Katrin Bayer und Raik Singer verstehen ihr Schauspieler-Handwerk prächtig. Foto: Werner Kuhnle

Der Kulturverein Südlich vom Ochsen bringt nach einer langen Corona-Zwangspause endlich wieder Geschehnisse auf jene Bretter, die für manch einen die Welt bedeuten: das Theater.

„Alle Kunst ist der Freude gewidmet, und es gibt keine höhere und ernsthaftere Aufgabe, als die Menschen zu beglücken“. Dieses Zitat von Friedrich Schiller ist auf der Homepage des Kulturvereins Südlich vom Ochsen zu finden. Es spricht wohl aus, was nicht allein den beiden Künstlern, die am Samstagabend im Marbacher Schlosskeller, nach erzwungener Pandemiepause, endlich wieder auf der Bühne stehen durften, als grundlegendes Bedürfnis in den Mund gelegt werden könnte. Denn auch die Zuschauerinnen und Zuschauer, die durch die immer noch coronabedingt reduzierte Platzaufteilung, den Keller komplett füllten, strahlten jene Freude aus: endlich wieder Theater!

Zu schwer und problembehaftet?

Vielleicht aber war er ein wenig zu dicht, zu schwer und problembehaftet, dieser Bühnen-Neustart, den einige Besucher sich offensichtlich gelöster, freudiger und heiterer gewünscht hätten. Diesen Eindruck jedenfalls spiegelten Gespräche in der Pause und am Schluss der Veranstaltung wieder.

Doch die „Verdammte Herzensache“, von der Leipziger Autorin Cornelia Molle geschrieben, ist ein wahrer Kracher. Jedenfalls, was die Konfliktdimension anbetrifft. Heftige Emotionen, und die sind meist nicht heiter, kommen bei dem Kammerspiel mit ausschließlich zwei Personen nämlich ungefiltert auf die Bühne: Unerfülltes, Frustriertes, ja schier Unglaubliches bröselt nach und nach aus den zwei beladen wirkenden Protagonisten hervor. Zwar gibt es Momente von Glückseligkeit; die aber leuchten fast immer nur in der Retrospektive auf. Und vielfach nur beim männlichen Teil, der sich einst – ohne Abschied – davon machte, um seine Erfüllung im nordkanadischen Hochwald zu finden.

Mit Professionalität und Spielfreude

Die beiden Schauspieler, Katrin Bayer und Raik Singer, verstehen ihr Handwerk jedoch prächtig. Gut herausgearbeitet sind nämlich die einzelnen Positionen, die Mann und Frau trennen und doch irgendwie wieder verbinden. Das literarisch anspruchsvolle Textbuch, das bisweilen konstruiert wirkt, um den Bogen bis zum Schluss nachvollziehbar zu schlagen, fordert tüchtig. Mit Professionalität und Spielfreude aber zeigen die beiden Mimen ein empathisches Rollenverständnis für ihre Charaktere, die wiederum dem Bühnen-Konstrukt Intensität, erschütternde Szenen und emotionale Explosion schenken.

Gelacht werden darf wenig in dem Bühnenstück; dafür aber gibt es bei dem zur Schau getragenen Beziehungsgeflecht, das sich erst nach und nach entwirrt, und das den Zuschauenden in einen Strudel an Unerfülltem und Frustriertem hineinzieht, eine Menge an knackigen Sentenzen. So etwa: „Beziehungen zwischen Mann und Frau sind immer Operationen am offenen Herzen.“ Diese verdichten die dominante und manchmal hoffnungslos erscheinende Stimmung zwischen Verbitterung und Wiedersehensfreude auf ihrer und dem Herunterspielen und Flüchten auf seiner Seite. Doch nicht allein das mimische Vermögen von Bayer und Singer ist durchaus einen Besuch wert: auch die wunderwirksame Stimme Raik Singers hallt – zumindest beim weiblichen Geschlecht – wohltuend nach. Auch, oder gerade weil sich der Text über lange Strecken hinweg, mit Diskussionen über Flucht, Angst, Schuld, Verantwortung, Enge, Weite und Freiheit beschäftigt und dabei die Bandbreite seiner stimmlichen Gestaltungskraft, besonders deutlich macht.

Anrührend und sensibel

Katrin Bayer wiederum spielt die auf unfaire Art Zurückgelassene nachvollziehbar und glaubwürdig. Anrührend und sensibel ist das Spiel speziell dann, wenn Bayer versucht, den zarten Faden der Liebe erneut aufzunehmen und ihn weiterzuspinnen.

Ob nun das kalte Wartezimmer eines Krankenhauses, in dem das Stück seinen Lauf nimmt, der passende Ort ist, um das einstige Glück wiederzufinden? Davon durften sich die Zuschauenden schließlich selbst überzeugen.