Viele Bürgerinnen und Bürger waren in die Gemeindehalle gekommen, um das runde Jubiläum gebührend zu feiern. Foto: Werner Kuhnle

Mit einem Festakt in der Rielingshäuser Gemeindehalle wurde das 50-Jahr-Jubiläum zur Eingemeindung des Ortes nach Marbach gefeiert.

Was zehn Jahre nach der Eingemeindung von Rielingshausen nach Marbach noch als „glückliche Ehe“ bezeichnet wurde, lautete weitere zehn Jahre später schon „Vernunftehe“. Wie auch immer die jeweiligen Stadtväter auf die Tatsache blickten: der authentisch gebliebene Ortsteil ist seit 50 Jahren erfolgreich der Schillerstadt angeschlossen. Ein Wandel, der durch die Verwaltungsreform ausgelöst und 1972 besiegelt wurde. Und einer, der den Bürgern dazu verhalf, „die Lebensqualität zu erhalten und sogar zu verbessern“, wie Bürgermeister Jan Trost beim Jubiläums-Festakt anmerkte.

„Tragfähige Basis für die Zukunft“

Es sei wohl ein einschneidendes Ereignis gewesen, bei dem die Wellen – ausgelöst durch die Verwaltungsreform – „mitunter hoch schlugen“, so der Schultes weiter, der die Historie freilich nur aus der Aktenlage kennt und allen Akteuren für deren Einsatz und Kreativität dankte. Für den aktuellen Amtsinhaber ist wichtig, dass es „durch die Synergieeffekte viele Vorteile für beide Seiten“ gebe und „eine tragfähige Basis für die Zukunft“ geschaffen worden sei.

Der Ortsvorsteher, Jens Peter Knittel war der Überzeugung, dass Marbach sich mit der Eingemeindung eine Perle geangelt habe. „Oder war es andersrum?“, fragte er schmunzelnd in den Saal, der nicht voll, aber sehr gut besucht war. Knittel skizzierte die „enorme Zunahme der Verwaltungsaufgaben“, die man wirtschaftlich und von der Kapazität her, bewältigen müsse und nannte einige große Vorhaben in der Gemeinde, die für die nächsten Jahre anstehen.

Freiwillig für die Eingemeindung nach Marbach ausgesprochen

Stadtarchivar Albrecht Gühring hatte zum Festakt nicht nur sein druckfrisches Buch „Rielingshausen und Marbach“ mitgebracht; er offerierte den Besuchern zudem das Resultat seiner Geschichts-Recherchen, die „auch für mich viele Überraschungen ergeben haben“. Damit brachte er einen pointierten Vortrag zu Gehör, der durch die Akzente seines trockenen Humors alles andere als staubtrocken war. Wichtig auch: Mit einem Bürgerentscheid 1972 hatten sich die Rielingshäuser freiwillig für die Eingemeindung nach Marbach ausgesprochen. Gühring war als Tubist überdies Teil des Paracelsus-Blechbläserquintetts, das an dem Abend für die musikalische Gestaltung zuständig war.

Deutliche Zeichen einer Burlesque trug die Talkrunde mit fünf sogenannten Zeitzeugen. Moderator Fabian Friedl deutete den Begriff Zeitzeuge jedoch flugs um in „Zeitgestalter“. Ihn störte der passive Bezug zum Wort Zeuge, der ihm bei den Polit-Akteuren rund um die Eingemeindung nicht angemessen schien. Die damaligen Ortsvorsteher und Gemeinderäte Walter Stirm – damals übrigens der Jüngste im Ortschaftsrat von Rielingshausen – Emil Stickel, Walter Bogner, Hermann Schick, Wolfgang Binder sowie Archivar Albrecht Gühring gaben in launiger und individueller Weise Auskunft. Sie präsentierten dabei nicht nur ihre Sicht auf ein zu jener Zeit brisantes Thema, sondern jede Menge Anekdoten und humorvolle Neckereien: sehr zum Gefallen und zum Amüsement der Zuhörenden.

„Du bisch d’r Jüngschte, du gehsch zur SPD“

Dabei erfuhr das Publikum auch, dass neun von zehn Räten sich für Marbach ausgesprochen hatten; plus einer Enthaltung. Wolfgang Binder outete sich als Befürworter Steinheims, „wo ich zur Arbeit gegangen bin“. Harmonisch wäre die Zustimmung für Marbach später jedoch auch bei ihm erfolgt. Im Freestyle-Verfahren hätte die Zuordnung der vier Räte auf die Fraktionen in Marbach stattgefunden. „Du bisch d’r Jüngschte, du gehsch zur SPD“, soll es in einem Fall geheißen haben.

Hintergründig gestaltete sich die Erinnerung an die sogenannten „Nachsitzungen“ des Gemeinderats. Zusammenkünfte, die meist im Gasthaus Sonne, dessen Wirt „Schloaferle“ genannt wurde, stattgefunden hätten und bei denen man sich „viel unproblematischer die Meinung habe sagen können“. Die Gesprächsrunde führte rasch ihr Eigenleben und driftete immer wieder von den eigentlichen Fragestellungen Fabian Friedls ab. Dabei kam längst in Vergessenheit Geratenes zum Vorschein und sorgte regelmäßig für lebhaftes Gelächter. Walter Stirm markierte zum Schluss hin eine wichtige Botschaft: „Es ist deshalb so gut gelaufen, weil wir die Bürgerschaft von Anfang an voll eingebunden hatten.“

Info: Bis voraussichtlich 24. Juli ist in der Kelter Rielingshausen eine Ausstellung mit Stelen und Bildern zu sehen. Besonders interessant sind die Vitrinen mit Objekten, die noch nie gezeigt wurden. Für Konzeption und Gestaltung der Ausstellung zeichnen das Stadtarchiv Marbach und die Marbacher Grafikerin Stefanie Grams verantwortlich.