Auch Sören Schmid und Württembergligist SKV Oberstenfeld wollen am Wochenende wieder auf Torejagd gehen. Foto: Archiv (avanti)

Der Handballverband Württemberg möchte den Spielbetrieb gerne durchziehen. Doch es gibt auch eine Schmerzgrenze.

Marbach - Sollte nicht wieder eine kurzfristige Verschärfung der Coronaverordnung alles über den Haufen werfen, so wie im vergangenen Dezember geschehen, dann steigen viele Handballmannschaften an diesem Wochenende wieder ins Geschehen ein. Doch nach wie vor gibt es natürlich viele Fragezeichen, ob und wie die Saison wirklich zum Abschluss gebracht werden kann.

Einige wenige Teams hatten bereits am vergangenen Wochenende die ersten Einsätze des Jahres. So feierten die Landesliga-Frauen des TV Mundelsheim im Kellerduell gegen HB Ludwigsburg II ihren ersten Saisonsieg. Wobei Trainer Mark Eisele „bis zum Abend zuvor noch davon ausging, dass wir nicht spielen“. Auch seinem Gegenüber Timo Peter „wusste die ganze Woche über nicht sicher, ob die Partie auch wirklich stattfindet“. Wobei diese Bedenken nicht wirklich begründet waren – so sieht man es zumindest beim Handballverband Württemberg (HVW). „Wir hatten ja Anfang Dezember die Situation, dass wir aufgrund der kurzfristigen Verschärfung der Verordnung den Spielbetrieb bis Jahresende ausgesetzt haben. Aber es war eigentlich immer klar kommuniziert, dass es ab dem Wochenende 8./9. Januar wieder weitergeht – sofern die behördlichen Vorgaben dies zulassen“, erklärt Geschäftsführer Thomas Dieterich.

Die Aktiven wollen größtenteils gerne weiterspielen.

Auch für das kommende Wochenende geht er davon aus, dass zumindest ein Großteil der Partien wie geplant stattfinden wird: „Solange es möglich ist, wollen wir den Spielbetrieb aufrechterhalten.“ Was bei den Aktiven wohl überwiegend auf positive Resonanz trifft. „Unsere Spieler sind größtenteils froh, dass es weitergeht“, sagt zum Beispiel Uwe Salvo, stellvertretender Abteilungsleiter beim Württembergligisten SKV Oberstenfeld. Wobei der SKV in einer recht komfortablen Situation ist: „Unsere Mannschaft ist durchgeimpft. Und bei den Bezirksliga-Frauen ist die Kaderdecke zwar recht dünn, aber die sind sehr motiviert. Also wir spielen gerne weiter, bei 2G plus ist das Risiko meines Erachtens auch überschaubar.“

Der HVW will die Spielpläne aber nicht um jeden Preis durchdrücken, solange dies laut Verordnung theoretisch möglich ist. „Es kann durchaus sein, dass irgendwann einmal eine Schmerzgrenze erreicht ist. Wenn die Auflagen so hoch oder die Bedenken so groß sind, dass die Vereine mehrheitlich nicht weiterspielen wollen, dann macht es keinen Sinn mehr. Wobei derzeit weniger der gesundheitliche Aspekt im Vordergrund steht, sondern mehr das Thema Quarantäne“, so Dieterich. Und hier sieht er insbesondere den Jugendbereich betroffen: „Hier sind die Verläufe ja zum Glück meist nur leicht. Aber wenn Eltern bei einer Infektion als Kontaktperson in Quarantäne müssen und ihrem Job nicht nachgehen können, dann wird es für viele ein Problem.“

2Gplus für 12- bis 18-Jährige vorerst verschoben.

