Helga Becker bei der Probe zuhause. Ehemann Richard darf ausnahmsweise fotografieren. Ansonsten probt sie immer allein. Foto: Richard Becker

Helga Becker lädt in der Rolle von Frau Nägele vom 7. bis 9. August zu den ersten Schlossfestspielen nach Höpfigheim ein.

Steinheim-Höpfigheim - Die Vorfreude auf das zweite August-Wochenende steht ihr ins Gesicht geschrieben. Endlich wieder auf der Bühne stehen. Endlich wieder andere Menschen unterhalten – mit Gedichten, mit Gesang, mit Komik, mit Dialekt. Und dann auch noch in Höpfigheim, wo Helga Becker seit vielen Jahren zuhause ist. Den letzten Auftritt vor der coronabedingten Auszeit hatte Becker am 7. März im Remstal bei einem Mostseminar. Tags zuvor konnte sie noch die Premiere ihres neuen Programms „Gebrauchsanweisung für Schwaben“ zusammen mit Anton Hunger im Steinheimer Klostermuseum auf die Bühne bringen. Eigentlich hatten die beiden sich auf viele bereits gebuchte Kleinkunstabende gefreut, doch dann kam der Lockdown und der Bühnenvorhang fiel. „Ich hatte viele Buchungen, aber dann mussten alle Führungen und alle 21 Veranstaltungen abgesagt werden. Es ging Schlag auf Schlag“, erinnert sich Helga Becker. Die erste Zeit nutzte sie zum Durchschnaufen, denn der Winter – die Hauptsaison für die Künstlerin – war anstrengend. „Es braucht auch eine gewisse Zeit, bis man realisiert, was so ein Lockdown für einen bedeutet.“

Ein umtriebiger Mensch, wie Helga Becker es ist, kann die Füße aber nicht stillhalten. Nachdem in Haus und Garten alles gewurschtelt war, was es zu wurschteln gab, begann die Höpfigheimerin an ihren Programmen zu feilen. Drei Solo-Programme zählen zu ihrem Repertoire. Plus dem neuesten zusammen mit Anton Hunger. „Ich singe ja bei meinen Auftritten viel und da ist es wichtig, die Stimme bei Kräften zu halten – das bedeutet üben, üben, üben“, erzählt sie. Auch Texte wollen repetiert werden. „Ohne Auftritte gehört zum stetigen Proben sehr viel Disziplin.“ Und sie begann, ein Kinderbuch zu schreiben. Die Hauptakteurin ist Emma, ein sechsjähriges Mädchen, das mit ihrer Familie von Hannover zurück in die schwäbische Heimat der Mutter ziehen soll. Was Emma aber nicht möchte, weil sie befürchtet, den Dialekt nicht zu verstehen. Fünf Kapitel hat Helga Becker bereits geschrieben. „Mir geht es um das Thema Sprachvielfalt. Heutzutage ist es ganz normal, dass in Familien mehrere Sprachen gesprochen werden. Die Freundin des Onkels lebt in Frankreich, die Tante in London, der Vater ist Friese, die Mutter Schwäbin. . .“

Seit vier Jahren arbeitet Helga Becker als Künstlerin. Im April 2015 trat sie als Heimatpflegerin in den Dienst der Stadt Steinheim. Um nicht nur klassische Stadtführungen anbieten zu können, kreierte sie die Kunstfigur Frau Nägele, eine schwäbische Putzfrau, die nicht auf den Mund gefallen ist und Wissenswertes mit einer gehörigen Portion Humor unter die Gäste bringt. Die Kunstfigur Frau Nägele kam so gut an, dass Helga Becker ihr erstes Soloprogramm entwickelte.

Ehemann Richard Becker ist ein „super Ideengeber“, lobt Helga Becker. In den Genuss ihrer Programme kommt er aber immer erst bei der Premiere. „Ich kann vor ihm nicht proben. Ich kann vor keinem anderen Menschen proben“, erzählt die Höpfigheimerin und lacht. „Ich kann mich nicht zum Kasper machen, wenn ich noch nicht hundertprozentig sicher bin.“ Also hat Richard Becker der Angetrauten eine Rückzugsort gerichtet, in dem sie proben kann. „Da kann ich wunderbar umeinander blödeln – alleine.“

Nach Wochen des kreativen Schaffens in den eigenen vier Wänden und im Zuge der schrittweisen Lockerungen drängte es Helga Becker dann aber wieder zurück auf die Bühne. „Ich habe mir überlegt, wo ich im Freien etwas machen kann und bin auf den Höpfigheimer Schlosshof gekommen“, erzählt sie. Und so ward die Idee für die ersten Höpfigheimer Schlossfestspiele geboren. Vom 7. bis 9. August präsentiert Becker ihre drei Soloprogramme – jeden Abend ein anderes. Regnet es, wird das Ganze auf das Wochenende drauf verschoben. Vergangenes Wochenende haben die Beckers Flyer in Höpfigheim verteilt – und ruckzuck purzelten die Reservierungen ins Haus. Für den Freitagabend gibt es nur noch Restkarten.

Aufgrund der Hygieneverordnungen und Vorgaben passen zwischen 30 und 50 Leute in den Schlosshof. „Ich muss feste Sitzplätze vergeben und es kommt darauf an, wie viele Einzelpersonen und wie viele Menschen aus einem Haushalt sich anmelden.“ Bewirtet wird durch die Familie. Es gibt etwas zu trinken und „Höpfigheimer Schlössle“, ein eigens für das Wochenende kreiertes Gebäck. „Mein Vetter und seine Frau haben einen Holzbackofen, die backen das für mich“, sagt Helga Becker und strahlt. „Ich freue mich so, endlich wieder spielen zu dürfen.“ Froh und dankbar ist die Höpfigheimerin auch, dass sie mit ihrem Programm „Frau Nägele à la carte“ wieder in den Schwabenbühne in Asperg auftreten kann. „Viele Kleinkunstbühnen werden die Coronakrise nicht überleben“, ist sie sich sicher. „Aber gerade auf kleinere Spielstätten sind Künstler wie ich angewiesen.“

Die Höpfigheimer Schlossfestspiele:

Frau Nägele lädt zu einem „flotten Dreier“ in den Höpfigheimer Schlosshof. Für  Freitag, 7. August,  (Da schnallsch ab! Die Welt verblödet) gibt es nur noch Restkarten. Am Samstag, 8. August, spielt Helga Becker ihr Programm „Frau Nägele, Mandolinen und Mondschein“, am Sonntag, 9. August, „Frau Nägele macht Blau“. Freitag und Samstag geht es um 20 Uhr los, Sonntag um 17 Uhr. Einlass ist eine halbe Stunde vorher. Karten gibt es nur im Vorverkauf. Eine Karte kostet 16 Euro, der Dreierpack 45 Euro. Buchung und weitere Infos unter Telefon 01 75 /98 70 836 oder auf der Homepage www.frau-naegele.de.