Geht es um mehr als nur um das Erlernen der Muttersprache? Foto: Archiv (dpa

Der Kirchberger Gemeinderat hat türkischen muttersprachlichen Ergänzungsunterricht an der Schule im Ort abgelehnt.

Kirchberg - Die Sitzungsvorlage für den Kirchberger Gemeinderat trug Zündstoff in sich: Einige Eltern hätten angeregt, in den Räumlichkeiten der Grundschule einen türkisch-muttersprachlichen Unterricht anzubieten. Träger sei das türkische Generalkonsulat Stuttgart. Das Schulamt habe die Gemeindeverwaltung darüber informiert, dass ein solches Angebot bereits an vielen Schulen üblich sei, und begrüße den Zusatzunterricht. Auch der Rektor Alfred Stephan habe sich dafür ausgesprochen.

Bürgermeister Frank Hornek erklärte in seiner Einführung zum Thema, er würde das für ein Schuljahr so mittragen, „auch wenn sich nicht verhehlen lässt, dass da sehr viel türkisches Brauchtum unterrichtet wird.“ Das ging aus dem beigefügten Themenplan hervor, der zum Erlernen der türkischen Sprache dienen soll. Zum türkischen Brauchtum gehören laut Plan des Generalkonsulats unter anderem eine „Abschiedsfeier für Wehrpflichtige“ oder die „türkische Kultur aus der Sicht der Europäer“.

Rektor Stephan erläuterte, dass für einen solchen Zusatzunterricht mindestens acht Schüler nötig seien, neun hätten sich gemeldet. Er habe nach einem Gespräch mit den vorgesehenen Lehrern den Eindruck gewonnen, dass es um das Erlernen der türkischen Sprache gehe. Es sei mit zwei Wochenstunden auch eher eine AG als ein regulärer Unterricht.

Christoph Berroth (UBK) verlas dazu eine Stellungnahme, die auch von BUK und Gesundem Gemeinwesen mitgetragen werde. So nachvollziehbar der Wunsch sei, die türkische Sprache und die türkische Sicht der Dinge zu bewahren, erklärte er darin, so problematisch sei es, dass hinter dem geplanten Unterricht das türkische Konsulat stehe und damit der türkische Staat und die Person Erdogan. „Das ist weder zeitgemäß noch erforderlich“, erklärte Berroth. „Zudem ist ein solcher Unterricht auch der Integration nicht förderlich.“ Es sei auch nicht Sache der Schule, Kinder mit den Wurzeln ihrer Herkunft vertraut zu machen. Das Ziel sollte vielmehr sein, dass Deutschland als Heimat empfunden werde.

Gudrun Wilhelm (Freie Liste Kirchberg) argumentierte, Integration und das Beherrschen der deutschen Sprache seien natürlich wichtig, sie habe aber nichts dagegen, wenn das Konsulat etwas fördere, das jeder Nationalität offenstehe. „Wir müssen so ein offenes Land sein, dass wir das aushalten.“ Manuela Vodopija (Freie Liste Kirchberg) wollte wissen, ob denn auch deutsche Kinder an einem solchen Unterricht teilnehmen dürften. Alfred Stephan meinte, da sei er überfragt.

Ulf Schmid (Gesundes Gemeinwesen) verwies auf eine EU-Richtlinie von 1977, wo es um den muttersprachlichen Unterricht von Wanderarbeiter-Kindern gehe. Da sei so etwas sinnvoll. „Aber das ist bei den Familien, die dauerhaft in Kirchberg sind, nicht der Fall.“ Darüber hinaus erklärte er zum Themenplan: „Ich finde so gut wie nichts, wo es um die Sprache geht, es geht nur um türkisches Brauchtum.“ Und er warnte: „Kinder in diesem Alter lassen sich sehr leicht prägen, und wir müssen uns fragen: Wie viel Einfluss kann der türkische Staat hier haben?“ Auch Erich Drexler (Gesundes Gemeinwesen) schloss sich dem an: „Wir müssen nicht für Herrn Erdogan Räume zur Verfügung stellen.“ Und Christoph Berroth warnte davor, aus Angst, in die rechte Ecke gestellt zu werden, etwas „schönzuschwätzen“. „Deshalb ist es gut, dass wir hier offen diskutieren.“

Manuela Vodopija brachte es schließlich auf den Punkt: „Die Kinder, die ich kenne, sprechen zu Hause doch sowieso türkisch.“ Im Übrigen wüchsen ihre eigenen Kinder auch zweisprachig mit Deutsch und Kroatisch auf, „und ich würde nie erwarten, dass in der Grundschule Kroatisch angeboten wird.“ Am Ende stimmten nur Gudrun Wilhelm und Bürgermeister Frank Hornek für einen einjährigen Versuch, alle anderen sprachen sich dagegen aus.