Architekt Michael Jöllenbeck (links) und Bürgermeister Ralf Zimmermann freuen sich mit den Bürgern über die fertiggestellte Halle. Foto: avanti

Bei einer Feier mit geladenen Gästen ist das Gebäude am Freitagabend nach langer Anlaufzeit offiziell eingeweiht worden. Die Halle soll vor allem der Kultur dienen.

Großbottwar - Endlich“ – an diesem Wort kam bei der Einweihung der Harzberghalle in Großbottwar kein Festredner vorbei. Kein Wunder: 17 Jahre vergingen, seit die Planung startete. Jetzt konnte die Halle wegen der Pandemie zwar nur mit etwas mehr als 100 geladenen Gästen gefeiert werden. Die Bürger können das Gebäude aber am Sonntag von 11 bis 14 Uhr kennenlernen.

Untermalt von Beiträgen des Harmonikavereins Großbottwar-Oberstenfeld, des Bottwartäler Winzerchors und der Musikakademie Staudenmaier wurde der Abend schnell feierlich. Die Darbietungen waren ein gelungener Vorgeschmack auf eine der vielen Bestimmungen der Halle: Vielfältiger Kultur eine Bühne zu geben. „Ich hoffe, dass die kulturtreibenden Vereine diese gute Stube intensiv nutzen werden“, sagte Bürgermeister Ralf Zimmermann, der viele Vereinsvertreter sowie die Landtagsabgeordneten Tayfun Tok und Tobias Vogt begrüßte.

Holzbau hat gleich mehrere Vorteile

Um die Halle sei hart gerungen worden – was aber zeige, wie wichtig sie ist. „Unser gemeinsames Diskutieren hat sich gelohnt“, sagte Zimmermann in Richtung des Gemeinderats, der über fünf Wahlperioden mit dem Gebäude beschäftigt war. „Und jetzt darf Großbottwar stolz auf diese Halle sein.“

Der Architekt Michael Jöllenbeck hatte den Gästen Schlüssel in Gebäckform mitgebracht. „Das Ergebnis des Baus zeugt von Qualität, und Qualität hat Bestand“, sagte er. 14 Ingenieurbüros seien beteiligt gewesen, 35 Firmen und 200 Ausführende. „Die Beteiligten haben ihr Bestes gegeben, die meisten zumindest“, ging er auf so manches Problem ein. Doch es gibt vor allem viel Gutes: Man ahne nicht, welche komplexe Technik in dem Haus stecke. Und durch den Holzbau sei nicht nur CO2 eingespart worden, das Material sei auch ideal für die Akustik. „Jetzt soll das Gebäude zum Dreh- und Angelpunkt des gesellschaftlichen Lebens werden.“ Pius Angstenberger gratulierte als Kirchenvertreter zum gelungenen Werk, das als Anziehungspunkt gedacht sei mit der Aufgabe, Menschen zusammenzuführen.

Hinter den Vereinen liegt schwierige Zeit

Markus Brosi sprach im Namen der Vereine und dankte allen Vereinsvorsitzenden für das zusätzliche Engagement, das die lange Zeit fehlende Halle erfordert hatte. Er schloss die Kommunen Oberstenfeld und Steinheim mit ein, die Alternativ-Kapazitäten bereitgestellt hatten. „Die Halle ist nun für alle Vereine und die gesamte Bürgerschaft gedacht“, hob er hervor. Jeder Euro sei gut investiert worden. Dass der Prozess dorthin nicht einfach war, zeigt ein Rückblick.

Die alte Stadthalle (1927 bis 2012) 1913 fordert der Turnverein den Bau einer Halle. Der Erste Weltkrieg kommt dem aber in die Quere. Überstanden werden muss auch die Inflation – ehe 1925 der zweijährige Bau an der Kleinaspacher Straße beginnt. Unter Mitwirkung der Bürger entsteht die einzige Halle zwischen Stuttgart und Heilbronn, die mit drei Räumen als Turn-, Versammlungs- und Festhalle dient. Als solche wird sie rege genutzt – bis 1933. Dann dient sie fünf Jahre als Reichsarbeitsdienstlager. Während des Zweiten Weltkrieges wird in ihr unterrichtet, vor dem Kriegsende kommen Wehrmachtssoldaten unter. Später beschlagnahmen die Amerikaner die Halle – ehe Monate später das Vereinsleben aufblüht.

Bei einer Sanierung 1970/71 wird das Gebäude um ein Restaurant und Kegelbahnen erweitert. Bis in die 2000er ist die Halle der Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Sie wird aber marode, und es stellt sich die Frage: sanieren oder abreißen? Bald gibt’s Tendenzen für einen Neubau im Winzerhäuser Tal. Denn die Sanierung wäre sehr teuer. Die Diskussion nimmt Fahrt auf, als das beliebte Pächterpaar Djirlic kündigt. 2012 kommt der Abrissbagger. Zum Abschied gibt’s eine Party und einen Flohmarkt. Mit anderen Events war man schon Jahre zuvor ausgewichen.

Der lange Weg zur Harzberghalle Ab 2008 sichert sich die Stadt Grundstücke im Winzerhäuser Tal. Noch werden sechs Standorte geprüft – man hofft auf eine Fertigstellung bis 2012. Später rückt das zentrale Gmelich-Areal als Alternative in den Fokus. Hier wäre die Stadt Mieter der von einem Investor gebauten Halle, im Winzerhäuser Tal wäre sie Bauherr. 2013 fällt die Entscheidung auf Zweiteres, noch müssen aber 22 der 73 Stücke in der Kleingartenanlage gekauft werden. Das dauert länger als erwartet, der Standort gerät aber nicht in Gefahr.

2014 beteiligen sich 219 Architekten am Wettbewerb – selbst aus Barcelona. Mit dem Zuschlag an Jöllenbeck+Wolf beginnt die Detailplanung. 2015 steigen die Kosten von 4,6 auf 5,9 Millionen Euro. Mit der Außenanlage liegt man später bei 7,3 Millionen. Und: Im selben Jahr werden Zauneidechsen entdeckt. Weil ein Ausweichquartier für sie schwierig zu finden ist, werden die 19 Tiere erst 2017 umgesiedelt. Im November folgt der Spatenstich. Beim Bau läuft aber nicht alles rund: Betonsäulen müssen wieder abgerissen werden, die Eingangstreppen gelingen erst beim dritten Versuch, das Parkett macht Probleme, eine Malerfirma geht insolvent. Die für Oktober 2019 angesetzte Eröffnung wird verschoben – und zum Ersatztermin im März 2020 kommt Corona auf. Die Einweihung der rund acht Millionen Euro teuren Halle muss bis Oktober 2021 warten.