Eine solche Radstation ist auch für Marbach gewünscht. Foto: Archiv (Jürgen Bach)

Kommune will sich um Fördermittel für das Projekt bei der Region bewerben. Zudem beschließt der Gemeinderat, beim Essen zum Mitnehmen auf Mehrweggeschirr zu setzen.

Marbach - Nachdem in den zurückliegenden Sitzungen die Nachwehen des heißen Bürgermeisterwahlkampfes noch deutlich zu spüren und einige verbale Giftpfeile zwischen den Fraktionen hin und her geflogen waren, erfolgte die Haushaltsdebatte im Gemeinderat am Donnerstag in einem meist sachlichen Ton. Die Anträge wurden fast durch die Bank einmütig abgesegnet. So wurde es zum Beispiel einhellig begrüßt, dass sich die Kommune bei der RegioRadStuttgart einklinken will, einem Verleihsystem für Drahtesel. Ziemlich umstritten war allerdings, wie weit man mit den städtischen Mieten unter dem Vergleichsspiegel im Ort bleiben sollte. Die Mietdebatte Gleich zwei Fraktionen hatten mit Anträgen deutlich gemacht, dass sie die Mieter städtischer Wohnungen nicht zu stark zur Kasse bitten wollen. Die Gruppe Puls hatte sich dafür stark gemacht, sich künftig an einem Fünf-Punkte-Katalog zu orientieren. So sollte unter anderem bei Erhöhungen am Ende der Preis pro Quadratmeter nicht über acht Euro liegen und der Aufschlag maximal sechs Prozent betragen. Die Grünen dagegen forderten, sich am örtlichen Mietspiegel zu orientieren und davon 30 Prozent abzuziehen. Martina Klein, die für die städtischen Liegenschaften zuständig ist, riet von der Puls-Strategie ab. Ein solches System sei mit einem zu hohen Verwaltungsaufwand verbunden und würde dazu bei Streitigkeiten vor Gericht zerpflückt werden. Ausdrücklich rechtssicher sei hingegen die Lösung der Grünen, sich am Mietspiegel zu orientieren. Klein plädierte jedoch dafür, nur zehn Prozent unter dem im Ort üblichen Niveau zu bleiben. Die Verwaltungsmitarbeiterin gab zu bedenken, dass die Stadt nur eine begrenzte Zahl an Wohnungen im Portfolio habe, also auch nur wenige Bürger von dem günstigen Angebot profitieren würden. Dabei gebe es ja viele, die nicht auf Rosen gebettet sind und trotzdem nicht in den Genuss geminderter Mieten kämen. Dr. Michael Herzog von den Freien Wählern erinnerte zudem daran, dass die Stadt einen Schuldenberg vor sich herschiebe. Eine Unterschreitung des Marktniveaus um zehn Prozent sei vor dem Hintergrund noch tolerierbar, mehr aber nicht.

Barbara Eßlinger von den Grünen lenkte angesichts der Vorbehalte ein und schlug vor, den Abschlag auf 20 Prozent einzunorden. Ein Vorstoß, den auch Hendrik Lüdke von Puls mittragen konnte, der den eigenen Antrag zurückzog. Bei Stimmengleichheit wurde das Ansinnen jedoch abgelehnt. Letztendlich machte die Runde bei 17 Jas und sieben Neins einen Knopf an den Kompromissvorschlag von CDU-Mann Jochen Biesinger. Der hatte angeregt, sich doch bei 15 Prozent unter dem Ortsniveau zu treffen. Allerdings wird noch eine kleine Bremse für diejenigen eingebaut, die momentan noch weit unter diesem Level sind. Für sie erfolgt eine Erhöhung sozial verträglich gestaffelt, bis dann die zehn Prozent unter dem ortsüblichen Niveau erreicht sind. Die RegioRadStuttgart-Stationen Große Einigkeit herrschte bei den Fraktionen, sich um den Beitritt in die RegioRadStuttgart zu bemühen und Fördergelder für die Leihstationen zu beantragen. Die Initiative dazu war von der SPD ausgegangen. Marbach würde damit mit Kommunen wie Kornwestheim oder Remseck gleichziehen, die das Angebot bereits unterbreiten. Ziel ist, an zwei Stellen in der Schillerstadt sowohl klassische Drahtesel als auch E-Bikes zu platzieren, die dann vor Ort ausgeliehen werden können. Nutzer müssen sich zuvor online registrieren, die Drahtesel können nach dem Ende der Fahrt an jeder beliebigen Station im Verbund wieder abgegeben werden. „Wir von der Verwaltung könnten uns vorstellen, da mitzugehen. Wir müssten allerdings noch die eine oder andere Sache klären, unter anderem die Standortfrage“, sagte der Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling. Gesetzt sei im Prinzip der Bahnhof. Seiberling schwebt vor, dass man die Räder hier in der ehemaligen Taxibucht auf Höhe der L’Isle-Adam-Anlage aufreihen könnte. Als zweiten Standort favorisiert er die Schillerhöhe. „Da wäre es für den Tourismus interessant. Zudem haben wir dort mit der Schillergesellschaft einen großen Arbeitgeber“, erläuterte er. „Für uns war auch der Bahnhof glasklar. Und die Schillerhöhe ist auch nicht schlecht“, begrüßte SPD-Fraktionschef Ernst Morlock diese Lösung.

