Gaby Schlesiger möchte gerne weiter für Senioren unterwegs sein. Foto: Archiv (Michael Raubold)

Gaby Schlesiger, die Fahrerin des Oberstenfelder Seniorenmobils, muss ausziehen. Sie findet keine Bleibe, wird aber jetzt vom Krankenpflege-Förderverein unterstützt.

Oberstenfeld-Gronau - Für Gaby Schlesiger ist ihre eigene heile Welt in Gronau aus den Fugen geraten. Die Zeit drängt, denn die 55-Jährige müsste eigentlich seit Juli aus ihrer Wohnung raus sein. Das Haus der Vermieter war verkauft worden, die Suche nach einer neuen Mietwohnung in der Gemeinde Oberstenfeld gestaltete sich für die Bezieherin von Arbeitslosengeld II bisher erfolglos. Dabei wäre die unheilbar lungenkranke Diabetikerin darauf angewiesen, möglichst in der 8000-Einwohner-Kommune zu bleiben.

Es ist der ehrenamtliche Job, der Gaby Schlesiger mental und finanziell über Wasser hält. „So etwas finde ich wohl an keinem anderen Ort mehr“, sagt die Gronauerin, die beim Oberstenfelder Krankenpflegeförderverein seit etwa drei Jahren Senioren zum Arzt fährt oder für sie Einkäufe erledigt. „Es macht Spaß“, erzählt die gebürtige Lüneburgerin, die das Herz auf der Zunge trägt und den Fahrgästen zuliebe auch mal vom Schema abweicht, nur am Montag, Dienstag und Donnerstag zu fahren, wenn sich ein Arzttermin nicht anders legen lässt.

Der Krankenpflege-Förderverein wirbt im Amtsblatt

Besorgt um die Fahrerin ist die Oberstenfelderin Bernadette Dürlich, die von ihr regelmäßig zu Reha-Terminen nach Großbottwar transportiert wird. „Frau Schlesiger ist ein Akutfall“, berichtet die langjährige Erzieherin, die es bedauert, dass sich bisher niemand finden ließ, der in der Not hilft. Bernadette Dürlich findet es deshalb richtig, dass der Krankenpflegeförderverein im Amtsblatt eine Anzeige geschaltet hat und sich für die ehrenamtliche Kraft einsetzt. Eine Kaltmiete von 525 Euro wäre durch die staatliche Hilfe auf jeden Fall abgedeckt.

Die Wohnungsnöte in der Bottwartalkommune sind offenbar groß. Das weiß die Pfarrerin Martha Siebert, deren Mann John-Walter erster Vorsitzender des Krankenpflege-Fördervereins ist. „In Oberstenfeld eine Wohnung zu finden, ist quasi unmöglich.“ Das habe sie bereits gemerkt, wenn für Geflüchtete Wohnraum gesucht wurde. „Fast alle aus den Gemeinschaftsunterkünften sind weggezogen“, sagt die Vorsitzende des Freundeskreises Asyl. Es wäre zu begrüßen, wenn Gaby Schlesiger bald eine Einliegerwohnung oder Vergleichbares beziehen und auf dem zweiten Arbeitsmarkt weitermachen könnte. „Der Ehrenamtsdienst beim Seniorenmobil eröffnet ihr finanziell Spielräume und bringt ihr persönlich etwas.“

Der Bürgermeister hat sich für die Mitbürgerin eingesetzt

Sich bereits für die engagierte Mitbürgerin eingesetzt hat auch der Oberstenfelder Bürgermeister Markus Kleemann. „Es ist eine schlimme Sache, dass Frau Schlesiger in eine solche Situation geraten ist“, sagt das Ortsoberhaupt. Er habe schon bei Bürgern angerufen, um eine Lösung zu finden. „Ich würde ihr gerne helfen“, sagt Kleemann, der erklärt, eine Wohnung für Bedienstete im Alten Rathaus in Gronau freihalten zu müssen. „Der Dienst von Frau Schlesiger für die Allgemeinheit ist groß – sie hat sich auch in der Coronapandemie nicht verkrochen und ist weiter zu Ärzten, Apotheken und zum Einkaufen gefahren“, sagt Kleemann, der als zweiter Vorsitzender des Krankenpflege-Fördervereins fungiert.

Wenn es hart auf hart kommt, muss Gaby Schlesiger wegziehen. Das würde sie sehr bedauern, denn die Mitarbeiter der Ludwigsburger Arbeitsagentur hätten viel Verständnis für ihre Situation. Ob auch eine Wohnung in Großbottwar etwas bringe? „Das hängt davon ab, ob ich das Seniorenmobil dort beim Haus stehen lassen kann“, sagt die in ihrer Mobilität eingeschränkte Helferin. Martha Siebert signalisiert Entgegenkommen: „Der Wagen stand früher schon einmal in Prevorst und in Beilstein – bisher hat sich immer eine Lösung gefunden.“

Seniorenmobil in Oberstenfeld

Konzept
Das Seniorenmobil wird normalerweise durch einen Teilnehmer am Bundesfreiwilligendienstleistend besetzt. Gaby Schlesiger hat den Dienst nach zweijähriger Tätigkeit ehrenamtlich fortgesetzt. Sie sitzt montags, dienstags und donnerstags am Steuer des Seniorenmobils und fährt Menschen, die sonst keine Möglichkeit hätten einkaufen zu gehen, zum Arzt zu kommen oder andere Aufgaben zu erledigen. Auch Jüngeren wird geholfen.

An den drei Tagen ist die Fahrerin des Seniorenmobils unter der Telefonnummer 0157/89 29 72 36 zu erreichen.