Roberto Legnani hat gezeigt, dass eine Gitarre auch solo funktioniert. Foto: avanti

Roberto Legnani hat mit seiner Hommage an die klassische Gitarre das Publikum bezaubert.

Marbach - Welch ein Unterschied zu elektrisch verstärkten Gitarrenakkorden! Roberto Legnani hat am Sonntagnachmittag im Humboldtsaal des Deutschen Literaturarchivs gezeigt, was für ein zauberhaftes Soloinstrument die Gitarre sein kann, wenn man sie so meisterlich zu spielen versteht wie er.

Dabei trat der italienischstämmige Musiker unter erschwerten Bedingungen auf: „Die Saiten, mit denen ich sonst seit 30 Jahren spiele, sind beim Zoll festgehalten worden,“ erklärte er, warum er, entgegen seiner sonstigen Art, immer wieder nachstimmen musste. Und das war nicht das einzige durch die ungewohnten Saiten verursachte Problem: „Auf den ersten fünf Lagen klingen sie super, danach schrecklich“, bedauerte er. So war er gezwungen, blitzschnell umzudenken und einen anderen Fingersatz zu spielen als gewohnt, das heißt, einzelne Töne auf anderen Saiten zu greifen als sonst.

Hätte er es nicht gesagt, hätten es aber wohl die allerwenigsten der etwa 70 Besucher gemerkt. Schon bald fühlte man sich regelrecht davongetragen auf den samtweichen Saitenklängen. Und das, obwohl nicht nur sanft-melancholische, sondern durchaus auch lebhaftere Werke auf dem Programm standen, beispielsweise der Tanz einer keltischen Feenkönigin, Spatter the Dew, oder südamerikanische Stücke aus Brasilien, Uruguay und Argentinien. Den Auftakt machte, zusammen mit dem orientalisch anmutenden „Entrada al Generalife“, ein melodisches Opus eines unbekannten Verfassers, das manchen Besuchern noch aus den Siebzigerjahren als „Le rêve“ bekannt gewesen sein dürfte und eigentlich „Romanza espanola“ heißt.

Auch Roberto Legnani wirkte trotz der ungewohnten Saiten in keinem Moment angespannt. Geradezu liebevoll hielt er seine Gitarre im Arm und schien die Saiten beinahe zu streicheln. Auch die oft rasanten Tonfolgen bewältigte er scheinbar mühelos und vor allem ohne das bei manchen Gitarristen auftretende, unangenehme Quietschen der Saiten. Sauber und exakt saß jeder einzelne Ton, egal, ob er wie in der Melodie kräftig oder wie in der Begleitung zart gezupft wurde. So entlockte er seiner Gitarre eine erstaunliche Klangvielfalt – ganz ohne Verstärker, aber dafür mit andächtig lauschenden Zuhörern, die mit einer Zugabe belohnt wurden.