Wohn- und Gewerbegebiete sollen für eine Trennung der Bereiche sorgen. Foto: (Werner Kuhnle)

Das Landratsamt Ludwigsburg geht dagegen vor, dass alte Betriebswohnungen in Gewerbegebieten ohne rechtliche Grundlage bewohnt werden. Das sollte mit Augenmaß geschehen.

Oberstenfeld/Großbottwar - Man mag beklagen, dass Behörden heutzutage alles rechtlich enger sehen. Das Wohnen im Gewerbegebiet wurde in den 1970er- und 1980er-Jahren noch eher hemdsärmelig und großzügig geregelt. Jetzt schauen die Baurechtsbehörden der Landratsämter schon genauer hin, wer in welchen Gebäuden in einem Gewerbegebiet wohnt – sie tun es aber in der Regel erst, wenn sie mit der Nase draufgestupst werden. Sprich: wenn ihnen ein solcher Fall angezeigt wird. Dann müssen sie allerdings handeln. So will es unser Rechtsstaat: Wo ein Kläger, da ein Richter. Deshalb müssen sich in Großbottwar und Oberstenfeld jetzt Bewohner von ehemaligen Betriebsgebäuden äußern – und möglicherweise aus ihren Häusern ausziehen.

Das klingt auf den ersten Blick nach Entwurzelung, und in der Tat würde sich bei einer allzu strikten Anwendung des Rechts die Frage stellen, ob man die Lebensleistung mancher Unternehmer nicht ignoriert, wenn man sie auf diesem Weg aus der jahrzehntelang bewohnten Betriebswohnung hinausjagt. Dass das Landratsamt ein Verfahren in Gang setzt, heißt aber nicht automatisch, dass der Rausschmiss sofort Fakt wird. Offenbar wird nach Einzelfall und mit Augenmaß entschieden. Das ist gut so. Denn die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist angespannt genug. Behörden sollten bei aller Konsequenz auf jeden Fall nach sozialen Gesichtspunkten den Vollzug gestalten.

Gewerbegebiete stärker für Wohnzwecke zu öffnen, erscheint als kreative Idee, mit leer stehenden Betriebswohnungen sinnvoll umzugehen. Es würden keine großen Umbaukosten entstehen – ob damit die gewerbliche Nutzung im Gebiet beeinträchtigt würde, wäre zu diskutieren. Ein Punkt ist der Lärmschutz. Im Gewerbegebiet dürfen mehr Emissionen entstehen – hätten Menschen dort Wohnrecht, müssten sich die Betriebe nach ihnen richten, was aber die Idee, das Gewerbe zu schützen, ad absurdum führen würde. So liegt der Ball bei den Nachfahren ehemaliger Betriebsinhaber, die Lösungen für alte Betriebswohnungen suchen müssen.

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