Da zeigt sich wieder das Dilemma zwischen dem Wunsch, den Kindern und Jugendlichen den Sport und den Wettkampf zu ermöglichen, und der Notwendigkeit, dass die Eltern ihren Beruf ausüben können. Eine weitere Klippe scheint zumindest vorerst umschifft: „Die geplante Änderung für Schülerinnen und Schüler, welche vorsieht, dass Schülertests vom 1. Februar an nicht mehr für den Betrieb in Sportvereinen gelten sollen, wurde bis auf Weiteres verschoben“, heißt es auf der HVW-Homepage. Diese Aufhebung hätte zum Beispiel bedeutet, dass ein elfjähriges Kind, für das es bislang keine allgemeine Impfempfehlung der Stiko gibt, ab dem zwölften Geburtstag plötzlich nicht mehr am Vereinssport hätte teilnehmen dürfen, wenn es nicht durchgeimpft ist. „Da sieht man mal, dass diejenigen, die solche Verordnungen erlassen, das nicht immer zu Ende denken. In solchen Fällen müsste es natürlich Übergangsfristen geben“, findet Thomas Dieterich, der aber froh ist, dass diese Änderung nun zumindest mal verschoben wurde – was übrigens auch ganz im Sinne der Stiko ist: „Die Stiko spricht sich explizit dagegen aus, dass der Zugang von Kindern und Jugendlichen zur Teilhabe an Bildung, Kultur und anderen Aktivitäten des sozialen Lebens vom Vorliegen einer Impfung abhängig gemacht wird“, heißt es nämlich im aktuellen Bulletin.

Härtefälle hat es aber auch so schon gegeben. So spielen zum Beispiel in der A-Jugend ja auch Jugendliche, die bereits volljährig sind. Jürgen Buck, 2. Vorsitzender und A-Jugend-Trainer bei der HABO JSG, hatte Fälle in der Mannschaft, „die mit ihrem 18. Geburtstag plötzlich unter die 2G-Regel gefallen sind. Die hatten sich nicht rechtzeitig impfen lassen und standen nun für den Trainings- und Spielbetrieb nicht zur Verfügung.“ Generell ist er dafür, „solange zu spielen, wie es möglich ist. Denn es ist ja nicht zielführend, dass gesunde Jugendliche sich die 750. Netflix-Serie anschauen in einer Zeit, die für ihre sportliche Entwicklung extrem wichtig ist. Und auch auf gesellschaftlicher und sozialer Ebene würde vieles wegfallen. Dass es in der aktuellen Situation zu Fällen kommt, in denen Termine verschoben werden müssen oder coronabedingte Ausfälle auch mal Auswirkungen auf den sportlichen Ausgang haben, das muss man dann einfach in Kauf nehmen“, findet Buck.

Die Saison soll mit Auf- und Absteigern gewertet werden.

Im Aktivenbereich hat es solche sportlichen Auswirkungen durchaus schon gegeben. „Wir haben Mannschaften, die Spieler nicht einsetzen können, weil diese nicht geimpft sind. Das muss man dann so betrachten, als wären sie krank oder verletzt“, sagt Thomas Dieterich. Das könne für die jeweiligen Teams natürlich sportliche Nachteile haben – bis hin zum Abstieg. Und Absteiger soll es diese Saison möglichst wieder geben, um die Zahl der Teams in den einzelnen Ligen wieder in die Reihe zu bekommen. „Da wird es in einigen Ligen durch viele Absteiger von oben ziemlich heftig werden“, vermutet der HVW-Geschäftsführer.

Und auch Ungerechtigkeiten sind nicht auszuschließen. Denn sollte die Saison nicht zu Ende gespielt werden können, dann wird wohl die Regelung greifen, dass eine Wertung erfolgen kann, sobald alle Mannschaften mindestens die Hälfte der Spiele absolviert haben. „Und dabei muss man nicht gegen jeden Gegner gespielt haben. Es reichen 50 Prozent der Anzahl der regulären Spiele – also durchaus auch zweimal gegen die eine, aber noch gar nicht gegen die andere Mannschaft“, betont Dieterich.

Sportliche Ungerechtigkeiten sind durchaus möglich.

Für die Württembergliga-Männer der SG Schozach-Bottwartal zum Beispiel könnte dies noch unangenehme Folgen haben. Hier dürfte es im Abstiegskampf am Ende um jeden Punkt gehen. Die Spiele der SG gegen den Tabellenletzten SKV Unterensingen stehen aber erst als drittletzte und letzte Partie auf dem Plan. Bei einem Saisonabbruch könnten also genau diese Punkte fehlen. „Das wäre natürlich nicht ganz gerecht. Aber so ist die Regelung – irgendwie muss man es machen. Aber wir hoffen, dass es nicht so weit kommt. Schließlich haben wir hintenraus die Möglichkeit, im Mai und Juni noch Spiele auszutragen“, hofft Thomas Dieterich auf eine komplette Saison.