Alfred Stephan hat unzählige Schüler aufs Leben vorbereitet. Foto: Ralf Poller/Avanti

Fünfmal hat Alfred Stephan seine Dienstzeit verlängert und den Ruhestand so hinausgezögert. Ende Juli geht er nun endgültig in Pension.

Länger kann man hierzulande nicht Lehrer sein. Am vergangenen Mittwoch hat Alfred Stephan, Rektor der Grundschule in Kirchberg, sein 50-jähriges Dienstjubiläum im Kreis der Kolleginnen und Kollegen gefeiert – mit etwas Verspätung, denn eigentlich war der große Tag schon im Februar. „Auch beim Schulamt haben sie gesagt, so etwas hätten sie bislang nicht gehabt“, sagt der 69-jährige Pädagoge zu seinem außergewöhnlich langen Berufsleben. Deshalb ist die Urkunde, die er aus diesem Anlass von Roland Jeck vom Schulamt überreicht bekam, auch von Ministerpräsident Winfried Kretschmann persönlich unterzeichnet.

Wer nun nachrechnet und sich fragt, ob Stephan bereits mit 19 Jahren mit dem Studium fertig war: Nein, aber seine Bundeswehrzeit und das nachfolgende Lehramtsstudium mit Schwerpunkt Sport und Mathematik an Hauptschulen zählen mit. Und im Alter von 19 Jahren wusste er auch längst, dass er Lehrer werden wollte. „Das war mir schon als Kind klar“, betont er.

Traumberuf Hauptschullehrer

Von seinem Traumberuf ließ er sich auch dadurch nicht abbringen, dass es in seiner Heimatstadt Hockenheim kein Gymnasium gab, sondern nur in Speyer, und dass seine Eltern sich das Schulgeld ohnehin nicht hätten leisten können. Er besuchte die Hockenheimer Realschule mit dem Aufbauzug für die fachgebundene Hochschulreife – das reichte für das Studium an der Pädagogischen Hochschule (PH) in Heidelberg.

Danach führte sein Weg ins Schwabenland, unter anderem an eine sechszügige Hauptschule in Stuttgart-Bad Cannstatt. „Für viele meiner Kollegen war das eine Horrorvorstellung, ich fand es toll.“ Denn, so sagt er: „Ich habe immer einen guten Draht zu den Schülern gehabt.“ Was mit zu den angenehmen Erinnerungen beiträgt, ist, dass seine dortige Leichtathletik-AG im damaligen Neckarstadion dreimal sehr erfolgreich an „Jugend trainiert für Olympia“ teilgenommen hat. Und weil er und seine AG dadurch einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hatten, wurden sie sogar zu einem internationalen Sportfest nach Rimini eingeladen – ein einmaliges Erlebnis, schwärmt er noch heute. Klar, dass auch den Kirchberger Schülern einiges in Sachen Sport geboten wird – vom Sponsorenlauf bis zum Einradfahren.

Schauen, dass aus den Schülern etwas wird

Überhaupt, so betont er, sei es immer seine Intention gewesen, die Schüler zu begeistern „und zu schauen, dass was aus ihnen wird.“ Deshalb freut er sich auch darüber, dass in seiner langen Karriere als Lehrer, Konrektor und Rektor ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat: „weg von der reinen Wissensvermittlung und hin zum Kompetenzerwerb. Es muss ein großes Ziel sein, die Schüler zur Selbstständigkeit zu erziehen.“

Das sieht er auch bei seiner jetzigen Arbeit an der Kirchberger Schule so, an der er 2007 als Rektor begonnen hat. Als im Jahr 2018 die Werkrealschule geschlossen wurde und nur noch die Grundschule übrig blieb, habe ihm „das Herz geblutet“, sagt er. Und er ist sich sicher, dass es einen Sinn gehabt hätte, das Modell Werkrealschule weiterzuführen. „Viele Betriebe haben lieber einen guten Werkrealschüler genommen als einen schlechten Realschüler“, hat er beobachtet.

Auch mit den Grundschülern komme er gut klar. Aber er hat festgestellt, dass die Kleinen schnell fragen, was sie denn machen sollten. „Möglicherweise haben da manche Eltern nicht genügend Geduld, um zu warten, bis es von alleine läuft,“ vermutet er.

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Mit Geduld zu mehr Selbstständigkeit

Am 22. Juli geht Stephan in den Ruhestand. Auch da dürfte sein Herz bluten. Aber mehr als fünfmal kann man die Dienstzeit nicht verlängern. Sonst hätte er, trotz eines Unfalls im letzten Jahr, weiter unterrichtet. Er ist eben ein Lehrer aus Leidenschaft.