Die Polizei hat in Steinheim viele Anzeigen aufnehmen müssen. Foto: picture alliance/Patrick Seege

Der Steinheimer Polizeipostenleiter Hannes Oertel vermeldet für 2020 einen starken Anstieg bei den Fallzahlen. Auffällig ist vor allem die eklatante Zunahme bei Körperverletzungen und Drogenvergehen. Grund zur Panik bestehe aber nicht, versichert er.

Steinheim - Hannes Oertel, Leiter des Steinheimer Polizeipostens, brachte zu der jüngsten Sitzung des Gemeinderats Zahlen mit, die denen einen oder anderen Rat aufhorchen ließen. Der Kommissar gab nämlich bei der Vorstellung der Kriminalstatistik für 2020 bekannt, dass bei den Straftaten insgesamt ein Anstieg um 49,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen ist. Besonders stechen dabei zwei Positionen heraus: Bei den schweren und gefährlichen Körperverletzungen weist das Zahlenwerk einen Anstieg von vier auf 19 Fälle aus, bei den Rauschgiftdelikten eine Zunahme von 26 auf 50 Vergehen.

Keine offene Rauschgiftszene

Diese Ausschläge in der Statistik machten Rainer Breimaier von den Grünen hellhörig. Er erkundigte sich insbesondere danach, wie die hohen Fallzahlen aus dem Drogenmilieu zu erklären sind. „Hat sich da etwas nach Steinheim verlagert?“, wollte er wissen. Hannes Oertel erklärte daraufhin, dass auch im restlichen Einzugsgebiet des Polizeireviers Marbach die Fallzahlen in diesem Bereich gestiegen seien. „Es gibt aber in Steinheim selbst keinen Hotspot, wo offen BTM konsumiert oder gehandelt werden“, betonte er.

Zudem machte er klar, dass bei den Zahlen im Betäubungsmittelbereich (BTM) der Ermittlungserfolg auch ein entscheidender Faktor ist – und ein einzelner gelöster Fall dabei größere Folgen in der Statistik haben kann. Ausschläge nach oben oder unten seien somit in diesem Sektor typisch. „Vieles läuft heutzutage über Handyauswertung“, erklärte er. Bei der Analyse der Daten stoße man dann oft gleich auf eine ganze Palette illegaler Machenschaften. Und wenn die jeweilige Verdächtigen aus Steinheim kommen, fließe alles in die Statistik der Urmenschstadt ein, „ohne dass es hier tatsächlich eine offene Szene gibt“.

Feinheiten der Statistik

Wie es kommt, dass die Zahl der schweren und gefährlichen Körperverletzungen in Steinheim so eklatant um 375  Prozent nach oben geschnellt ist, lässt sich indes nicht pauschal erklären. „Wir können zwar zu nahezu jedem aktenkundigen Fall sagen, wo die Hintergründe liegen“, sagt Oertel auf Nachfrage. „Aber ob da insgesamt mehr dahintersteckt, es also gesellschaftlich eine bestimmte Entwicklung gibt, die zu dieser Zunahme geführt hat, wissen wir als Polizisten nicht. Mit solchen Fragen beschäftigen sich Kriminologen“, konstatiert der Chef des Steinheimer Polizeipostens.

Fakt sei aber, dass man auch hier statistische Feinheiten beachten müsse. Bei den meisten der in dieser Rubrik gelisteten Vergehen handele es sich um gefährliche Körperverletzungen.

Darunter firmierten unter anderem Fälle, bei denen jemand aus einer Gruppe von mindestens zwei Personen heraus angegriffen wurde, und Vorkommnisse, bei denen der Täter mit einem Gegenstand wie einem Stock hantiert hat. Bedeutet im Umkehrschluss: Schwere Körperverletzungen, bei denen das Opfer von einem Angreifer so heftig angegangen wurde, dass er oder sie etwa das Sehvermögen auf einem Auge oder ein Gliedmaß verliert, sind in Steinheim kaum zu verzeichnen. Außerdem gingen rund ein Drittel der Fälle auf das Konto von Mehrfachtätern. Überdies müsse man sehen, dass der Fünfjahresdurchschnitt in Steinheim bei den schweren und gefährlichen Körperverletzungen bei neun liege und der niedrige Vergleichswert von 2019 mit vier Delikten eher ein Ausreißer nach unten sei.

Opfer und Täter kennen sich meistens

In der Sitzung des Gemeinderats beteuerte er zudem auf Nachfrage von Jürgen Thalemann von der SPD, dass man sich als Passant in Steinheim keine gesteigerten Sorgen um sein Wohlbefinden machen müsse. „In der Regel besteht zwischen Täter und Opfer eine persönliche Beziehung“, sagte der Kommissar. Die Taten spielten sich meist innerhalb von bestimmten Gruppierungen ab – oder Opfer und Angreifer kennen sich. Das erkläre auch die hohe Aufklärungsquote bei den gefährlichen und schweren Körperverletzungen, die bei fast 90 Prozent liege, erklärt er auf Nachfrage. Derjenige, der angegriffen wurde, könne den Namen des mutmaßlichen Täters meist nennen. „Der normale Bürger kommt in der Regel nie zur Polizei und sagt, ich bin auf der Straße angegriffen worden“, so Hannes Oertel.