Beschlossen wurde schließlich, die Verwaltung mit den weiteren Verfahrensschritten zur Einrichtung der zwei Radstationen zu beauftragen. Andreas Seiberling will zudem noch klären, ob am stark frequentierten Bahnhof eventuell mehr als die bislang vorgesehenen fünf Räder zur Verfügung gestellt werden sollen. Mehrwegboxen für Essen to go Auf breite Zustimmung stießen auch die Anträge der Freien Wähler und der Grünen, beim Essen zum Mitnehmen auf Mehrweggeschirr zu setzen, um Verpackungsmüll zu vermeiden. Die Runde gab grünes Licht für ein einheitliches System, das das Start-up Local to go aus Cleebronn bereitstellt. „Dann kann der Kunde beim einen Gastronomen etwas mitnehmen und es beim anderen wieder abgeben“, erklärte Citymanagerin Heike Büttner. Sie führte zudem aus, dass es einen größeren Behälter geben werde, den man noch unterteilen könne, sowie einen Becher für Getränke. Jeder Wirt, der sich in den nächsten vier Monaten einklinkt und mindestens ein Jahr bei der Stange bleibt, erhalte als einmalige Anschubfinanzierung 250 Euro. Wie Bürgermeister Jan Trost sagte, gibt es in Marbach 43 potenzielle Teilnehmer. „Die Erfahrungen zeigen, dass es eher die Hälfte ist, die mitmacht.“ „Die Vorteile für die Kunden und die Gaststätten sind groß, da kann man gar nicht dagegen sein“, fasste Hendrik Lüdke von Puls zusammen. Klimaschutzmanager Wie die einzelnen Fraktionen im Detail zur Einstellung eines Klimaschutzmanagers stehen, den Puls und SPD beantragt haben, muss sich erst zeigen. Das Gremium folgte bei drei Enthaltungen dem Vorschlag von Bürgermeister Jan Trost, den ganzen Komplex kommunaler Klimaschutz zunächst grundsätzlich aufzuarbeiten, eventuell auch im Rahmen einer Klausur mit Referenten. Auf der Basis solle man dann entscheiden, wie breit sich die Stadt aufstellen will und ob man den Klimaschutzmanager oder den Beitritt zur Ludwigsburger Energieagentur, den die SPD ebenfalls fordert, als Baustein aufnehmen möchte. Auch Sebastian Engelmann von den Grünen war einverstanden mit dem Vorschlag. „Allerdings legen wir weiter Wert darauf, dass es auch von Ihnen und der Verwaltung einen konzeptionellen Input gibt. Das ist weiterhin unsere Erwartung“, sagte er in Richtung Bürgermeister. Für den Klimaschutzmanager stünden zwar Fördermittel in Aussicht, doch dazu brauche es als Grundlage ein Konzept. Sonst gehe man bei den Zuschüssen leer aus. Ernst Morlock forderte zudem, das Thema nicht auf die lange Bank zu schieben. Teilnahme Fußverkehrscheck Um die Zeitschiene wurde auch bei einem Antrag der CDU gerungen. Die Fraktion wünschte, dass die Stadt sich am diesjährigen Fußverkehrscheck des Landes beteiligt und so Schwachstellen im System aufdeckt und Verbesserungen herbeiführt. Andreas Seiberling betonte aber, dass das zuständige Ordnungsamt dramatisch unterbesetzt und vor allem wegen Corona und der vielen Wahlen schon komplett überlastet sei. Jochen Biesinger von der CDU drängte zunächst darauf, dann eben rathausintern eine Lösung ohne Ordnungsamt zu finden, goutierte am Ende aber einen Kompromiss: Falls es die Lage zulässt, soll der Fußgängercheck im kommenden Jahr über die Bühne gehen.

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