Leben zwischen Hoffen und Bangen: Ein Mädchen sitzt in Mariupol in einem improvisierten Bunker. Foto: dpa/Evgeniy Maloletka

Der Krieg in der Ukraine ist tausende Kilometer entfernt und doch ganz nah. Er lähmt. Viele Menschen rutschen in eine Angstspirale. Aber wir brauchen auch schöne Erlebnisse, um unsere Energiespeicher aufzuladen.

Erst Corona, dann der Krieg vor unserer Haustüre. Dabei hatten wir uns alle auf viel Leichtigkeit gefreut, die mit dem Frühling wieder Einzug in unser Leben hält. Endlich wieder aus einem breiten Veranstaltungsprogramm auswählen, sich mit Freunden treffen, im kleineren und größeren Kreis feiern, lachen und genießen.

Der Frühling ist da, die Sonne wärmt, doch die Leichtigkeit ist entfernter denn je. Seitdem ein Verrückter einen erbarmungslosen Angriffskrieg führt, prägen Wut, Ohnmacht, Fassungs- und Hilflosigkeit unsere Tage. Die Bilder von zerbombten Wohnblöcken, von verzweifelten Menschen, die in U-Bahnhöfen Schutz suchen, von Frauen und Kindern, die unter großer Gefahr ihr Zuhause verlassen, um ihr Leben zu retten, zerreißen einem das Herz. Und sie lähmen. Jeden Tag aufs Neue.

Abrutschen in eine Angstspirale

Die Frage der Dosierung des Medienkonsums über den Krieg muss jeder für sich selbst beantworten. Informationen sind ohne Frage wichtig. Jeder sollte wissen, was in diesem verbrecherischen Krieg im Herzen Europas gerade passiert. Und doch muss jeder für sich persönlich einen Weg finden, mit den furchtbaren Bildern und Nachrichten umzugehen – ohne dabei in eine Angstspirale und in eine Depression zu geraten.

Ich habe in den ersten Tagen des Krieges Nachrichtensendungen ebenso wie Diskussionsrunden geradezu aufgesogen. Der erste Griff am Morgen nach dem Aufwachen ging zum Handy. Lebt der ukrainische Präsident noch? Gab es weitere Bombenangriffe? Was ist in der Nacht, in der ich in Sicherheit in meinem Bett geschlafen habe, im 1900 Kilometer entfernten Kiew und in anderen Orten passiert? Und der letzte Griff am Abend ging erneut zum Handy – mit denselben Fragen im Kopf.

Ist Urlaub gerade legitim?

Unterhält die Familie sich normalerweise beim Abendessen über das Erlebte am Tag, drehen sich die Gespräche seit Kriegsbeginn um die Fragen, ob wir eine Familie bei uns aufnehmen, wie groß die Gefahr eines Dritten Weltkrieges ist, ob es in der Nähe Bunker gibt oder der eigene Gewölbekeller einen Schutz bieten kann.

Auch der geplante Pfingsturlaub steht zur Disposition. Ist es legitim, es sich in der Sonne gut gehen zu lassen, während anderswo Menschen sterben? Die familieninternen Antworten fallen unterschiedlich aus. Einige Themen wurden vertagt. Und doch spüre ich in Woche drei des Krieges, dass es Pausen braucht, um die Widerstandskraft der Seele zu stärken und Energiespeicher aufzuladen. Man darf auch in schwierigen Zeiten Schönes erleben und sich darüber freuen.