“ Christine Schläfle, stellvertretende Ordnungsamtsleiterin der Stadt, bestätigt auf Nachfrage den korrekten Vorgang von Stadt und Timo Jung, der durch Paragraf 50 des Bundesmeldegesetzes ermöglicht wird.

Tobias Möhle
erklärt zu einem Leser-Kommentar, dass ihm dafür, dass er im zweiten Wahlgang noch mal antrete, ein Denkzettel verpasst gehöre, dass er mit dem ernsten Ziel angetreten sei, Bürgermeister zu werden. Er habe nicht nur schauen wollen, was möglich ist. Das Gefühl, seine bisherigen Wähler ratlos zurückzulassen, wie ihm in einer Frage von Puls-Rat Hendrik Lüdke vorgehalten wurde, habe er nicht. Im Gegenteil: „Ich bleibe selbstbewusst im Rennen und glaube, ich würde sie im Stich lassen, wenn ich jetzt zurückziehe.“ Die Frage, betonte er, halte er für „manipulierte Rhetorik“, um die beiden Favoriten zu stärken. „Ich lasse mich aber nicht einschüchtern.“