Die letzten Wochen vor der Lese sind die entscheidenden. Nach einem anstrengenden Jahr hoffen die Wengerter im Bottwartal und ihre Kollegen auf ein gutes Ende. Foto:  

Frost, Hagel, Dauerregen: 2021 bereitet den Wengertern viel Arbeit. Bezüglich des Ergebnisses sind sie aber vorsichtig optimistisch.

Marbach/Bottwartal - In diesem Jahr seien „selbst Piwis an ihre Grenzen gekommen“, sagt Joachim Fischer, Gutsleiter und Kellermeister im Weingut Herzog von Württemberg. Dem Weinjahr 2021 mangelt es wirklich nicht an Herausforderungen. Frost, Hagel, extrem feuchtes Wetter samt Pilzkrankheiten und jetzt wohl noch die Kirschessigfliege – der eine oder andere hat sie schon gesichtet. „Es ist fast alles geboten, was ein Jahr bieten kann. Wir nehmen quasi alles mit“, sagt Sebastian Häußer. Der Kellermeister und Betriebsleiter der Felsengartenkellerei in Besigheim ist dennoch guter Dinge. Denn die jetzige Phase – quasi auf der Zielgeraden vor der Lese – sei die entscheidende. „Der Wechsel zwischen warmen Tagen und kühlen Nächten bringt uns eine höhere Aromenvielfalt und Aromenintensität im Wein“, weiß Häußer. Die kühlen Nächte sind schon einmal gesetzt. „Da brauchen wir nur noch warme Tage.“

„Jetzt tät’s reichen mit dem Regen“

Und die soll es laut Wetterbericht ja wohl geben. „Jetzt tät’s reichen mit dem Regen“, findet Dieter Waldbüsser vom gleichnamigen Weingut in Kleinbottwar. „Damit die Qualität noch wird.“ Und auch wenn sein Betrieb durchaus Einbußen durch Frost und Hagel zu verzeichnen hatte, glaubt er: „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.“

Klar ist aber auch, dass die Wengerter 2021 alle Hände voll zu tun hatten und haben, um hoffentlich am Ende mit einem guten Wein dazustehen. Nach dem späten Start kam es im Juni „geballt“, wie es Hermann Morast, Geschäftsführer beim Weinbauverband Württemberg, ausdrückt. Die Kombination aus Wärme und Feuchtigkeit sorgte für einen „unvorstellbaren Schub“. Teilweise seien die Reben bis zu einem Meter pro Woche gewachsen. Dementsprechend sei auch der Pilzdruck gestiegen. „Der Arbeitsaufwand und die -belastung für die Wengerter waren exorbitant, aber sie haben es überwiegend in den Griff bekommen – durch schier endlosen Einsatz.“

„Schlagkräftiger Pflanzenschutz notwendig“

Der da bedeutet, dass „schlagkräftiger Pflanzenschutz notwendig“ war, so Morast. Denn Pilzbefall war da, sogar bei den Piwis, den pilzwiderstandsfähigen Sorten, wie Reinhard Schäfer vom Bioweingut Schäfer in Kleinbottwar berichtet. Er hatte in diesem Zusammenhang auch Probleme mit der Befahrbarkeit des feuchten Bodens mit dem Wengert-Traktor. Ein Thema, das ebenfalls viele Weinmacher umtrieb, wie Joachim Fischer berichtet. Der Gutsleiter im Weingut Herzog von Württemberg denkt allerdings pragmatisch. Der Käsberg in Mundelsheim etwa sei ohnehin eine reine Handarbeitslage. Kein Traktor, kein kaputter Boden. Anspruchsvoll dennoch, da viel mehr Behandlungen als sonst nötig waren. Zu Fuß eben. Das ist in den Steillagen im Käsberg „wirklich nicht vergnügungssteuerpflichtig“, weiß Fischer. „Aber wenn man dann mal den Blick über die Neckarschleife schweifen lässt, geht es wieder.“

Klar sei für ihn aber auch: Wer dieses Jahr keinen Pflanzenschutz mache, der werde gar nichts ernten. Peronospora, aber auch Oidium – falscher und echter Mehltau – waren ein Problem, sagt Fischer. „Es ist aufwendig. Aber wir kriegen das hin.“ Er jedenfalls freue sich auf den Herbst, so der Kellermeister vom Monrepos. Und dass dieser nach so vielen heißen und frühen Jahren wieder „in einem normalen Zeitfenster“ stattfinde. Im Vergleich zu den Vorjahren sei man „mindestens 14 Tage hinterher“. Hermann Morast rechnet damit, dass die Württemberger Wengerter „um den 20. September mit der Lese beginnen“ werden. Auch Mitte/Ende Oktober werde heuer noch geerntet.

Ein goldener Herbst kann das Ruder herumreißen

Und wie wird der 2021er Wein? Quantitativ wird es Einbußen geben, sind sich die Wengerter einig. Qualitativ „schau’n wir mal“, sagt Reinhard Schäfer. „Wenn er im Keller ist, ist man gescheiter“, meint sein Nachbar Dieter Waldbüsser. Wichtig wäre „ein goldener Herbst“, so Hermann Morast. Denn das erste Halbjahr bilde die Grundlage beim Wein, die finale Qualität entwickle sich in den letzten Wochen vor der Lese. „Es sind gute Ansätze da, aber eine finale Aussage mache ich nicht.“ Joachim Fischer bleibt Optimist: „Ich bin mir sicher, dass wir im Dezember sehr gute Weine im Keller haben.“

Probleme im Weinberg

Pilzdruck
 ist immer verstärkt da, wo es einen Zuwachs von neu gewachsener Blattmasse gibt, erklärt Hermann Morast, Geschäftsführer beim Weinbauverband Württemberg. Da sie ungeschützt ist, ist sie anfällig. Bei dem Wachstumsschub im Juni war das besonders greifbar, aber auch im weiteren Jahresverlauf durch die anhaltende Feuchtigkeit.

Peronospora,
 der falsche Mehltau, erkennt man, da die Blattunterseite wie mit Mehl bestäubt scheint. Durch den Pilzbefall wird die Zuckereinlagerung in die Beeren deutlich reduziert.

Oidium
, der echte Mehltau, verursacht ein weißgraues Geflecht auf den Pflanzenteilen. Durch den Befall bleibt die Beerenentwicklung zurück und die Beeren springen auf.