Diese Simulation zeigt vor allem, wie der neue Schornstein (links) von Neckarweihingen aus wahrnehmbar wäre. Foto: EnBW

Der Konzern stellt klar, warum die Netzstabilitätsanlage in Marbach anders gebaut werden muss als geplant. Nicht absehbar ist, wie lange das Kraftwerk benötigt wird.

Marbach - Eine ganze Batterie an Änderungswünschen im Vergleich zu den bislang genehmigten Planungen, aber nur einige wenige dürre Erklärungen zu den Hintergründen: die Mitglieder des Marbacher Ausschusses für Umwelt und Technik waren unlängst reichlich verschnupft über das Vorgehen der EnBW im Hinblick auf die neue Netzstabilitätsanlage am Neckar und mochten unter diesen Voraussetzungen über die beantragten Befreiungen zum Bebauungsplan gar nicht weiter diskutieren. Stattdessen wurde der Punkt von der Tagesordnung genommen und man lud Vertreter der EnBW in den Gemeinderat ein, wo sie die Abweichungen erläutern sollten. Das ist nun geschehen – und der Konzern bekam vom sichtlich besänftigten Gremium doch noch das Okay.

Unterlagen schon früh eingereicht

Projektleiter Roland Helmenstein hatte zuvor um Verständnis für die doch längere Änderungsliste geworben. Es sei üblich, dass bei einem Vorhaben dieser Größenordnung im Laufe der Zeit gewisse Dinge modifiziert werden müssten. Die Unterlagen für das Genehmigungsverfahren habe man zudem schon 2018 eingereicht. Zu einem Zeitpunkt also, als die EnBW noch nicht einmal den Zuschlag zum Bau der Anlage erhalten hatte, die nur im Notfall bei Störungen im Stromnetz anspringen wird. „Als dann im Jahr 2020 der Lieferant die Anlagenteile bestellt hat, hat sich ergeben, dass an der einen oder anderen Stelle die Genehmigungsplanung nicht ganz gepasst hat zu den Ausführungsanforderungen“, erläuterte Helmenstein. Man habe daraufhin die Punkte gesammelt, bei denen nachjustiert werden muss, und gebündelt beim Regierungspräsidium Stuttgart vorgelegt.

Schornstein wird dicker

Die in der äußerlichen Wahrnehmung markanteste Änderung betreffe den 80 Meter hohen Schornstein, erklärte EnBW-Experte Bastian Bluthardt. Dessen Durchmesser soll um rund drei auf 10,5 Meter vergrößert werden. Andernfalls hätten die Schallemissionswerte nicht eingehalten werden können. „Das war die einzige Lösung, die wir gefunden haben“, betonte Bluthardt. Man liege damit nach wie vor deutlich unter den maximal zulässigen Marken, was den Geräuschpegel angeht. Neu ist auch ein Tank mit 1250 Kubikmetern Fassungsvermögen, den man samt Pumpenhaus benötige, um die Versorgung mit Löschwasser zu garantieren. Das habe sich aus der Detailplanung ergeben. Sonst wäre der Druck, den man für die Löschanlagen brauche, nicht hoch genug gewesen. Zudem habe es sich als vorteilhafter herausgestellt, einen Heiztank doppelwändig, statt mit nur einer Wand zu bestellen. „Damit kann die Rückhaltewanne entfallen, und die Fertigung ist deutlich einfacher“, sagte Bluthardt.

Weniger versiegelte Fläche

Der Mann von der EnBW betonte jedoch auch, dass sich trotz dieser und weiterer Änderungen bei der Gebäudeinfrastruktur unterm Strich der Flächenverbrauch sogar reduziere. Für Verkehrswege werde weniger Gelände versiegelt als gedacht. Bluthardt räumte gleichwohl ein, dass man all das hätte geschickter kommunizieren können. „Das nehme ich auf meine Kappe. Wir hätten Sie vielleicht pro-aktiver informieren können“, sagte er in Richtung der Räte.

Wann die Anlage zurückgebaut werden muss

Die Entschuldigung nahm die Runde an, interessierte sich allerdings auch für einen Aspekt, auf den die EnBW-Leute nicht eingegangen waren. Ob die Genehmigung für die Anlage mit einer Befristung verbunden sei, wollte Jochen Biesinger von der CDU wissen. Und Barbara Eßlinger von den Grünen erkundigte sich, ob das Kraftwerk nach zehn Jahren wieder zurückgebaut werde – wovon sie bislang ausgegangen sei. Die Fragen standen auch deshalb im Raum, weil die Anlage im Prinzip nur für die Phase der Energiewende benötigt wird – als verlässlicher Ersatz für den Fall, dass dem Netz der Saft ausgeht. Roland Helmenstein erklärte daraufhin, dass Kraftwerke grundsätzlich ohne zeitliche Limitierung genehmigt würden. Sie müssten dann abgeschaltet werden, wenn die Emissionswerte vom Gesetzgeber verschärft würden und nicht mehr eingehalten werden könnten. Allerdings sei „der vertrauliche Vertrag mit dem Übertragungsnetzbetreiber“ nur für eine bestimmte Zeit gültig, der aber, abhängig vom Bedarf, verlängert werden könnte.

Größerer Einsatz nur im Katastrophenfall

Was den Rückbau der Anlage anbelangt, so sei dieser tatsächlich verpflichtend. Die Klausel greife aber nicht unbedingt nach zehn Jahren, sondern dann, wenn die Anlage nicht mehr als Notfall-Reserve benötigt werde. Der Projektleiter versicherte auf Nachfrage von Ernst Morlock (SPD) aber auch, dass das neue Kraftwerk keinesfalls länger als die maximal bewilligten 1500 Stunden im Jahr laufen werde – trotz Schwankungen im Netz, die der Umstieg auf grüne Energien wie Windkraft mit sich bringen wird. In Marbach gebe es schon eine Anlage mit gleicher Funktion und nahezu gleicher Leistung. „Und diese wurde im letzten Jahr nicht gebraucht“, zog er einen Quervergleich. Ob sich das in zehn Jahren für das neue Kraftwerk ändere, könne er nicht sagen. „Aber nur in Katastrophenfällen kann man sich vorstellen, dass diese Anlage einen größeren Einsatz hat.“