Auf dem Kleinbottwarer Friedhof steht der Gedenkstein. Foto: Sabine Armbruster

Der Friedensspaziergang am 1. September hat diesmal zum Grab von Erwin Kreetz geführt.

Kleinbottwar - Seit zehn Jahren führt der Marbacher und Bottwartaler Ortsverband der Partei Die Linke am 1. September einen Friedensspaziergang durch. An diesem Tag begann vor knapp 80 Jahren der Zweite Weltkrieg, und seit 60 Jahren rufen die Gewerkschaften zum Antikriegstag unter dem Motto „Nie wieder Krieg!“ auf.

Der diesjährige Spaziergang führte vom Grab des Deserteurs Erwin Kreetz auf dem Kleinbottwarer Friedhof bis zum Gedenkstein im Lapidarium oberhalb des Steinbruchs, in dem der vierfache Familienvater, der kurz zuvor seine Frau verloren hatte, von der Deutschen Wehrmacht hingerichtet und verscharrt worden war. Erst später sei sein Leichnam exhumiert und auf dem örtlichen Friedhof bestattet worden, erfuhren die knapp 20 Teilnehmer von Erhard Korn, der als ehemaliger Rektor auch mit der Steinheimer Heimatgeschichte vertraut ist. 1989 habe der damalige Bürgermeister Alfred Ulrich sich für die Errichtung des Gedenksteins eingesetzt, wusste Korn zu berichten.

„Zum ersten Mal seit 55 Jahren befinden wir uns in einer Situation, in der zwei Atommächte einander bedrohen“, warnte Korn, der auch Vorsitzender der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württembergs ist, und nahm damit Bezug auf den Konflikt zwischen den USA und Nordkorea. Und wie verheerend ein Krieg heute sein könne, darauf habe selbst der kürzlich von US-Präsident Trump geschasste Stephen Bannon hingewiesen – zehn Millionen Tote in 30 Minuten.

Die Gefahr sei deshalb so groß, weil die Erinnerung an die Schrecken des Krieges immer mehr verblasse, ist Erhard Korn überzeugt. Umso wichtiger sei es, das Gedenken mit der Pflege von Gräbern wie dem von Erwin Kreetz, die der SPD-Ortsverein übernimmt, wachzuhalten. „Das ist auch eine Anregung für die Kommunalpolitik, hier eine Gedenktafel aufzustellen“, meinte Korn. „Denn die meisten wissen gar nicht mehr, wer hier liegt.“ Dies umso mehr, als die ehemalige Inschrift „Opfer der NS-Gewaltherrschaft“ mit der Errichtung eines neuen Grabsteins und der Bestattung einer weiteren Soldatenleiche entfallen sei.

Der lokale Bundestagskandidat für die Linken, der Mundelsheimer Walter Kubach, hätte sich die Teilnahme von mehr jungen Menschen am Friedensspaziergang gewünscht. „Doch schön ist, dass auch die Schulen immer wieder etwas machen, wie etwa die Pflege des Russenfriedhofs in Pleidelsheim.“ Auch dorthin habe der Weg der Friedensaktivisten in den vergangenen zehn Jahren geführt, ebenso wie nach Benningen oder Marbach zu dortigen Gedenkstätten.

Auf dem Weg zum Lapidarium erzählte Erhard Korn noch die seiner Meinung nach „schönste Geschichte aus Kleinbottwar“. Das Rindenhaus im Park der Burg Schaubeck sei einst im Auftrag des damaligen Besitzers, eines Herrn von Kniestedt, als Spielhaus für den Besuch Napoleons mit seinem kleinen Sohn errichtet worden. Der geplante Besuch sei jedoch wegen des Russlandfeldzugs unterblieben.

Am Gedenkstein im Lapidarium hielt Wolfram Scheffbuch von der Ludwigsburger Gruppe der Deutschen Friedensgesellschaft abschließend einen Vortrag zum Thema Atomwaffen. „Die wenigsten wissen, dass es in Deutschland immer noch Atomwaffen gibt, die sogar modernisiert werden sollen“, sagte er.

Die Waffen, die den USA gehörten, lägen auf dem deutschen Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel, so Wolfram Scheffbuch . „Im Zweifelsfall heißt das, dass deutsche Flugzeuge mit den amerikanischen Atombomben losfliegen – das nennt man nukleare Teilhabe.“