Je mehr Geld die Kommunen gehortet haben, desto höhere Zinsbeträge müssen sie dafür zahlen. Foto: dpa/Monika Skolimowska

Häufen Kommunen zu viel Geld auf dem Girokonto an, rächt sich das. Es fallen Negativzinsen an – je nach Gemeinde kann das schon mal kräftiger zu Buche schlagen.

Kreis Ludwigsburg - Ja, es ist ein Luxusproblem. Aber es ist gleichwohl ärgerlich, wenn man für sein mühsam erspartes Geld Negativzinsen zahlen muss. Der Stadt Kornwestheim ergeht es da nicht besser als Privatpersonen – außer dass bei ihr Strafzinsen in einer Größenordnung anfallen, von der die Sparer als Einlage träumen. 50 000 Euro hat die Stadt im vergangenen Jahr eingebüßt, weil sie zu viel Geld auf der hohen Kante hat. Und dabei, sagt die für die Finanzen zuständige Bürgermeisterin Martina Koch-Haßdenteufel, sei’s noch gut gelaufen. Für dieses Jahr rechnet sie mit einem höheren Betrag.

Sparkassen und Banken nennen die Zinsen lieber Verwahrgeld

77 Millionen Euro hat die Stadt Kornwestheim derzeit an Rücklagen – Geld, das in den nächsten Jahren benötigt wird, um etwa neue Schulgebäude zu errichten. Derzeit ist ein Großteil der Summe noch als Festgeld mit längerer Laufzeit angelegt. Aber: Das Geld wird in absehbarer Zeit frei. Gerne würde Martina Koch-Haßdenteufel es wieder so anlegen, dass es ein Plus abwirft. Dann allerdings wäre das Geld für mindestens vier Jahre nicht verfügbar. „Aber wir müssen ja drankommen“, sagt sie. Also ab damit aufs Girokonto, wo ohnehin schon 30 Millionen Euro gebunkert werden, und die Strafzinsen, die von den Sparkassen und Banken lieber als Verwahrgeld bezeichnet werden, zähneknirschend akzeptieren. Oder das Geld erneut anlegen auch auf die Gefahr hin, dass nicht gleich dann darauf zurückgegriffen werden kann, wenn es benötigt wird.

Der Schiffbruch der Greensill-Bank mahnt zur Vorsicht

Was für die Finanzbürgermeisterin aber „nie und nimmer“ in Frage kommt: Anlageformen, die gute Zinsen versprechen, aber zugleich mit einem hohen Risiko verbunden sind. „Es ist doch das Geld der Bürgerinnen und Bürger“, sagt Koch-Haßdenteufel. „Das muss doch sicher angelegt sein.“ Sie verweist auf Kommunen, die mit gewagten Strategien jede Menge Euro in den Sand gesetzt haben – vor Jahren Pforzheim etwa, das auf Anraten von Banken Wetten auf die unterschiedliche Entwicklung von kurz- und langfristigen Zinsen abschloss. In den vergangenen Jahren legten Kommunen Geld bei der umstrittenen Bremer Greensill-Bank an und erlitten Schiffbruch. Dass sie das Geld der Bürger „verspielt“, das mag sich die Finanzbürgermeisterin gar nicht ausmalen. „Das wäre ein Katastrophe für mich.“ Koch-Haßdenteufel setzt ganz auf eine „konservative Anlagestrategie“, unter anderem auf Papiere der Rentenversicherung. Das sei vom Regierungspräsidium, das einen Blick auf die Finanzen der Kommunen hat, abgesegnet. Und es sei auch dann abgesichert, wenn das Kreditinstitut Insolvenz angemeldet hat.

Die Gemeinde Murr parkt ihr Geld auf Festgeld-Konten

Zu den Kommunen im Landkreis Ludwigsburg, die auch das „Schicksal“ eines gut gefüllten Sparbuchs erleiden, gehört Murr. Rücklagen in Höhe von knapp 40 Millionen Euro verzeichnet die Gemeinde. „Wir versuchen, solche Minuszinsen zu umschiffen, indem wir das Geld vom Girokonto nehmen und immer wieder neu auf Festgeld-Konten anlegen“, sagt der Murrer Bürgermeister Torsten Bartzsch. So habe die 6700-Einwohner-Gemeinde im Jahr 2021 nur 13 400 Euro Verwahrgeld gezahlt. Die Gemeinde lege das Geld bewusst klassisch an. Gewinne auf dem Aktienmarkt zu erzielen, verbiete sich, denn dann müssten die Steuerzahler bereit sein, Kurseinbrüche und Verluste hinzunehmen.

Hätte das gewerbestarke Murr seine Millionen Euro auf dem Girokonto liegen lassen, hätte die Kommune im vergangenen Jahr etwa 190 000 Euro an Minuszinsen bezahlen müssen, hat Bartzsch errechnet. Fast wehmütig blickt der Bürgermeister auf die fetten Jahre vor der Corona-Krise und der Niedrigzinsphase zurück, als die Einlagen jährlich sechsstellige Beträge abwarfen. Jetzt nagt die Inflation an den Ersparnissen, und es wird auch ohne Strafzinsen Verluste geben.

Affalterbach will sein Geld bewusst kurzfristig einsetzen können

Ein anderer Krösus unter den Kommunen im Landkreis Ludwigsburg ist Affalterbach mit liquiden Mittel von rund 20 Millionen Euro. Die Kommune zahlte 2021 eine relativ hohe Zinssumme von 14 816 Euro. Das liege laut Verwaltung an der kürzeren Laufzeit der Einlagen. „Wir wollen unser Geld kurzfristig einsetzen können“, erklärt Bürgermeister Steffen Döttinger. Auch angesichts der Inflation sei es sinnvoll, jetzt in die Infrastruktur zu investieren. Sanieren will die Kommune etwa die Sporthalle und die Brücke im Weiler Steinächle. Millioneninvestitionen stehen im Trinkwasser- und Abwasserwesen an.

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