Beim Hochwasser im Juni 2016 waren bei Steinheim Straßen geflutet. Foto:  

Erst am Wochenende gingen wieder große Mengen Regen über Marbach und die Kommunen im Umkreis nieder. Was können die Verwaltungen überhaupt gegen drohende Überschwemmungen tun?

Marbach/Bottwartal - Angesichts der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist vielen Menschen deutlich geworden, welche verheerenden Auswirkungen Starkregen haben kann und dass man vielerorts nicht für solche Wetterextreme gerüstet ist – zumal sie sich auch nur schwer vorhersagen lassen. Dabei sind allerdings nicht nur die Kommunen gefragt, sondern auch immer mehr Grundstückseigentümer. Viele Kommunen setzen nämlich bei der Ausweisung neuer Baugebiete und beim Grundstücksverkauf darauf, dass die Kanäle bei Starkregen nicht überlastet werden, indem das Oberflächenwasser zumindest vorübergehend auf den Privatgrundstücken zurückgehalten wird – mit Zisternen, Gräben oder Mulden.

InSteinheim an der Murr hat man das bereits vor etwa 20 Jahren gemacht, als das Baugebiet Horrenwinkel ausgewiesen wurde. „Wir haben dort ein Trennsystem, bei dem das Oberflächenwasser getrennt abgeführt wird“, erklärt Bürgermeister Thomas Winterhalter. In Bestandswohngebieten gebe es das jedoch noch nicht. Vielen Bewohnern der Urmenschstadt ist noch gut in Erinnerung, dass im letzten Jahr die Marktstraße geflutet war. „Wir haben zwar ein unterirdisches innerstädtisches Regenrückhaltebecken, aber trotzdem waren die Regenmengen, die da runtergingen, zu groß für den Kanal.“ In Neubaugebieten werden Zisternen vorgeschrieben, beispielsweise im Gebiet Scheibenecker im Ortsteil Kleinbottwar oder in den Seewiesen im Ortsteil Höpfigheim. Zusätzlich wird in Kleinbottwar das Wasser in einer Klinge gesammelt, fließt von dort in eine Rückhaltefläche auf einer Wiese und dann wiederum per Kanal gedrosselt in die Bottwar. Wer im innerstädtischen Bereich im Rahmen einer Nachverdichtung neu baut, hat jedoch oft ein Platzproblem. „Wir haben deshalb in Richtung Erdmannhausen ein Retentionsbecken anlegen lassen, indem eine städtische Wiese abgegraben und zur Murr hin geöffnet wurde“, sagt Winterhalter. „Da können sich die Bürger, die selber keine Fläche für den Retentionsausgleich haben, dann einkaufen.“

Steinheim ist zudem laut Auskunft des Rathauschefs eine der wenigen Gemeinden in Baden-Württemberg, die im Rahmen eines vom Land geförderten Starkrisikomanagements eine Starkregenkarte für Höpfigheim hat erstellen lassen, auf der ersichtlich ist, welche Ortsteile im Fall extremer Niederschläge besonders gefährdet sind; Karten für die Kernstadt und für Kleinbottwar sind in Vorbereitung.

Zisternen sind auch im Neubaugebiet Rappenberg IV in Kirchberg an der Murr vorgeschrieben. Allerdings gilt das nur für die Grundstücke im unteren Bereich des Hangs. Die übrigen werden durch ein Regenrückhaltebecken in Richtung Feld entwässert, was im unteren Bereich jedoch nicht möglich ist, so Kirchbergs Bürgermeister Frank Hornek.

In Erdmannhausen setzt man in Neubaugebieten wie dem Ellenberg III statt auf Zisternen derzeit noch auf Gräben. Beim Grundstückserwerb muss eine Retentionsfläche dazugekauft werden. Der Graben muss von den Eigentümern selbst nach Vorschrift angelegt werden. „Wenn es viel regnet, könnte sich dort am Ende ein kleiner See bilden, der dann verzögert in die Kanalisation abläuft“, erklärt Bauamtsleiterin Larissa Claus. Zusätzlich gebe es etwas außerhalb zwei Regenüberlaufbecken, und in den nächsten sechs Jahren würden die Kanäle überprüft. Auch eine Zisternenpflicht sei in der Diskussion. Auf eine Kombination aus Retentionsbecken, Zisternen und Graben oder Mulden setzt man auch im Neubaugebiet Braunersberg in Großbottwar.

Die Stadt Marbach sieht sich bei ihrer Kanalisation gut aufgestellt: „Zuletzt haben wir bei den Sanierungsarbeiten im Hörnle in der Stuttgarter Straße einen großen Staukanal eingebaut“, sagt Bürgermeister Jan Trost. Im Neubaugebiet Keltergrund solle es ein neues Regenrückhaltebecken geben, verpflichtende Zisternen seien bislang nicht vorgesehen. Das größte Sorgenkind bei Starkregen sei der Eichgrabenbach, der unter der L 1100 verdohlt ist. Beim Starkregen im Mai 2019 wurde die Landesstraße überflutet, und auch vor wenigen Wochen sei die Situation ähnlich gewesen, so der Rathauschef. „Hier müssen die Anwohner noch viel sensibler sein, wenn es um die Ablagerung von Gegenständen in den Gärten geht.“ Denn bei Starkregen würde durch mitgerissene Gegenstände die Verdohlung zugesetzt, was dann zur Überflutung führe.

Noch nichts passiert ist hingegen in Sachen Entsiegelung von Flächen. Dieser Punkt war vor Jahren im Gemeinderat der Schillerstadt beschlossen worden. Auch der Antrag, eine Anpassungsstrategie an die Klimaveränderung zu erstellen. „Der Antrag wurde angesichts der vielen anderen Projekte zunächst zurückgestellt“, teilt Bürgermeister Trost auf Anfrage mit. Allerdings solle eine Halbtagesstelle für den Katastrophenschutz eingerichtet werden. „Damit können wir die notwendigen Konzepte angehen und umsetzen“, so Trost.

Stadt fragt ihre Bürger

Hitze
Neben Starkregen und Stürmen wird für die Zukunft auch das Thema Hitze eine zunehmende Rolle spielen. Die Stadt Ludwigsburg befragt im Rahmen des Forschungsprojekts ZURES deshalb ihre Bürger und Personen, die hier arbeiten, wo die Belastung aus ihrer Sicht am größten ist, und was man aus ihrer Sicht dagegen tun könnte. Die Befragung ist im Netz unter www.meinlb.de/hitze, zu finden. Die Fragerunde der Stadt Ludwigsburg läuft noch bis zum 31. August.