Die Arbeiter rückten vor allem Buchen und Eschen zu Leibe. Foto: Werner Kuhnle

In Beilstein-Farnersberg sind am Mittwoch kranke Eschen am Straßenrand gefällt worden, weil sie umzukippen drohten. Der Waldbart ist ein Zeichen für professionelle Forstarbeit.

Beilstein - An der Gemeindeverbindungsstraße zwischen Beilstein-Etzlenswenden und Unterheinriet, die durch Farnersberg führt, liegt am Mittwochmorgen der Geruch von frischen Sägespänen in der Luft. Mitarbeiter des Beilsteiner Bauhofs haben die Straße am frühen Morgen abgesperrt. Vier Männer mit Hosen und Westen mit signalorangenen Streifen sind im Wald unterwegs, immer wieder ist das laute Geräusch der Motorsägen und Warnrufe zu hören. Im Auftrag des Forstreviers Beilstein fällen die Waldarbeiter der Firma Mike Leiss aus Wüstenrot kranke Bäume entlang der Straße, die sonst umzukippen drohen und eine Gefahr für Spaziergänger, Radfahrer und Autofahrer wären.

Insbesondere Eschen, aber auch Buchen rücken die Fachleute mit der Motorsäge zu Leibe. „Seit rund zehn Jahren beobachten wir ein verstärktes Eschentriebsterben“, erklärt Förster Oliver Muth vom Forstrevier Beilstein. Verantwortlich dafür ist das so genannte Falsche Weiße Stängelbecherchen, eine Pilzmutation, die aus Asien über Osteuropa den Weg bis in unsere Breitengrade gefunden hat. „Das Ganze ist eine Folge des Klimawandels. Die Ahorn-Rußrinden-Krankheit und das Eschentriebsterben beschäftigen uns ziemlich“, führt Oliver Muth weiter aus.

Erkennbar sind die erkrankten Eschen an ihren lichteren Kronen und vertrockneten Zweigen. „Der Pilz befällt die Wasserleitungsbahnen des Baumes, dadurch gehen die Kronen und Wurzeln kaputt“, erläutert Oliver Muth. In drei bis fünf Jahren wären die Bäume tot. Es dauert nur wenige Minuten, bis die Waldarbeiter die 30 bis 35 Meter hohen und bis zu 100 Jahre alten Eschen zu Fall gebracht haben. Doch die Arbeit ist gefährlich und es ist Fachwissen und Geschick vonnöten, damit ein solcher Baum in die richtige Richtung fällt. Die Bäume, die gefällt werden sollen, wurden bei einer Kontrolle, die zweimal pro Jahr stattfindet, markiert. „Wir schauen uns die Bäume einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand an“, erklärt Vivian Beschmann, Trainee beim Forstrevier in Beilstein. Bevor ein Waldarbeiter die Säge zum ersten Mal ansetzt, schaut er sich genau an, wie die Gewichtsverteilung des Baumes ist und legt die Richtung fest, in die der Baum fallen soll. Der fast schon lyrisch anmutende Begriff im Forstwesen dafür heißt „Baumansprache“. „Dann werden kleine Äste und Gestrüpp abgesägt, damit der Arbeiter zu seinem Schutz von der Fallrichtung weg zurückweichen kann“, erklärt Vivian Beschmann.

Als erstes setzt der Waldarbeiter den so genannten Fallkerb. „Er bestimmt, in welche Richtung der Baum fallen soll und hat ein Drittel bis ein Fünftel des Stammdurchmessers“, sagt die 22-Jährige. Anschließend folgt der so genannte Fällschnitt. Die Säge wird dabei einige Zentimeter oberhalb der Fallkerb angesetzt. „Dadurch entstehen eine Bruchleiste und eine Bruchstufe, die beim Fallen wie ein Scharnier wirken“, ergänzt Vivian Beschmann. Am Ende bleibt ein so genanntes Halteband stehen. Erst wenn dieses mit der Säge durchtrennt wird, kommt der Baum zu Fall.

Die an der Bruchleiste des gefällten Baumes verbleibenden Holzteile und –fransen tragen den schönen Fachbegriff „Holzbart“. „Holzbart ist ein Zeichen dafür, dass die Arbeiten technisch sauber und professionell ausgeführt wurden“, sagt Oliver Muth. Die Waldarbeiter sägen sie in der Regel jedoch sofort ab. „Glatte Stämme sind beim Holzverkauf einfach ästhetischer, das ist eine Frage der Optik“, sagt Oliver Muth.

Bevor es aber zum Holzverkauf kommen kann, müssen die gefällten Bäume, die meistens quer über die Straße gefallen sind, an den Straßenrand gerückt werden. Das ist die Aufgabe von Herbert Sammet, der mit seinem so genannten Zangenschlepper die Straße rückwärts von Unterheinriet heraufgefahren kommt. Der Greifer seines Kranaufbaus hinten am Fahrzeug packt die gefällten Bäume und legt sie parallel zur Straße ab – „poltern“ nennt man das Aufschichten der Stämme in der Forstsprache. „An einer Straße ist das schnell gemacht. Schwieriger wird es, wenn Bäume mitten im Wald gefällt wurden und über feuchte Rüttelwege mit tiefen Rinnen gezogen werden müssen“, sagt Sammet, der seit 1994 einen Forstbetrieb in Untergruppenbach betreibt.

Neben der Verkehrssicherheit haben die Arbeiten noch einen zweiten Grund. „Wir fällen die großen Bäume, damit kleine mehr Licht kriegen und nachwachsen können“, erläutert Oliver Muth. Der Wald solle sich zum Perpetuum mobile entwickeln, selber Bäume pflanzen wolle man vermeiden. „Durch das Fällen alter Bäume schaffen wir quasi einen Lichtschacht für die Jungbäume“, erklärt er.

Wenig Verständnis hat der Förster für Leute, die die Absperrungen während der Holzfällarbeiten nicht respektieren. „Das erleben wir leider immer öfter, aber die Leute begeben sich in Lebensgefahr. Bei einem fallenden Baum wirken mehrere Tonnen Gewicht auf jeden Quadratzentimeter“, warnt er. Die Waldarbeiter, die ihre Kollegen vor jeder Fällung mit zwei Rufen warnen müssen, halten stets zwei Baumlängen Abstand ein. „Es kann immer sein, dass der fallende Baum einen anderen mitreißt“, erklärt Vivian Beschmann.

Bevor die Straße am Abend wieder für den Verkehr freigegeben wird, beseitigt ein Reinigungstrupp diese mit einem Kreiselbesen vom Dreck. „Es soll nach unseren Arbeiten schließlich nicht aussehen wie Sau“, sagt Oliver Muth mit einem Schmunzeln auf den Lippen.