In der Fachklinik für Neurologie im Mediclin Reha-Zentrum im sächsischen Bad Düben gehört das Training des Orientierungsvermögens mit dem Reifen zu den Behandlungsmethoden für Long-Covid-Patienten. Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa

Long-Covid belastet die Betroffenen auf verschiedene Weise – neben Störungen der Atmung sind viele auch voller Angst. Tausende sind arbeitsunfähig. Erwartet wird ein deutlich steigender Bedarf an Rehabilitation.

Tausende Patientinnen und Patienten in Deutschland leiden nach einer Covid-19-Erkrankung an Langzeitfolgen. Allein bei der zweitgrößten deutschen Krankenkasse, der Barmer, waren zwischen November 2020 und März 2021 mehr als 2900 Versicherte von einem Post-Covid-Syndrom betroffen, wie eine Auswertung von Versichertendaten der Kasse zeigt. Die Deutsche Rentenversicherung erwartet eine steigende Zahl an Reha-Fällen wegen Post- oder Long-Covid.

„Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Monaten eine deutliche Steigerung sehen werden“, sagt Susanne Weinbrenner vom Geschäftsbereich Prävention der Rentenversicherung. Zu den häufigsten Langzeitfolgen bei den Patientinnen und Patienten in Reha-Einrichtungen der Rentenversicherung zählen demnach Belastungsatemnot, Fatigue, eingeschränkte Belastbarkeit, muskuläre Schwäche, Angststörungen, Depression, chronische Nierenerkrankungen und Brustschmerz. Die zahlenmäßige Bedeutung von Long-Covid sei derzeit aber noch schwer einzuschätzen.

Länger anhaltende Folgesymptome

Der ärztlicher Direktor am Reha-Zentrum Seehof in Teltow und Leiter der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation der Charité Berlin, Volker Köllner, erklärt, wahrscheinlich führe Covid-19 häufiger zu länger anhaltenden Folgesymptomen als andere Infektionen. Rund jeder vierte beatmete Patient sei psychisch stark belastet.

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Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der Barmer, geht davon aus, dass vielen Betroffenen wegen der uneinheitlichen Symptome nicht bewusst sei, dass sie unter Long-Covid leiden. Nicht immer sei leicht erkennbar, wann die akute Virusinfektion aufhöre und die Langzeitfolgen anfingen. Erst seit Januar 2021 könne Post-Covid auch als Erkrankung offiziell im Abrechnungssystem der Ärzte codiert werden.

Post-Covid-Syndrome häufiger bei Frauen als bei Männern

Von den Barmer-Versicherten, die von Januar bis März 2021 zunächst wegen Corona krankgeschrieben waren, waren mindestens 6,3 Prozent anschließend wegen Post-Covid arbeitsunfähig. Post-Covid-Syndrome treten der Barmer-Erhebung zufolge bei Frauen häufiger auf als bei Männern. Sie seien zudem stark altersabhängig. So entwickelten Frauen ab 60 Jahren nach leichten Verläufen etwa sechsmal häufiger Post-Covid-Syndrome als Männer unter 40 Jahren.

Post- oder Long-Covid kommt diesen Daten zufolge auch nach leichtem Infektionsverlauf recht häufig vor. So seien 47 Prozent der wegen Post-Covid Krankgeschriebenen zuvor nicht wegen einer Covid-19-Infektion arbeitsunfähig gewesen. In diesen Fällen habe zuvor vermutlich eine asymptomatische Erkrankung vorgelegen.

Nach Aussage des Psychosomatik-Experten Köllner erholt sich die Mehrheit der leicht betroffenen Patientinnen und Patienten innerhalb von rund drei Monaten ohne gravierende Folgen. Köllner taxiert deren Anteil auf rund 90 Prozent.