Aus dem Hauptort kommen die Raser hochgeschossen. Ulrich Jäckle und Norbert Kuhnt (rechts) kämpfen dagegen an. Foto:  

Nicht nur Lärm durch Motorrad-Tourismus ist ein Problem, auch die Sicherheit leidet, meinen Bürger.

Kirchberg - Mulmig ist Ulrich Jäckle, wenn er mit Pferden aus seinem Islandponyhof im Kirchberger Ortsteil Neuhof die vorgelagerte Kreisstraße 1835 überquert. „Da kommt es oft zu brenzligen Situationen“, sagt der Pferdehalter. Zwar haben die Verkehrsbehörden das vorgeschriebene Tempo vor der Abbiegung nach Neuhof auf 70 Stundenkilometer gedrosselt, doch schere das Motorradfahrer aber auch Autofahrer wenig, die mit deutlich höherer Geschwindigkeit aus der kurvenreichen etwa zwei Kilometer langen Strecke aus Richtung Kirchberg geschossen kämen. „Viele von den Bikern filmen sich gegenseitig vom Straßenrand aus, wie sie durch die sieben Kurven fahren.“

Der Motorrad-Tourismus mit seinem Lärm ist auch Norbert Kuhnt ein Dorn im Auge. Der 67-Jährige wohnt seit 1979 im Weiler Neuhof zwischen Kirchberg und Affalterbach. „Die Probleme am Wochenende haben so um das Jahr 2000 begonnen“, erinnert er sich. Seitdem habe es sich – auch durch das Internet – unter Bikern herumgesprochen, dass man es auf der kurvenreichen Straße mit erlaubtem Tempo 100 krachen lassen kann.

Norbert Kuhnt blieb jedoch im Laufe seines langen Kampfes gegen den Lärm nicht untätig. Das Mitglied der Aktion Umweltschutz Kirchberg sammelte im Jahr 2011 Unterschriften – fast 250 Bürger, auch aus dem entfernten Kirchberger Baugebiet Rappenberg, unterschrieben, dass sie der Verkehrslärm störe, an dem auch PS-starke Autos beteiligt seien, so Kuhnt. Als wichtigste Waffe in seinem Kampf hat der langjährige Gemeinderat das persönliche Gespräch mit den Motorradfahrern entdeckt. „Ich habe mein Fahrrad immer vor meiner Garage stehen“, erzählt er. Sobald jemand mehrmals laut vorbeifahre, begebe er sich an die Bushaltestelle und spreche die Biker an. „Ich möchte, dass sie überlegen, was sie mit der lauten Raserei bei den Anwohnern auslösen.“ Er selbst etwa könne nicht ruhig auf der Terrasse sitzen und ein Buch lesen. „Mir ist auch klar, dass es nur eine Minderheit ist, die sich so benimmt.“ Diese Biker würden noch nicht mal das Visier aufklappen, wenn er sie anspreche. „Man muss da auch aufpassen, ich bin alleine und das sind oft drei, vier oder fünf.“

Kuhnt hat sich aber auch Respekt verschafft: Einige Raser fahren ganz weg, wenn sie ihn an der Haltestelle sehen. Seine einmal vorgebrachten Argumente ziehen, droht er doch, die Kennzeichen zu notieren und weiterzugeben. Die Gelbe Karte, im Rems-Murr-Kreis gegen Motorradlärm etabliert (wir berichteten), kann dazu führen, dass der Fahrer von den Behörden zu einem Test vorgeladen wird.

Ewig will der Rentner den unangenehmen Job an der Straße jedoch nicht mehr verrichten. „Mir ist klar, dass es wieder mehr Raser werden, wenn ich es nicht mehr mache.“ Hoffnung setzt der ehemalige Leiter in der Verpackungsindustrie auf das neue Bündnis gegen den Motorradlärm von Land und Kommunen. Ob auch die Gemeinde Kirchberg mitmacht, soll der Gemeinderat entscheiden, teilt der Kirchberger Bürgermeister Frank Hornek auf Nachfrage mit. Das Land fördert den Kauf von 15 000 Euro teuren Displays mit 4000 Euro. Damit kann Lärm gemessen und bestraft werden. Zuletzt waren etwa 40 Kommunen beigetreten.