Jodtabletten sollen im Ernstfall die Menschen schützen. Foto: dpa/Emily Wabitsch

Sollte sich in einem Kernkraftwerk ein Unfall ereignen, könnten Jodtabletten zumindest vor radioaktivem Jod schützen. Jetzt werden im Regierungspräsidium Stuttgart deshalb 12,9 Millionen Tabletten neu verteilt.

Marbach/Stuttgart - Seit Anfang des Jahres 2020 läuft der Beschaffungsprozess des Bundes für neue Jodtabletten, um die vorhandenen Bestände zu erneuern. Für den Regierungsbezirk Stuttgart sind rund 12,9  Millionen Jodtabletten vorgesehen, die anhand der Bevölkerungszahlen an die Stadt- und Landkreise verteilt werden. Dies hat das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart am Freitag in einem Pressetext bekannt gegeben.

Basierend auf den Empfehlungen der Strahlenschutzkommission planen die Regierungspräsidien in Baden-Württemberg Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung, um für einen eventuellen kerntechnischen Unfall vorbereitet zu sein.

Eine dieser Schutzmaßnahmen ist laut RP die sogenannte Jodprophylaxe – die Jodblockade der Schilddrüse mit speziellen Jodtabletten: Falls bei schweren Unfall in einem Kernkraftwerk radioaktives Jod austrete, könne dieses Jod durch Einatmen vom Körper aufgenommen und in der Schilddrüse gespeichert werden. Damit die Menschen im unwahrscheinlichen Fall eines solchen Unfalls davor geschützt würden, planten die Katastrophenschutzbehörden das Verteilen spezieller Jodtabletten, die das Einlagern von radioaktivem Jod in der Schilddrüse verhindern sollen.

Zukünftig werden die Jodtabletten im gesamten Regierungsbezirk ortsnah und dezentral gelagert, um den Bereitstellungsprozess, die Ausgabe der Jodtabletten an die Bevölkerung im Bedarfsfall zu verkürzen, teilt die Behörde mit.

Auch ein möglicher Mehrbedarf für Personen, die sich nur vorübergehend in den Kommunen aufhalten, zum Beispiel Pendler, Studierende oder Touristen, wird laut RP in den Planungen berücksichtigt.

In der ersten Augustwoche werden im Regierungsbezirk Stuttgart die ersten Chargen der Jodtabletten für die Stadt- und Landkreise angeliefert. Die Anlieferung und Verteilung im Regierungsbezirk erstreckt sich aus logistischen Gründen über einen Zeitraum von vier Wochen. Erst wenn die Jodtabletten für die Bevölkerung planungsgemäß in den Stadt- und Landkreisen im Regierungsbezirk angekommen sind, werden die Altbestände vernichtet.

In Baden-Württemberg wird derzeit noch ein Kernkraftwerk, das EnBW-Kernkraftwerk Neckarwestheim, GKN II im Regierungsbezirk Stuttgart betrieben.

Das RP Stuttgart weist darauf hin, dass bei rechtzeitiger Einnahme von Jodtabletten die Schilddrüse bereits mit nicht-radioaktivem Jod gesättigt sei, bevor radioaktives Jod durch Einatmen aufgenommen werden könne. Das schütze vor einer erhöhten Gefahr, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken.

Der Regierungspräsident Wolfgang Reimer wird im Pressetext zitiert: „Wir entwickeln auf Basis der Rahmenempfehlungen des Innenministeriums Baden-Württemberg und der Empfehlungen der Strahlenschutzkommission gemeinsam mit den beteiligten Stadt- und Landkreisen abgestimmte Konzepte, um die neuen Jodtabletten in der Fläche vorzuhalten und für deren Ausgabe im Bedarfsfall vorzusorgen.“ Die Umsetzung der Jodprophylaxe sei ein wichtiges Etappenziel in der Katastropheneinsatzplanung des Regierungspräsidiums Stuttgart zum Schutz der Bevölkerung.

Weitere Informationen auf der Internetseite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit unter https://www.jodblockade.de/.