Joachim „Jo“ Kieferle ist Mediziner und Musiker. Das Gitarrespielen hat er sich in jungen Jahren selbst beigebracht. Foto:  

Joachim Kieferle ist angesehener Arzt und Spezialist für Diabetiker. Daneben bewältigt er mit seiner Band „Ian Key“ im Schnitt 20 Auftritte pro Jahr. Jetzt hat das Multitalent obendrein noch eine hybride Gitarre erfunden.

Erdmannhausen - Manche Menschen haben keine außergewöhnlichen Talente und sind damit auch zufrieden. Andere Menschen wiederum haben zwar Talente, doch setzten sie nicht ein und kommen nie ins Tun. Viele wünschten sich Talente, und würden sie mit ganzem Herzen einsetzen. Und ganz selten haben Menschen nicht nur gleich vielerlei Talente, sondern entwickeln und legen bei deren Umsetzung eine für manch Beistehenden fast schon unfassbare Lebensenergie an den Tag.

Mediziner oder doch lieber Toningenieur?

Genau so ist das bei Joachim Kieferle. Dem gebürtigen Marbacher war in jungen Jahren im Unterricht Friedrich-Schiller-Gymnasium langweilig. Der Lehrer wollte die Schüler Plattencover bewerten lassen. Kieferle dagegen entwarf kurzerhand sein eigenes Band- und Plattenlogo. Das war der Anfang und die Vorstufe seiner Band Ian Key. „Schon mit elf Jahren ging ich in eine Orgelschule, doch das war eine nur mäßig lustige Erfahrung”, beschreibt er seine ersten musikalisch eher frustrierenden Gehversuche. Zu gerne hätte er Klavier erlernt, doch das war so groß und teuer. Also brachte er sich selbst das Gitarrenspielen bei.

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Nicht seine einzige Leidenschaft. „Die Medizin war schon immer meins”, schildert Kieferle seine andere Lebenslinie. „Lange habe ich zwischen dem Studium als Toningenieur oder eben der Medizin geschwankt”, erinnert er sich. Letzteres setzte sich durch. Direkt nach dem Abitur ging es an die Uni, das Studium schloss Kieferle mit 25 Jahren ab und nur vier Jahre später war er einer der jüngsten Fachärzte. Heute ist er Arzt für Allgemeinmedizin, Diabetologe und hilft dabei zuckerkranken Menschen besser mit ihrer Krankheit zu leben. Obendrein zeichnet er eine der beiden Fußambulanzen im Ludwigsburger Landkreis verantwortlich.

Über 600 Lieder hat „Jo“ Kieferle bisher geschrieben

Das wäre für viele Menschen genügend Tagwerk. Doch nicht für Joachim Kieferle: er hat noch einen Lehrauftrag an der Uni, hält rund 20 Vorträge im Jahr und ist Autor eines bekannten Schulungsprogramms für Schwangerschaftsdiabetologie. Da ist dann die Musik willkommene Entspannung und Ausgleich. „Heute habe ich wieder an einem Song geschrieben”, erzählt er, und im Titel „What Are You Waiting For” würde er viel aus seiner ärztlichen Praxis verarbeiten. Ein Freund habe sich nicht gegen Corona impfen lassen, seine Frau angesteckt, die fünf Tage später daran verstorben wäre. Mit der Frage „Worauf wartest Du noch?” würde er heute viel subtiler an viele Themen beim Songschreiben herangehen als noch in seinen Anfangsjahren.

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Zwischenzeitlich hat er rund 600 Lieder geschrieben, die meisten davon in englischer Sprache. Dies ist nicht seine Muttersprache, daher habe es ihn ganz besonders gefreut, dass sich neulich ein Bassist aus Memphis in Tennessee gemeldet hat. „Ihm haben unsere Texte gefallen“, freut sich Kieferle über diese Rückmeldung von einem Muttersprachler und Musikerkollegen. „Der Mann wollte in seinem beruflichen Jahr in Deutschland bei uns in der Band mitmachen“, beschreibt der Arzt und Musiker diesen Kontakt in die USA.

Die Hybridgitarre könnte sein großer Wurf werden

Und bei der Ian Key Band steht in naher Zukunft einiges auf dem Plan. Im Frühjahr erscheint das nächste Album „HybrIAN” mit zehn neuen Songs. „Das waren intensive eineinhalb Jahre”, schildert Joachim Kieferle die arbeitsreiche Zeit für das neue Album. Der Titel ist dabei beinahe Programm. Er habe sich viel mit Gitarren beschäftigt und sich stets entweder für eine Akustikgitarre oder E-Gitarre entscheiden zu müssen, missfiel dem kreativen Geist.

So hat er schließlich nach viel Tüftelei eine hybride Gitarre, also eine Mischung aus Akustik- und E-Gitarre selbst entworfen. Ein Donzdorfer Instrumentenbauer wird mit ihm die ersten Exemplare bauen. Das in der Branche geschätzte Musikhaus Thomann will Kieferles fertiges Instrument dann im Anschluss mit vertreiben. Es gehört wohl nicht viel Fantasie dazu, dass das ein großer Wurf in der Musikszene werden könnte. „Ganz tief in mir habe ich an Gitarren immer etwas vermisst. Ich wollte eine natürliche akustische Gitarre spielen. Und dann – mit einem Klick – sollte es wie eine E-Gitarre klingen. Verzerrt, mit hohem Volumen und ohne Feedback”, fasst Kieferle seine Vision für diese Erfindung zusammen.

Die Medizin wird er niemals aufgeben

Kurz darauf macht sich Kieferle auf den Weg zur Bandprobe. Er ist zu spät dran. Sängerin Andrea Eichhorn, die außerdem noch bei den Ludwigsburger Abendsternen singt, steht am Keyboard und wartet auf den Start. „Sie hat eine außerordentliche Stimme, ist eine gute Zuhörerin und fügt sich nicht nur wunderbar ein, sondern gleicht uns aus und hält uns zusammen”, schwärmt Kieferle von ihrer Rolle in der Band. Nicht selbstverständlich, denn „je talentierter der Musiker, desto schwieriger ist er als Mensch“, hat Kieferle im Laufe der Zeit oftmals erfahren müssen. Auch Ioannis Fragos am Bass und Andre Bechtel an den Drums haben sich schon warm gespielt und warten auf ihren „Jo“.

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Neues Album, neue Gitarre – gut möglich, dass Joachim Kieferle mit der Musik bald so richtig durchstarten und größere Erfolge verzeichnen könnte. Doch ganz egal, was die Zukunft mit sich bringt. In einer Sache ist sich der Mann mit den vielen Talenten ganz sicher: „Als Mediziner würde ich deswegen nie aufhören.“